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Bundestag beschließt NetzDGGrünes Licht für Facebook-Gesetz

Kontrollieren und Löschen: Nach langen Verhandlungen und trotz Kritik ist das Netzwerkdurchsetzungsgesetz beschlossen.

Der Bundesjustizminister am Freitag im Bundestag Foto: dpa

Berlin epd | Das umstrittene Gesetz gegen Hass und Verleumdung in den sozialen Netzwerken hat als eines der letzten Vorhaben der Großen Koalition am Freitag den Bundestag passiert. Das Parlament stimmte auf seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause mit den Stimmen von Union und SPD gegen die Linke und bei Enthaltung der Grünen für das sogenannte Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG). Der Bundesrat wird sich voraussichtlich am 7. Juli abschließend damit befassen. Da es nicht der Zustimmung des Länderkammer bedarf, kann es danach in Kraft treten.

Das Gesetz verpflichtet die Betreiber großer sozialer Netzwerke wie Facebook, Twitter und Youtube, von Nutzern gemeldete Beiträge mit offensichtlich rechtswidrigem Inhalt binnen 24 Stunden zu löschen. Die Unternehmen müssen dazu ein wirksames Beschwerdemanagement einrichten. Ansonsten drohen Geldstrafen von bis zu fünf Millionen Euro. Eine freiwillige Selbstkontrolle der Unternehmen soll komplizierte Fälle behandeln. Die Unternehmen müssen außerdem halbjährlich einen Löschbericht veröffentlichen und Verantwortliche benennen.

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) warb zuvor im Bundestag für das Vorhaben. Das Gesetz sei kein Angriff auf die Meinungsfreiheit, sondern seine Voraussetzung, sagte Maas.

Die Grünen hatten einen eigenen Antrag eingereicht, in dem sie unter anderem mehr Kontrolle über sogenannte Social Bots forderten. Dabei handelt es sich um Computerprogramme, die eine menschliche Identität und Kommunikation vortäuschen, um Meinung zu beeinflussen. Der Antrag wurde abgelehnt.

Kritik am NetzDG kam von Internet- und Journalistenorganisationen wie „Reporter ohne Grenzen“ und vom Sonderbeauftragten der Vereinten Nationen (UN) für die Meinungsfreiheit, David Kaye. Sie sehen durch die Regelung eine Einschränkung der Presse- und Meinungsfreiheit. Facebook selbst sieht das Gesetz im Widerspruch zu europäischem Recht. Die EU-Kommission allerdings verzichtete vorerst auf einen Einspruch.

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6 Kommentare

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  • 3G
    33710 (Profil gelöscht)

    Social Bots oder Social Networking Bots (von engl. Robot) sind Programme, die in sozialen Netzwerken menschliche Verhaltensmuster simulieren und als (falscher) Account auftauchen. Dabei beruhen sie auf bestimmten Algorithmen. Social Bots werden entwickelt, um eine menschliche Präsenz im Web vorzutäuschen und somit andere User zu blenden. Meist sind die Bots für einen bestimmten Zweck bestimmt, sei es PR-Arbeit, Marketing oder zunehmend auch politische Propaganda. Um reale Personen von seiner vermeintlich ebenso realen Existenz als Mensch zu überzeugen, nutzen Social Bots künstliche Intelligenz und umfassende Datenanalyse (die sich auch auf Textkörper bezieht). Mitunter können sie so auf aktuelle Geschehen und Allgemeinwissen referieren.

     

    Weiterhin werden Nachrichten der Social Bots zu typischen Tageszeiten menschlicher Interaktion und großteils in zufälligen zeitlichen Zyklen versendet, um ihren automatisierten Charakter zu verbergen.

  • Ein schwarzer Tag für die Meinungsfreiheit in Deutschland!

     

    Ein Grundrecht wird eingeschränkt, und die Grünen im Bundestag enthalten sich der Stimme. Noch mögen sich viele aus Naivität oder verschiedenen anderen Gründen etwas vormachen oder den Kopf in den Sand stecken, aber der Tag der Reue wird kommen.

  • Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz ist der schleichender Prozess gegen die Meinungsfreiheit in Deutschland. Werden demnächst auch Briefe gelesen. Und das von einem Justizminister der SPD. Deutschland verändert sich gewaltig.

    Sabine Leutheusser-Schnarrenberger: "Wer soll konkret entscheiden: handelt es sich um eine rechtswidrige oder erlaubte Meinungsäußerung?"

  • 3G
    32795 (Profil gelöscht)

    Glaubt bloß nicht dieses Gesetz sei irgendwie kontrollierbar im Sinne "das trifft nur die Rechten".

     

    Es gibt da mehr "offensichtlich rechtswidrige Inhalte" als den meißten Zeitgenossen klar sein dürfte.

     

    Aktuelles Beispiel (alles was sich im Netz darauf bezieht muss wohl aus Sicherheitsgründen weg, nur so schließt man als Unternehmen aus Ärger zu bekommen): http://taz.de/Rabiate-Razzia-bei-G-20-Gegnern/!5422243/

  • Ich habe eine Verständnisfrage: Wer entscheidet eigentlich über ein ggf. zu verhängendes Bußgeld, wenn ein Betreiber eines sozialen Netzwerks seinen im Gesetz festgelegten Verpflichtungen nicht nachkommt und welche Rechtsmittel hat der Gebußte?

    • 3G
      32795 (Profil gelöscht)
      @Zwieblinger:

      Das teilt man dem "Gebußten" mit, auf dem Bußgeldbescheid muss stehen wer ihm da wieso Geld abknöpft und welches die zuständige Stelle für Rechtsmittel ist. Steht das da nicht, dann braucht man eh nicht zu bezahlen, Ihre Sorgen sind daher unbegründet.