Bundesrat zu sicheren Herkunftsländern: Blutige Nase für die Regierung
Auf Antrag Thüringens stimmt der Bundesrat am Freitag nicht wie geplant über „sichere Herkunftsstaaten“ ab. Wie es weitergeht, ist unklar.
Das vom Bundestag am 18. Januar verabschiedete Gesetz sah vor, Georgien, sowie die Maghrebstaaten Algerien, Tunesien und Marokko als sichere Herkunftsstaaten einzustufen. Das hätte Asylverfahren beschleunigt, weil dadurch von vornherein angenommen würde, dass in den betreffenden Staaten weder politische Verfolgungen noch Folter stattfinden. Asylanträge von Menschen aus diesen Ländern würden zügiger bearbeitet und in der Regel als unbegründet abgelehnt.
Die grün mitregierten Länder, mit Ausnahme Baden-Württembergs, hatten angekündigt sich zu enthalten. Die Länder, in denen die Linke mitregiert, hätten ebenfalls nicht mit „ja“ gestimmt. Insofern hätte die nötige Mehrheit von 35 Stimmen gefehlt, um das Gesetz zu verabschieden. Ein ähnliches Gesetz war bereits 2017 im Bundesrat gescheitert.
Die Länder hatten in der Nacht zuvor noch darum gefeilscht, wer den Antrag auf Streichung stellt. Schließlich ergriff Thüringen die Initiative. Der Thüringer Staatssekretär Malte Krückels sagte der taz, wenn das Gesetz wiederum abgelehnt worden wäre, wäre es voraussichtlich im Vermittlungsausschuss gelandet. „Doch worüber hätte man dort verhandeln sollen. Man könnte Marokko ja nicht als halbes sicheres Herkunftsland anerkennen.“
Thema solle auf EU-Ebene behandelt werden
Das bedeutet: Über das Gesetz selbst sind die Meinungen ausgetauscht. Auch in anderen Bundesländern gibt es wenig Neigung, erneut allein über sichere Herkunftsstaaten zu debattieren. Aus Baden-Württemberg heißt es, das Thema der sicheren Herkunftsstaaten müsse eigentlich auf der europäischen Ebene behandelt werden. Sinnvoller sei es, über Asylverfahren zu reden.
Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow hatte im November Bereitschaft signalisiert, einem Gesetz über sichere Herkunftsstaaten zuzustimmen, wenn im Gegenzug hier lebende Geflüchtete besser integriert werden. Er forderte eine Altfallregelung und einen Spurwechsel, der abgelehnten Asylbewerbern in Job oder Ausbildung erlaubt, in Deutschland zu bleiben.
Wie es nun weitergeht ist unklar. Theoretisch könnte die Bundesregierung das Thema sichere Herkunftsstaaten erneut auf die Tagesordnung setzen. Und sich vermutlich wieder eine blutige Nase holen.
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