Bundeskanzler tourt durch Sachsen: Mit Scholz in der Straßenbahn
Der Bundeskanzler besucht auf seiner Sachsen-Tour auch ein Demokratieprojekt in der Tram. Was dessen Gründerin ihren Fahrgast gern fragen will.
Dieser Text ist Teil unserer Berichterstattung zu den Kommunal- und Landtagswahlen 2024 in Brandenburg, Sachsen und Thüringen. Die taz zeigt, was hier auf dem Spiel steht: Wer steht für die Demokratie ein? Welche Agenda verfolgen Rechte? Welche Personen und Projekte fürchten um ihre Existenz?
Vor fünf Jahren hat sie mit Gleichgesinnten den Verein metro_polis gegründet, mit dem Ziel Menschen zum Diskurs einzuladen. Zunächst sei es einfach darum gegangen zu erfahren, was die Menschen bewegt, mittlerweile ist man bei schwierigeren Themen angelangt. „Wir müssen reden, und zwar ohne uns anzuschreien oder uns gleich zu verurteilen“, begründet Krömer am Telefon ihr Engagement. „Wir leben in schwierigen Zeiten der Transformation, und das Gespräch ist entscheidend, damit die Leute sich am Ende auch an dieser beteiligen.“
Die Fahrgäste sollen also die Fahrt nutzen, sich mit ihren Sitznachbar:innen auszutauschen und über den eigenen geistigen Tellerrand zu schauen. Die Dresdner Verkehrsbetriebe stellen dafür die hinteren Sitzplätze der Straßenbahn bereit.
Am Donnerstagnachmittag steigt also Olaf Scholz zu. Das Bundeskanzleramt hat sich quasi selbst eingeladen und bei metro_polis angefragt. Seitdem das Projekt im vergangenen Jahr mit dem Deutschen Engagementpreis ausgezeichnet worden ist, bekommt es auch überregional Aufmerksamkeit.
Einen Tag lang touren der Bundeskanzler und sein Tross durch Sachsen. Scholz besucht die Elbe Flugzeugwerke, die Uhrenfabrik Nomos-Glashütte im osterzgebirgischen Glashütte, am Abend stellt er sich den Fragen von 150 Dresdner Bürger:innen. Sachsen ist kein leichtes Pflaster für den Sozialdemokraten – die AfD führt seit Monaten die Umfragen, die SPD ist zwar an der Regierung beteiligt, krebst aber im einstelligen Bereich herum.
„Viele sind vom Thema erschöpft“
Am Nachmittag macht Scholz Station im Dresdner Straßenbahnhof und wird dort mit Menschen sprechen, die bereits an der rollenden Diskursveranstaltung von metropolis teilgenommen haben.
Geplant war eigentlich ein Gespräch in einer fahrenden Bahn, aber das scheiterte an den Sicherheitsauflagen. Scholz nimmt sich immerhin 45 Minuten Zeit, deutlich mehr als die 11 Minuten, die ein Gespräch, wie es Krömer sonst in der Tram führt, in der Regel dauert. Das Thema am Donnerstagnachmittag: Gesellschaftlicher Zusammenhalt und wie die Demokratie weiterentwickelt werden kann. „Olaf Scholz hat hoffentlich die Dringlichkeit erkannt, dass es viel mehr Kommunikation in und mit der Bevölkerung geben muss“, sagt Krömer.
Sie weiß, wie schwierig das ist. Um einen Gesprächsgast zum Thema Klima oder Migration zu gewinnen, müsse sie in der Regel 10 Fahrgäste ansprechen, erzählt Krömer. „Viele Menschen sind vom Thema erschöpft, einige sagen uns „Seid Ihr von den Grünen – geht weg“ oder „Geht doch lieber arbeiten.“ Aber mit etwa 300 Menschen kommen die sechs Teammitglieder jeden Monat ins Gespräch. Seit August auch in Leipziger Straßenbahnen.
Gern würde metro_polis das Projekt auf andere Städte ausweiten und neue Formate entwickeln, um auch nach der Fahrt im Gespräch zu bleiben. Doch dafür braucht es eine verlässliche Finanzierung. Deshalb möchte Krömer den Bundeskanzler dringend fragen, wann endlich das Demokratiefördergesetz kommt.
Das Gesetz soll es dem Bund erlauben, Inivitativen, die Zivilgesellschaft fördern und Extremismus vorbeugen, dauerhaft zu finanzieren. Der Bundestag hat es im vergangenen Jahr in erster Lesung debattiert, doch wann es verabschiedet wird, ist unklar. „Das Gesetz würde unsere Arbeit und die anderer Initiativen enorm erleichtern“, sagt Krömer. Auf die Antwort des Kanzlers ist sie gespannt.
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