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Bundesbeauftragter gegen AntiziganismusMichael Brand soll Beauftragter gegen Antiziganismus werden

Alles deutete darauf hin, dass die Bundesregierung das Amt des Antiziganismusbeauftragten abschafft. Jetzt ist raus: Die Stelle ist gerettet.

Abschied: Der Nachfolger von Mehmet Daimagueler, Bundesbeauftragter gegen Antiziganismus (Foto), soll Michael Brand werden Foto: Stefan Boness/Ipon

Berlin taz | Das Amt des Antiziganismusbeauftragten der Bundesregierung ist gerettet. Wie die taz aus Regierungskreisen erfuhr, will das Bundesbildungs- und Familienministerium den CDU-Abgeordneten Michael Brand für den Posten vorschlagen. Es ist eine Überraschung: Ende Mai hatten mehrere Medien, darunter die taz, berichtet, die Stelle solle de facto abgeschafft werden. Bei Sin­ti*z­ze und Rom*nja-Verbänden hatte dies für große Unruhe gesorgt.

Das Amt des Beauftragten gegen Antiziganismus hatte die Ampelkoalition 2022 eingeführt, auf den Posten wurde damals der Jurist Mehmet Daimagüler berufen. Im Frühjahr dieses Jahres trat Daimagüler dann aus persönlichen Gründen zurück, seitdem war die Stelle vakant. Als Ende Mai zahlreiche andere Beauftragten-Posten von der Bundesregierung besetzt wurden, ausgerechnet Daimagülers Nachfolge aber offen blieb, schien das Amt praktisch schon abgeschafft. Jetzt also die Wende.

Der designierte neue Beauftragte Michael Brand ist bereits Parlamentarischer Staatssekretär im Familien- und Bildungsministerium unter Karin Prien. Er sitzt für die Union zudem im Ausschuss für Menschenrechte und hat sich immer wieder mit dem Thema humanitäre Hilfe und Menschenrechte auseinandersetzt.

Die Geschäftsführerin der Sinti Union Schleswig Holstein, Kelly Laubinger, äußert im Gespräch mit der taz allerdings Kritik an der Personalie. „Ich frage mich, ob ein CDU-Mitglied imstande sein wird, die unionsgeführte Bundesregierung für fehlende Maßnahmen zu kritisieren“, sagte sie. Außerdem sei sie „verwundert“, dass Brand auf Instagram zwar dem Schlager-Sänger Heino, aber keiner einzigen Sin­ti*z­ze und Romn*nja-Selbstorganisation folge. Heino singt bis heute Lieder, die das herabwürdigende Z-Wort im Titel haben.

Zudem wies Laubinger auf einen Text hin, den Brand 2017 für die Wochenzeitung Fulda Aktuell geschrieben hat und der sich auch auf seiner Website findet. Darin verteidigt es Brand, im Karneval Kostüme amerikanischer Ureinwohner zu tragen und kritisiert eine behauptete „Gesinnungspolizei“, die dies verbieten wolle.

Antiziganismus ist in Deutschland ein weitverbreitetes Problem, insbesondere in staatlichen Behörden und bei der Polizei. Während andere offene Formen des Rassismus und Antisemitismus weitgehend ta­bui­siert sind, bleibt expliziter Hass auf Sin­ti*z­ze und Rom*­nja oft ohne Konsequenzen. Dabei wurden Angehörige der Minderheit von den Nationalsozialisten gezielt ermordet, insgesamt wurden europaweit rund 500.000 von den Deutschen und ihren Kollaborateuren umgebracht. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs blieben viele Täter in ihren Positionen.

Aktualisiert am 11.06.2025 um 15:35 Uhr. d. R.

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6 Kommentare

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  • „Heino singt bis heute Lieder, die das herabwürdigende Z-Wort im Titel haben.“



    Na, dann hoffen wir mal, dass Herr Brand auch die Sintizza-Biografie der Schlagersängerin Marianne Rosenberg kennt.😉 Seine Musikvorlieben gehen mich allerdings nichts an.



    Ansonsten wüsste ich nicht, was seiner Qualifikation als Antiziganismus-Beauftragter der Bundesregierung im Wege stehen könnte. Brands CDU-Mitgliedschaft? Ich kenne den Mann und seine politischen Ansichten nicht, also kann ich auch nicht den Stab über ihn brechen … wenn Frau Laubinger das tut, ist das einzig und allein ihr Problem.



    Fest steht nur, dass sein Amtsvorgänger, Herr Daimagüler, einen richtig guten Job gemacht hat … das wünsche ich seinem Nachfolger Michael Brand selbstverständlich auch.



    Und wer weiß: vielleicht erleben wir noch, dass einmal ein Angehöriger der betroffenen Volksgruppe(n) dieses Amt innehaben wird.

  • Erich Rathfelder , Autor , Auslandskorrespondent Balkanstaaten

    Ziganismus und Michael Brand

    Alles was recht ist, aber die Charakterisierung von Herern Brand erscheint mir doch sehr idedologisch weil er Cdu ist, muß er ja ins WEltbild des Antiziganismus passen. Irre. Ich weiß das anders., Michael B rand tritt immer für Menschenrechte ein, auch gegenüber der Diskriminierung von "Zivgeuneren" auf die BAlkan . Ich frge mich, wie der Autor darauf kommt, die Kostüme nordamerikanischer Indigena verwerflich zu finden.

    • @Erich Rathfelder:

      Stimme zu. Mit den „Indianer“-Kostümen verhält es sich allerdings genau so wie mit dem Antiziganismus: sie transportieren falsche, herabwürdigende Klischees, wenn auch z.T. unbewusst und nicht intendiert … aber auch dann ist das Übel in der Welt.

  • Das ist ja nochmal gutgegangen. Freut mich, dass so eine wichtige Instution weiter existiert. Es wäre auch ein Skandal wenn nicht.



    Aber mal so nebenbei- warum heisst es immer noch Ziganismus wenn das Wort Zigeuner nicht mehr benutzt werden soll?



    Kann mir das jemand plausibel erklären?

    • @ Christoph:

      Die Roma-Organisationen die das Wort nutzen erklären es mit: "um die darin enthaltenen rassistischen Zuschreibungen sichtbar zu machen, die von tatsächlichen Lebenswirklichkeiten völlig unabhängig sind."



      War jetzt nicht so schwer.

  • Und again, wehalb sitzt der Beauftragte im Bildungs- und Familienministerium während alle vergleichbaren Beauftragten im Innenministerium angesiegdelt sind? Es wäre ratsam, diesen Fehler der Vorregierung jetzt zu berichtigen anstatt diesen zu perpetuieren.