Bundesliga noch nicht entschieden: Das ist nicht geil
Was vom Spieltag übrig bleibt: Elf wichtige Erkenntnisse zum Fußballbundesliga-Wochenende mit Wolfsburg, Bayern und einem „ekligen“ Kicker.
L iebe Leserinnen und Leser, falls Sie wegen solch banaler Dinge wie Wetter, also Sonnenschein, diesen Spieltag der Fußballbundesliga verpasst haben, die Leibesübungen haben das Geschehen natürlich en detail beobachtet, und wir können es sogar nach einem einfachen Prozess der Materialisierung in 11 handliche Pakete verpacken, die Sie am Montag, falls im Zoom-Meeting überhaupt Zeit zum Smalltalk bleibt, gern öffnen können, um so etwas wie Kennerschaft zu simulieren. Here we go:
1.) Fußball schauen mit der Familie bleibt schwierig. Eine mir nahestehende Person fragte mich, ob dieser Fußballspieler vom FSV Mainz 05 gerade mit einem gewissen Stolz wirklich von sich behauptete, er und sein Team seien „eklig“ gewesen auf dem Platz. Ja, hat er gesagt. „Eklig, echt, was ist mit dem los?“ Ich musste dann kurz erklären, dass Fiesheiten im Fußball so gängig sind wie Einmischungen aus dem Kölner Keller. Man ist gierig, eklig, nicklig. Wobei: „nicklig“ sagte ich nicht. Es hätte eine Nachfrage provoziert. Und „nicklig“ zu erklären, das ist gar nicht so einfach. Außerdem rede ich nicht gerne.
2.) Nein, das neue Normal ist nicht geil, auch nicht jene jetzt schon 11 Monate andauernde Simulation im Profifußball. Selbstredend ist auch die eingespielte Geräuschkulisse im Fernsehen nicht geil, denn es bleibt ja für alle sichtbar: Die Stadien sind immer noch leer; eine „Öffnungsperspektive“ gibt es nicht, und die Maßnahmen begünstigen die Privilegierten nach wie vor krass. Folgende Spiele haben zum Beispiel an diesem Wochenende nicht stattgefunden: Berliner AK gegen Chemie Leipzig, Germania Halberstadt gegen Energie Cottbus, BFC Dynamo gegen Luckenwalde oder Heider SV gegen Eintracht Norderstedt. Richtig: Ist nur Regionalliga, vierte Klasse, und im Süden spielen sie ja eh. Aber mal ernsthaft: Wie lange soll das noch so weitergehen?
Gewinnen im Akkord
3.) Die Bayern wirken überspielt. Das ist für 95 Prozent der Fußballfans in Deutschland eine gute Nachricht. Die Meisterschaft ist also noch nicht entschieden. Nachdem die Münchner sich sechs Pokale gegriffen haben – im Stile eines Supermarktbesuchers, der mit behänder Leichtigkeit seinen Einkaufswagen füllt –, sind sie jetzt ein bisschen müde und verlieren gegen das „Team der Stunde“, Eintracht Frankfurt. Das ist normal. Wer hochfährt, fährt anschließend auch wieder runter. Wie weit die Talfahrt geht, wird sich schon am Dienstag weisen, wenn der FC Bayern gegen Lazio Rom in der Champions League antritt. Dabei fällt mir ein: Geht es nur mir so, oder wirken Bayerns Defensivkräfte Boateng und Süle nicht austrainiert? Gehört das Coronabäuchlein jetzt auch im Spitzensport zu den üblichen Accessoires?
4.) Der kleine, im Grunde ungeliebte Bruder des Teams der Stunde ist der VfL Wolfsburg. Die Volkswagen-Kicker haben sich auf Platz drei geschoben, und somit rangieren unter den ersten fünf in der Liga drei sogenannte Retortenklubs: RB Leipzig auf Platz zwei und Bayer Leverkusen als Fünfter. In den kommenden Jahren dürfte sich daran nichts ändern. Dass Wolfsburg sich nach vorn getankt hat, juckt im Grunde keine Sau.
Es wird hingenommen wie die nächste Verlängerung des Lockdowns: irgendwie schicksalhaft, ergeben, fatalistisch. Der VfL hat sich zwar in der Hierarchie der ungeliebten Mannschaften ganz nach oben gehievt, und sicher liegen sie vor den Brauseballern, aber dieser Pyrrhussieg wurde erkämpft mit: Graugesichtigkeit, grausamer emotionaler Indifferenz unter Nicht-VfL-Fans und einer daraus resultierenden LMAA-Haltung, die, würden die Niedersachsen nicht gerade so gut Fußball spielen, in der Erkenntnis gipfelte: Die müss’mer noch nicht mal ignorieren.
Ups, von den 11 Erkenntnissen zum Spieltag haben wir jetzt doch nur 4 geliefert. Sorry! Aber so sind die Zeiten nun mal. Wir müssen uns ja alle beschränken, nicht wahr, und vielleicht wird bald nachgeliefert.
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