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Bundestagswahlkampf der LinksparteiGysi soll Spitze sein

Gregor Gysi soll wohl alleiniger Spitzenkandidaten der Linkspartei bei der Bundestagswahl sei – ein Triumph für das Realo-Lager. Er selbst schweigt dazu.

Er ist und soll da oben bleiben: Gregor Gysi. Bild: dapd

BERLIN taz | Die Linkspartei wird offenbar mit Gregor Gysi als alleinigem Spitzenkandidaten in den Bundestagwahlkampf 2013 ziehen. Parteichef Bernd Riexinger hat zwar dementiert, dass bereits eine Entscheidung in diese Richtung gefallen ist. So gilt weiterhin die Sprachregelung, dass die Partei sich erst nach der Niedersachsen-Wahl am 20. Januar mit dieser Causa befassen wird.

Aber seit Längerem ist klar, dass gegen Gysi in dieser Frage nichts geht. Der Fraktionschef selbst äußert sich nicht. Jan Korte, Bundestagsabgeordneter und Vertreter des pragmatischen Flügels, sagte dazu der taz: „Es ist klug, dass Gysi schweigt.“ Die Frage sei ohnehin überbewertet. „Wir brauchen neben Gysi ein Team von bekannten Politikern, die sich möglichst geräuscharm verständigen sollten“, so Korte.

Wer Spitzenkandidat der Linkspartei wird, ist vor allem Spiegel innerparteilicher Machtverhältnisse. Bei den Grünen ist die Spitzenkandidatur Indiz für die mögliche Verteilung von Ministerposten bei einer Regierungsbildung. Bei der Linkspartei ist dies aus naheliegenden Gründen wohl nicht der Fall.

Gysi versteht sich nach dem offenen Schlagabtausch mit Oskar Lafontaine beim Parteitag in Göttingen 2012 wieder stärker als Repräsentant des Ostens und weniger als Vermittler zwischen Pragmatikern und Linken. Viele West-Linke wollen hingegen Sahra Wagenknecht gerne als gleichberechtigte Spitzenkandidatin neben Gysi gekürt sehen. Wagenknecht gilt in den Westlandesverbänden neben Gysi als die einzige, die Säle füllt.

Versuchte Gewichtsverschiebung

Doch Gysi ist auf Wagenknecht spätestens seit Herbst 2011 schlecht zu sprechen. Damals versucht Wagenknecht, im Hintergrund unterstützt von Oskar Lafontaine, mit Verve neben Gysi gleichberechtigte Chefin der Fraktion zu werden. Gysi sah darin einen unlauteren Versuch, das innerparteiliche Gleichgewicht zwischen Realos aus dem Osten und Linken aus dem Westen zugunsten Letzteren zu verschieben. „Falls Wagenknecht neben Gysi Spitzenkandidatin würde, wäre das eine Vorentscheidung, dass sie nun nach der Wahl auch Fraktionschefin wird“, so ein Vertreter des Ostflügels.

Für das Team um Gysi sind Parteichefin Katja Kipping, Sahra Wagenknecht, der Finanzpolitiker Dietmar Bartsch und der Rüstungsexperte Jan van Aken im Gespräch. Aus Gysis Umfeld heißt es, dass man sich nicht „von den Medien den Zeitplan diktieren“ lassen wolle. Die vorzeitige Nominierung von Peer Steinbrück seitens der SPD sei warnendes Beispiel.

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7 Kommentare

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  • G
    Gonzi

    "Gysi soll Spitze sein",

    dass mag sein, aber vielleicht sollte Reinecke sich mehr mit Frau Bettina Wulf oder Dieter Bohlen beschäftigen.

  • A
    Arne

    Selten so einen Quatsch gelesen.

     

    Dass in der momentanen Stimmung eine Entscheidung für Gysi von irgendeiner Seite in der Partei als fragwürdig angesehen würde, ist imo Unsinn. Ebenso die durch nichts in irgendwelchen öffentlichen Äußerungen zu erlebende Behauptung, Gysi sei auf Wagenknecht schlecht zu sprechen. Da gehen bei dem Autor Realität und Wunschdenken durch, was man schon daran erkennt, dass er für seine Gerüchte, die er verbreitet, keine Namen nennt, sondern von einem "Vertreter des Ostflügels" achreibt.

    Gysi hat nie den innerparteilichen Diskussionsprozeß behindert innerhalb der Linken. Eine Entscheidung für ihn ist sinnvoll. Und obwohl diese überhaupt nicht meine politische Meinungen vertreten, würde ich auch ein Einbinden von weiteren Kandidaten, die im Osten gut ankommen wie Ramelow oder Kerstin Kaiser zusätzlich zu einer/einem Westrepräsentanten begrüßen.

     

    In der Linken haben die Köpfe, die die Stimmen holen sollen, zur Zeit glücklicherweise noch wenig mit den politischen Richtungen zu tun, die dann verfolgt werden sollen.

  • LC
    Lara Croft

    Der starke Herr Gysi wird doch wohl mit der starken Frau Wagenknecht als Co-Fraktionsvorsitzender klar kommen?

  • E
    editha

    Gysi tut in politischer Hinsicht viel für ganz Deutschland und das kommt bei den Leuten, und nicht nur bei Linken, langsam an.

     

    Man muß nicht alle seine politischen Ansichten teilen, um seiner Partei, seiner Fraktion und ihm persönlich in naher Zukunft eine deutlich wachsende Resonanz beim Wähler zu wünschen.

     

    Bei Gysi kapiert man leicht, was er persönlich und politisch will. Das vertritt er glaubwürdig und schlüssig, wie übrigens auch seine Fehler. Bei Sahra treten erstmal schwache politische Konturen zutage, nur weniges erscheint überzeugend und ausgereift. Ihre Präsenz ist mit der Gysis nicht zu vergleichen.

     

    Ich denke, es ist richtig, Gysi zum Spitzenkandidaten zu machen. Er schafft es, sogar Nichtwählern aus dem Herzen zu sprechen.

  • S
    Synoptiker

    Da hat Gysi recht, sollen doch die Medien ihr Spielchen machen. die Spd ist den Medien auf den Leim gegangen, mit welchem Erfolg? Die Linke tut gut daran, erst nach der Niedersachsen-Wahl ihre Karten für den Bundestags-Wahlkampf auf den Tisch zu legen. Mehr ist im Moment-siehe auch FDP-Debakel-nicht zu sagen.

  • M
    max

    Liebes Taz-Team,

     

    habt ihr wirklich keinen geeigneteren Journalisten als den Reinecke, um über die Linkspartei zu schreiben? Das ist so schlecht, was dabei rauskommt.

    Nur weil die Grünen sich in zwei Lager gespalten haben und das eine das andere kaputt gemacht hat, muss das nicht auch die Linkspartei so machen. Herr Reinecke scheint es aber regelrecht herbeischreiben zu wollen. "Pragmatisches Lager"!? Was zur Hölle ist das denn nun wieder? Superrealos?

    Es ist wirklich zum Weinen. Soll Reinecke doch die Grünen abfeieren. Aber ihn ständig über die Partei schreiben zu lassen, die er definitv nicht leiden kann macht wirklich keinen Sinn.

  • FS
    Franz Schrott

    Hört sich doch gut an! Meine Stimme hat Die Linke im September sicher, wäre aber schön wenn neben Gysi noch ein(e) kompetente® Linke® als Spitzenkandidat in den Wahlkampf zieht und mit Sahra Wagenknecht wäre da doch jemande gefunden. Naja, bleibt nur zu hoffen, dass Die Linke über die 10% kommt und weitere vier Jahre den Bundestag von links belebt!!

    Also Gysi-Wagenknecht und September 2013 kann kommen! :-)