Bundesliga startet in die Rückrunde: Teenager-Duell beim BVB
In der Winterpause ist die Mannschaft von Lucien Favre noch jugendlicher geworden. Zugleich hat man sich fest vorgenommen, reifer zu wirken.
In der bunten Welt der Online-Schlagzeilen haben sich Erling Haaland und Jadon Sancho während der vergangenen Tage ein enges Rennen um die größte Aufmerksamkeit geliefert. Von dem neuen Angreifer, der gerne als „aufregendstes Stürmertalent“ der Gegenwart apostrophiert wird, erhoffen sie sich mehr Durchschlagskraft im Strafraum.
„Haaland hilft uns weiter“, sagt Trainer Lucien Favre über den 19 Jahre alten Norweger, der in der ersten Saisonhälfte in 22 Partien 28 Tore für RB Salzburg geschossen hat. Jadon Sancho hingegen flimmerte als Hauptfigur eines Urlaubsvideos über Millionen Smartphone-Bildschirme, er hatte sich wie einer dieser dekadenten Gangster-Rapper in einem Musikvideo filmen lassen. Im Privatjet, auf einer Yacht und mit Goldsteak, unterlegt von einem Song mit dem Titel „Racks on me“ – wobei „Racks“ für Geldbündel steht.
Diese klischeehafte Selbstinszenierung als schwarzer Aufsteiger, der mit Geld um sich werfen kann, hat manche Beobachter empört. Gelassenere Kommentatoren plädieren eher dafür, den Film als jugendliche Spielerei zu betrachten, was aber interessant ist: Wieder einmal waren es zwei Teenager, die im Mittelpunkt dieser Dortmunder Winterpause standen.
Dabei hatte der Titelaspirant sich fest vorgenommen, in der Rückrunde reifer zu agieren. Viel zu viele Punkte seien in der Hinrunde verspielt worden, weil die Mannschaft „fußballerisch naiv“ aufgetreten sei, sagt Verteidiger Manuel Akanji. Der BVB war in vielen Spielen flatterhaft, „wir haben oft Führungen nicht nach Hause gebracht. Das müssen wir besser machen in der Rückrunde“, findet Sportdirektor Michael Zorc.
Was die Dortmunder derweil nicht ändern wollen, ist die Altersstruktur der Mannschaft – Borussia Dortmund ist in dieser Winterpause sogar noch jugendlicher geworden. Julian Weigl wurde verkauft, Haaland ist neu dabei, außerdem wurde Giovanni Reyna aus der U19 fest zu den Profis befördert. Der erst 17 Jahre alte Amerikaner ist so stark, dass Trainer Favre ihm direkt einen festen Kaderplatz für die Partie am Samstag in Augsburg zusagte.
Diese jungen Kerle werden „sicherlich dem gesamten Kader noch neue Impulse geben“, glaubt Zorc, und es gab ja tatsächlich Phasen in der ersten Saisonhälfte, in denen der Mannschaft Leichtigkeit und Unbekümmertheit gutgetan hätten. In anderen Momenten mangelte es hingegen an Routine und Abgeklärtheit, dieses Wechselspiel macht die Suche nach Lösungen so kompliziert.
Noch wird Haaland geschont
Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.
Denn auch eher erfahrene Leute machten zu viele Fehler, in der gesamten Hinrunde und auch in den Testspielen im Trainingslager von Marbella. Vor diesem Hintergrund erstaunt es, dass die Hoffnungen vieler Freunde von Borussia Dortmund auf Erling Haaland ruhen. Ein „Einsatz ist möglich“, sagt Favre nun vor dem Spiel in Augsburg, erinnert aber zugleich daran, dass der Stürmer vor seinem Vereinswechsel verletzt war und „seit dem 10. Dezember nicht trainiert“ habe.
Zu Beginn des Trainingslagers musste Haaland immer noch geschont werden, im Bestreben, die Erwartungen zu relativieren, erklärt Zorc: „Er ist noch in der Entwicklung, seine Verpflichtung soll sich mittelfristig auszahlen.“
Beinahe unbeachtet von öffentlichen Debatten sind unterdessen die Routiniers im Kader durch die Winterpause gekommen. Dabei fällt ihnen eine wahrscheinlich noch bedeutsamere Rolle für das Gelingen der zweiten Saisonhälfte zu. Paco Alcácer war in der Hinrunde nur selten fit, Axel Witsel spielte längst nicht so dominant wie im Vorjahr, Thomas Delaney fehlt immer noch aufgrund eines Bänderrisses, selbst Mats Hummels hatte schwächere Phasen. Und Marco Reus kämpfte mit Formschwankungen. „Wir erwarten immer viel von Marco, ich hoffe, dass er immer da ist und nicht verletzt oder krank“, so Favre.
Im Moment ist das Dortmunder Saisonprojekt aber noch ein Werk, dessen Konturen nur sehr langsam erkennbar werden. Wobei Favre die komplexe Herausforderung verblüffend einfach auf den Punkt bringen kann: „Wir wollen mehr Punkte holen als in der Hinrunde. Wir müssen einfach besser sein.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich