Bundesinfektionsschutzgesetz läuft aus: Der Senat lässt die Maske fallen
In Berlin ist Corona ab 1. April nach zweiwöchiger „Schutzfrist“ rechtlich passé. Auch eine Einstufung als Hotspot soll es nicht geben.
Einen vorgezogenen Aprilscherz schien die Regierungschefin bei der Pressekonferenz nach der Senatssitzung machen zu wollen. „Wir haben eine positive Tendenz“, sagte sie mit Blick auf Corona. Und: „Wir haben weiter sinkende Inzidenzen.“ Dabei war die 7-Tage-Inzidenz – die Zahl der binnen einer Woche neu Infizierten pro 100.000 Einwohner – von Montag auf Dienstag sprunghaft um rund 100 auf 881 gestiegen. Vergangenen Donnerstag allerdings hatte die Inzidenz mit 728 den tiefsten Stand seit Mitte Januar erreicht.
Auf den Widerspruch zwischen der jüngsten Entwicklung und ihrer Wortwahl angesprochen, verwies Giffey auf teils bei über einem Wert von 2.000 liegenden Inzidenzen in anderen Bundesländern und formulierte neu: „Es ist keine ganz schlechte Situation.“
Kritische Infrastruktur nicht überlastet
Zur Untermauerung verwies Giffey auch darauf, dass die kritische Infrastruktur – etwa Polizei, Feuerwehr, Energieversorger – nicht überlastet sei und die Intensivstationen nicht überliefen. Nur wenn das der Fall wäre, hätte Berlin als Hotspot gelten und eigene Coronaregeln beschließen können. Genaue Grenzwerte dafür nannte sie nicht. Niedersachsen erwägt hingegen eine Hotspot-Regelung. Eine Regierungssprecherin berief sich dort auf eine Krankenhausbelegung mit Coronapatienten. Die ist in Niedersachsen derzeit deutlich niedriger als in Berlin.
Offiziell beschließen und in Form bringen will der Senat seine Position erst am Samstag – nach den in dieser Woche noch anstehenden entscheidenden Sitzungen von Bundestag und Bundesrat. Entschieden ist bereits, dass ab Freitag in den Berliner Kitas wieder der Regelbetrieb gelten soll, sprich: alles so laufen soll wie vor Corona.
Geeinigt habe man sich auch, die Möglichkeit der Übergangsfrist zu nutzen. Aus Termingründen endet die in Berlin früher als anderswo: nicht am 2. April, sondern am 31. März. Dann soll das meiste passé sein, was derzeit noch den Alltag prägt: die kostenlosen Coronatests, die Maskenpflicht beim Einkaufen wie auch in der Schule, aber offenbar auch – das wollte Giffey noch genau klären lassen – die Pflicht zu Quarantäne und Isolation.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Alleingang des Finanzministers
Lindner will Bürgergeld kürzen
Putins Brics-Gipfel in Kasan
Club der falschen Freunde
Deutsche Asylpolitik
Die Hölle der anderen
Kritik an Initiative Finanzielle Bildung
Ministeriumsattacke auf Attac
Linke in Berlin
Parteiaustritte nach Antisemitismus-Streit
Investitionsbonus für Unternehmen
Das habecksche Gießkannenprinzip