Bundestagswahlkampf der SPD Berlin: Michael Müller soll aufs Abstellgleis geschoben werden
Für Berlins Ex-Regierenden wird die Luft dünn: Die SPD-Parteilinke will die sicheren Listenplätze für die Wahl komplett mit ihren Leuten besetzen.
Die Karten wurden damit völlig neu gemischt. Bislang war eher die Frage, ob mit Annika Klose aus dem mitgliederstarken Kreisverband Mitte eine Frau die Liste anführt oder mit dem ehemaligen Regierenden Bürgermeister Michael Müller aus dem nicht minder mächtigen Charlottenburg-Wilmersdorf ein männlicher Kandidat mit hohem Bekanntheitsgrad. Jetzt gilt: weder noch.
Der in der Öffentlichkeit kaum bekannte Abgeordnete Stüwe und seine Fraktionskollegin Klose hatten schon am Wochenende angekündigt, beim Landesparteitag an diesem Mittwoch „als starkes Team“ in Form einer Doppelspitze antreten zu wollen. Wie die ehemalige Berliner Jusos-Chefin Klose der taz bestätigte, verzichtet sie dabei auf die formale Führung und bewirbt sich auf Platz 2.
Auf Platz 3 soll der Abgeordnete Hakan Demir aus Neukölln folgen, auf Platz 4 bewerben sich Vize-Landeschefin Sinem Taşan-Funke aus Tempelhof-Schöneberg – zugleich ebenfalls Ex-Chefin der Jusos – und die 2023 bei der Berliner Wiederholungswahl aus dem Bundestag gekegelte Ex-Abgeordnete Ana-Maria Trăsnea aus Treptow-Köpenick.
Gewinn von Direktmandaten eher unwahrscheinlich
Da die Berliner SPD den jüngsten Umfragen zufolge allenfalls noch mit vier Bundestagsabgeordneten rechnen darf, könnte es das schon gewesen sein. Der Gewinn von Direktmandaten ist eher unwahrscheinlich. Es würde in dem Fall nur die Landesliste ziehen – und ein Abgeordneter wäre damit ganz raus: der bisher in Teilen der Landespartei als Favorit gehandelte Ex-Senatschef Michael Müller.
Nach taz-Informationen will Müller gleichwohl nicht zurückstecken und sammelt seine Truppen für eine Kampfkandidatur. Wie es aus Parteikreisen heißt, seien Müller und seine Unterstützer:innen komplett überrascht worden von der Absprache der genannten Kreisverbände und Teile des linken Parteiflügels, bei der auch der nach wie vor mächtige SPD-Fraktionschef Raed Saleh aus Spandau eine Rolle gespielt haben soll.
Erst am vergangenen Freitag hatte Müller erklärt, nicht zwingend erneut auf Platz 1 der Landesliste stehen zu müssen wie 2021, als er erstmals in den Bundestag gewählt wurde. „Ich kann mir gut vorstellen, dass Annika Klose als junge, engagierte Abgeordnete auf Platz 1 die Liste anführen wird und ich als erfahrener und bekannter Politiker auf Platz 2 kandidiere“, sagte Müller dem Tagesspiegel.
Schön zu wissen, was sich Michael Müller alles gut vorstellen kann, lautet jetzt sinngemäß das Credo der Unterstützer:innen des neuen Personaltableaus für die Landesliste mit Ruppert Stüwe und Annika Klose als Doppelspitze. Nur ändere das nichts an den Plänen.
Der Grund dürfte mindestens zum Teil – wie so häufig in der Berliner SPD – im internen Lagergezerre zu finden sein. Denn anders als die Kandidat:innen, die nun das Rennen machen sollen und der Parteilinken zugerechnet werden, ist Müller nach seinem Einzug in den Bundestag beim rechten SPD-Zusammenschluss „Seeheimer Kreis“ untergekommen. „Ich glaube, dass wir mit einem linken Ticket die Chancen verbessern“, sagt Annika Klose am Dienstag zur taz.
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