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Bundesländer wenden sich gegen 219a„Nicht weitreichend“ genug

Sechs Länder legen im Bundesrat Anträge vor, in denen sie die Streichung des Paragrafen fordern. Sie stellen sich damit gegen den Gesetzentwurf der GroKo.

Sechs von der SPD mitregierte Länder stellen sich im Bundesrat gegen den Entwurf der GroKo Foto: dpa

Berlin taz | Mehrere Bundesländer drängen im Bundesrat auf die vollständige Streichung des Paragrafen 219a. Das sogenannte Werbeverbot verbietet bisher, dass Ärzt*innen öffentlich darüber informieren, dass sie Schwangerschaftsabbrüche durchführen. Der Vorschlag der Bundesregierung, der lediglich eine Lockerung dieses Verbots vorsieht, sei „nicht weitreichend“ genug, heißt es in Anträgen, die sechs Bundesländer in drei Ausschüssen vorgelegt haben. Damit wenden sich sechs von der SPD mitregierte Länder gegen den Entwurf der Großen Koalition.

Mitte der Woche hatte das Kabinett nach monatelangem Ringen dem vorgelegten Kompromissvorschlag zugestimmt, wonach Ärzt*innen und Kliniken künftig zwar darüber informieren dürfen, dass sie Abbrüche durchführen – für weitere Informationen, wie etwa die angewandten Methoden, sollen sie aber auf Listen neutraler Stellen im Netz verweisen müssen.

„Der Gesetzentwurf spaltet die grundlegenden Informationen über das 'Ob’ und 'Wie’ eines Schwangerschaftsabbruchs unnötig auf“, heißt es in dem Antrag der Länder Berlin, Bremen, Hamburg, Thüringen und Brandenburg, der der taz vorliegt. Das schaffe „neue Hürden für betroffene Frauen und diejenigen, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen und darüber informieren wollen“.

Die Debatte um den Paragrafen hatte 2017 begonnen, als die Gießener Ärztin Kristina Hänel wegen sachlicher Informationen auf ihrer Webseite zu einer Geldstrafe von 6.000 Euro verurteilt wurde. Im Interesse von Rechtsklarheit und Rechtssicherheit für Ärzt*innen und Kliniken sowie des Selbstbestimmungs- und Informationsrechts der Frauen sei es „vorzugswürdig“, Paragraf 219a Strafgesetzbuch „ersatzlos zu streichen“, heißt es nun in dem Antrag der Länder. Eine entsprechende Initiative hatten diese unter der Führung Berlins schon Ende 2017 im Bundesrat gestartet.

„Relikt aus einer alten Denke“

Einen Antrag wie den im Rechtsausschuss hat das Land Berlin auch im Gesundheitsausschuss vorgelegt. Gesundheitssenatorin Dilek Kolat (SPD) hatte den Kompromiss schon in der vergangenen Woche kritisiert. Einmal mehr habe sich gezeigt, „dass eine progressive Politik mit der Union im Bund offenbar nicht möglich ist“. Sie sei für die Abschaffung des Paragrafen: „Das wäre klar und konsequent und würde dazu beitragen, dass weder Ärztinnen und Ärzte, noch Frauen, die ungewollt schwanger sind, an den Pranger gestellt und kriminalisiert werden.“ Die Berliner Gesundheitsverwaltung veröffentlicht bereits seit einigen Monaten im Netz eine Liste mit Ärzt*innen, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen.

Im Ausschuss für Frauen und Jugend liegt ebenfalls ein entsprechender Antrag der Länder Bremen, Hamburg, Rheinland-Pfalz und Berlin vor. Die Bremer Frauensenatorin Anja Stahmann (Grüne) sagte der epd: „Paragraf 219a ist ein Relikt aus einer alten Denke“. Er gehöre „in die Mottenkiste der Geschichte unseres Landes“.

Auch die SPD im Bundestag hatte Paragraf 219a ursprünglich komplett streichen wollen – die Union wollte ihn allerdings am liebsten gar nicht antasten. Was nun auf dem Tisch liege, sei ein guter Kompromiss, hatten Justizministerin Katarina Barley und Frauenministerin Franziska Giffey (beide SPD) den Vorschlag gegen Kritik verteidigt.

Bei Gesetzentwürfen der Bundesregierung hat der Bundesrat das Recht, noch vor dem Parlament zu dem Entwurf Stellung zu nehmen. Bis Montagnachmittag haben die Minister*innen in den jeweiligen Bundesländern nun Zeit, über die Anträge abzustimmen. Danach hat wiederum die Bundesregierung Gelegenheit, ihren Standpunkt in einer Gegenäußerung darzulegen. Der Entwurf wird zusammen mit Stellungnahme und Gegenäußerung beim Bundestag eingebracht.

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11 Kommentare

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  • Schwangerschaft war im christlichen Mittelalter immer ein Mittel zur Beherrschung der Arbeitskraft Frau.



    Nur wenige, wie Hildegard von Bingen konnte sich daraus befreien.



    Unsere Kultur ist im Geist des männlichen Mittelalters hängen geblieben!

  • Die liebe Politik... anstatt Waffen Produktion/Exporte, Umweltgifte/Glyphosat zu verbieten, Monopolkonzerne zu regulieren, den Kohlenausstieg oder ein Finanztransaktionsteuer zu definieren, verliert sie Stunden, Tage und Monate Diskusionen wie man den absurden Paragraph 219a der Steinzeit irgendwie doch noch beibehalten kann...

  • 9G
    91672 (Profil gelöscht)

    Juhu. Frauen dürfen - vielleicht - doch wieder selbst über ihren Körper, ihre Seele und ihr Leben bestimmen und ÄrztInnen dürfen wieder beraten und ihre Hilfe anbieten.



    Der CDU und der Mißgeburt CSU passt das zwar gar nicht, weil sie sagen: Im Jahr 1700 und 1800 gab's nicht mal ein Frauenwahlrecht und wir Männer haben trotzdem die Politik und die Kriege fantastisch geführt. Warum sollten wir daran was ändern?



    Da werden Ziemiak, Amthor, Merkel (selbst sogar Frau nach eigener Angabe) und AKK (auch Frau) aber heftig aufheulen, wenn man ihnen die ehrwürdige Tradition von CDU/CSU madig macht.

    • @91672 (Profil gelöscht):

      Kleinigkeit: Wissen Sie, welches Wahlrecht es (wo) 1700 und 1800 gab?



      Damals haben doch noch die Kabinette und Fürsten über Abtreibungen entschieden ;-)

    • @91672 (Profil gelöscht):

      Alle Frauen sollten bis zum Zeugungsakt über ihren Körper selbst bestimmen. Danach geht es um den Körper eines anderen sich entwickelnden Menschen, um das Leben eines anderen. Beides gehört ihnen nicht.

      • 9G
        91672 (Profil gelöscht)
        @finches:

        Wow. Sie stellen ja die gesamte irdische und auch christliche Ethik und die Evolution auf den Kopf.



        Und wieso muss sich dann eine Frau um diesen Fremdkörper, den sie 9 Monate spazierengetragen hat kümmern? Können die Frauen den Sproß nicht bei der CSU oder in der katholischen Kirche abgeben, oder bei Frau vdL, daß er dort gleich fürs Militär großgezogen wird.



        Ihren Kommentar betrachte ich als äußerst sarkastischen und zynischen Joke.

      • @finches:

        @Finches: Nein, nein, nein! Auch nach dem Akt!!! ist es der Körper der Frau. Soll sich doch der Zellhaufen nach drei Wochen selber um Unterkunft und Schule kümmern.... Bis zu einem gewissen Stadium ist es immer nur eine Option auf Leben und nicht mehr und nicht weniger.

    • @91672 (Profil gelöscht):

      Man muss die CSU nicht mögen, aber sie als "Missgeburt" zu bezeichnen, ist würdelos. Sorry, das geht nicht.

      • 9G
        91672 (Profil gelöscht)
        @Nicolai Nikitin:

        Ich gebe das Wort direkt an Franz-Josef Strauss weiter, der 1955 sagte:



        'Von Bayern gehen die meisten politischen Dummheiten aus'.



        Zitiert in 'Die Zeit' am 6.7.1979



        Sie wissen bestimmt, daß Bayern die CSU ist und umgekehrt.

  • Eine komplette Abschaffung von 219a ist natürlich völlig richtig. Wenn ich allerdigs den Satz von Kolat lese kann ich echt nur mit dem Kopf schütteln: "... noch Frauen, die ungewollt schwanger sind, ... kriminalisiert werden." Das ist so formuliert natürlich Unsinn und eine bezeichnende Verkürzung, vor allem aber auch wieder jene unselige Vermengung mit dem Paragraphen 218 die nur die Widerstände gegen die Abschaffung des 219a stärkt.

  • 8G
    81331 (Profil gelöscht)

    ...vielleicht kommt jetzt endlich Bewegung in die Sache.