Bundesaufnahmeprogramm vor dem Ende: Hält die Ampel ihre Versprechen?
Deutschland müsse Afghan*innen retten, denen die Evakuierung zugesagt wurde, fordern Arbeitsgruppen von SPD und Grünen. Auch Hilfsorganisationen machen Druck.

Konkret geht es um das Bundesaufnahmeprogramm Afghanistan (BAP). Die Ampel wollte damit ursprünglich jeden Monat tausend Menschen aus Afghanistan evakuieren, die besonders durch die islamistischen Taliban bedroht sind. Doch in etwa zwei Jahren Laufzeit wurden insgesamt nur rund 1.300 Personen hergeholt, seit Mitte 2024 ist das Programm de facto beendet. Allerdings harren noch fast 2.000 Afghan*innen in der Region aus, denen die Evakuierung mit einer sogenannten Aufnahmezusage garantiert wurde.
Um diese Menschen geht es der Bundesarbeitsgemeinschaft Migration und Flucht der Grünen und der AG Migration und Vielfalt der SPD in einem gemeinsamen Appell vom Dienstag. „Wir haben nicht den Eindruck, dass Nancy Faeser und Annalena Baerbock alles Notwendige und Mögliche tun, um diesen Menschen zügig eine Aufnahme in Deutschland zu ermöglichen“, sagten die Chefs der beiden Arbeitsgruppen, Aziz Bozkurt (SPD) und Svenja Borgschulte (Grüne). „Es besteht die ernsthafte Gefahr, dass Menschen verfolgt oder sogar getötet werden, denen eine Aufnahme zugesagt wurde.“
Bundesaußenministerin Baerbock und Bundesinnenministerin Faeser dürften „nicht als diejenigen in die Geschichte eingehen, die mehreren tausend durch die Taliban verfolgten Menschen eine Aufnahme zugesagt und diese Menschen dann in Afghanistan und Pakistan ihrem Schicksal überlassen haben“.
Würgt die Union alle Evakuierungen sofort ab?
Dahinter steht die Befürchtung, dass die Ampel die Evakuierungen noch weiter verschleppen und die Umsetzung dann der nächsten Bundesregierung zufallen könnte. Denn die könnte womöglich versuchen, die Aufnahmezusagen zurückzunehmen, auch wenn das rechtlich schwierig sein dürfte.
SPD und Union haben in ihrem Sondierungspapier bereits festgehalten, dass sie alle Aufnahmeprogramm beenden wollen. Dass zumindest Teile der Union darunter verstehen, auch Menschen mit Aufnahmezusagen zurück zu lassen, zeigte sich Anfang März. Damals landete der vorerst letzte Evakuierungsflieger mit Afghan*innen an Bord in Deutschland. Rechte Medien und auch Unionspolitiker*innen traten daraufhin einen Shitstorm los und forderten das sofortige Ende aller Evakuierungen.
All dem zum Trotz appellierten am Dienstag 44 Hilfsorganisationen an die kommende Bundesregierung, das Aufnahmeprogramm noch einmal zu beleben. Unterzeichnet haben etwa Amnesty International, ProAsyl und Kabul Luftbrücke. Es müssten nicht nur all diejenigen evakuiert werden, die schon eine Aufnahmezusage haben, sondern auch neue Zusagen vergeben werden. Wiebke Judith, Rechtsexpertin bei ProAsyl sagte: „Die Bundesregierung darf vor der rechten Hetze gegen das Aufnahmeprogramm nicht einknicken.“ Eine Sprecherin der Kabul Luftbrücke sagte der taz: „Mit Blick auf Afghanistan kommt Deutschland eine besondere Verantwortung zu, der wir mit der mangelhaften Umsetzung des Aufnahmeprogramms in keiner Weise gerecht geworden sind.“
Die Organisationen verweisen darauf, dass rund 17.000 Afghan*innen zwar für eine Evakuierung ausgewählt und kontaktiert worden seien, allerdings nie eine Aufnahmezusage erhalten haben. Nicht weil etwas gegen ihre Aufnahme sprach, sondern wohl schlicht, weil ihre Fälle von den deutschen Behörden nicht mehr bearbeitet wurden. Die Sprecherin der Kabul Luftbrücke sagte dazu, die Betroffenen seien bereits große persönliche Risiken eingegangen, um bei den afghanischen Behörden Dokumente zu besorgen, und hätten sich teils hoch verschuldet um zur deutschen Botschaft in Pakistan zu gelangen. „Für uns ist zentral, dass die Menschen, die sich bereits im Antragsverfahren befinden, Zugang zu einem rechtsstaatlichen Verfahren erhalten.“
Aktualisiert und ergänzt am 25.03.2025 um 17:20 Uhr. d. R.
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