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Bundes-SPD nach NiedersachsenwahlEndlich mal gewonnen

Die SPD hat 2017 alle Wahlen verloren. Der klare Sieg in Hannover stabilisiert Parteichef Martin Schulz. Trotzdem bleibt die Situation eher unschön.

Da freut er sich: Martin Schulz Foto: dpa

Berlin taz | Der SPD-Vorsitzende Martin Schulz muss sich fühlen wie ein Bauer, der nach monatelanger Dürre eine Regenwolke über seinem Acker erblickt. Endlich mal gewinnt seine SPD in einem wichtigen Bundesland, endlich scheint der stete Abwärtstrend gebrochen, endlich darf er einen Sieg kommentieren. Dass Ministerpräsident Stephan Weil klar vor seinem CDU-Herausforderer liegt, ist Balsam für die tief verstörte Bundes-SPD.

Schulz dankt Weil am Sonntagabend im Berliner Willy-Brandt-Haus überschwänglich. Was er geleistet habe, sei „einzigartig in der Wahlkampfgeschichte der Bundesrepublik Deutschland“. Die Wahl sei stark geprägt gewesen von niedersächsischen Themen und davon, dass Weil großes Vertrauen bei den Bürgern genieße, schiebt er später im ZDF nach. Das Ergebnis sei ein „ermutigendes Zeichen“ in einer schwierigen Lage. Die SPD habe sich nach ihrer bitteren Niederlage bei der Bundestagswahl nicht auseinanderdividieren lassen.

Das mag sein. Die Frage ist nur: Was bewirkt ein einziger Regenguss auf der ausgedörrten Erde der deutschen Sozialdemokratie? Das Saarland, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen, dann das 20,5-Prozent-Debakel im Bund: Die SPD hat in diesem Jahr bisher alle Wahlen verloren. Niedersachsen, wo die SPD im Vergleich zu 2013 fast fünf Prozentpunkte zulegte, wird da zum Leuchtfeuer. Und Weil, der strahlende Sieger, gibt prompt ein kleines Kompliment an Berlin zurück. Die klare Entscheidung der SPD gegen die Große Koalition im Bund habe geholfen, sagt er. Schulz hatte seine Genossen früh auf den Oppositionskurs eingeschworen.

Trotz des Motivationsschubs bleibt die Situation aber unschön. Schulz weist auf die Schwäche der AfD in Niedersachsen hin. Wenn sich die demokratischen Linken und Rechten mit harten Argumenten einen Kampf lieferten, dann blieben die Ränder schwach. In der Tat rangiert die AfD in Niedersachsen nach ersten Prognosen nur knapp über der Fünfprozenthürde, und die Volksparteien lagen in der Schlussphase des Wahlkampfs Kopf an Kopf. An dem strukturellen Problem, dass viele Arbeiter heute AfD wählen, ehemalige Kernmilieus der SPD also erodieren, ändert das nichts.

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Auf den inhaltlichen Kurs im Bund hat die Wahl wenig Auswirkungen. In Regionalkonferenzen vor dem Parteitag soll die Basis gehört werden. Die wichtige Figur neben Schulz, die neue Fraktionschefin Andrea Nahles, hat den digitalen Kapitalismus als Großthema entdeckt. Ihn, der die Lebens- und Arbeitswelt seit Jahren umkrempelt, gelte es einzuhegen. Außerdem will Nahles das Profil der SPD schärfen. Motto: Weniger Kleinkramverwaltung à la Große Koalition, mehr Mut zu Grundsatzfragen, offensiv den Kontakt zur Gesellschaft suchen.

Vielleicht ist die Wahl auch ein Beleg für das ausgleichende Interesse der Deutschen. In der Vergangenheit profitierte nach einer Bundestagswahl oft der Wahlverlierer in folgenden Landtagen. Der „Stern von Merkel“ verblasse, twittert der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach. Die Erneuerung nehme Fahrt auf. Sicher ist: Das SPD-Personaltableau wird durch das Ergebnis in Niedersachsen stabilisiert. Schulz will Chef bleiben, ihn stärkt das Ergebnis. Er sei, heißt es in der SPD, bei der Basis beliebt, auch werde ihm die Katastrophe in Berlin nur bedingt angelastet. Er habe im Wahlkampf alles gegeben und könne nichts dafür, dass sein Vorgänger Sigmar Gabriel ihn spät in eine schlecht vorbereitete Kampagne geschubst hatte.

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16 Kommentare

 / 
  • @ 77

     

    Kommt der nicht rittlings vom Walser- - öh Bodensee ?

     

    So´an - Geborenes Felchen* - oder sonst ´n Grundfisch!;((

     

    (* "„Felchen“ ist die regionale Bezeichnung für Fische der Gattung Coregonus; in Altbayern und Österreich werden sie „Renke“ oder „Reinanke“ & in - Na da schau her - wa!

    Norddeutschland „Maräne“ genannt." https://de.wikipedia.org/wiki/Bodenseefelchen )

     

    kurz - Also Maräne - finde ich sähr lautmaulerisch - gell!;))

    • 5G
      571 (Profil gelöscht)
      @Lowandorder:

      "So´an - Geborenes Felchen"

      ;-)

      So an geborener Felchen (m)

  • 8G
    80576 (Profil gelöscht)

    Boah, dem Stegner hängen die Mundwinkel selbst dann noch bis zum Knie, wenn er zu lächeln versucht!

  • Safe that date - indeed.

     

    "…Schulz dankt Weil am Sonntagabend im Berliner Willy-Brandt-Haus überschwänglich. Was er geleistet habe, sei „einzigartig in der Wahlkampfgeschichte der Bundesrepublik Deutschland“.…"

    &

    Danke für das einzigartige Fotto - der

    Laienspieltruppe - mit Damen &

    Karpfenmaul & Grinsebacke Eifelelse.

    Herr lich.

     

    kurz - Wer hat euch verraten¿! -

    Na ihr euch selbst -

    SPezialDemokraten!

    Nu. Fäustcheballen - Öde Lallen. & -

    Da " klappert doch der Huf am Stegner"

    & "Eifelelse - keiner wellse!"

     

    Na & "Trotzdem -¿;)

    Nein deswegen schon -

    Bleibt disse Situation -

    Ziemlich mehr als - eh'r…

    Ah nää. "Un Schööö' n!

    Na. Si'cher dat.

    Da mähtste nix.

    Normal."

    • 5G
      571 (Profil gelöscht)
      @Lowandorder:

      "Herr lich."

       

      Köst lich

      (beides, Poem & SPD-Führungsriege)

  • Meine Prognose: die SPD wird sich programmatisch in nichtssagenden Themen ("digitaler Kapitalismus") und die Wurst (Umverteilung) aussparen, um dann 2021 mit hoffentlich 25+% und neuem Elan in die nächste GroKo einzutreten.

     

    Wahrscheinlich bereuen die jetzt schon, das 2Angebot" von Merkel so leichtfertig abgelehnt zu haben, aber vielleicht scheitert ja Jamaika noch...

  • Ich kann nur allen, welche sich jetzt noch über das Ergebnis der SPD freuen, eindringlich raten den/die nächsten Morgen/Tage und die ersten Sondierungen abzuwarten.

    Wenn es für Rot-Grün nicht langt, wird sich Weil für seine Kampagne gegen die LINKE noch in den Hintern beißen!

    Und genau da haben wir auch die Crux des "Wahlgewinners" - ihm gehen die sozialen(!) Partner aus und es bleiben, neben den Grünen nur noch Erzkonservative und Ordoliberale als "Mehrheitsbeschaffer".

    Aus den traurigen Erfahrungen im Bund haben wir ja lernen müssen, was dann aus sozialdemokratischer Politik werden kann und zu welchem Zerrbild ihrer selbst die SPD im Bund verkommen ist.

    Die Rassisten der AfD lassen wir hier mal aus ästhetischen Gründen als Koalitionspartner außen vor. Es haben ja die Sozen Anspruch auf eine Regierungsbildung und nicht die Schwarzen.....wenigstens EIN Trostpflaster!

    MfG

    biggerB

  • Die Absage an die große Koalition ist richtig und das bestätigt sich in diesem Wahlergebnis. Aber man muss auch sagen, dass der Rechtsdrall anhält: Die AfD ist im Landtag, die Linken sind draußen. Das ist ein klares Signal von Rechts und leider auch für einen rechten Politiktrend. Und im Übrigen ist Rot-Grün auch in dieser Wahl nicht gewählt worden, es sieht so aus, als wenn äthiopische Verhältnisse drohen: Bündnisse aus SPD, FDP und Grünen - bunt, chaotisch und ziellos, so widersprüchlich wie viele afrikanische Länder eben sind, wobei auch ein Entwicklungsland ist, vielleicht mit der besseren Musik, aber Chaos, Gewalt, Korruption gibt's dort auch. Ich sehe leider, dass der Wähler einen rechten Politikstil durchsetzt. Jedenfalls wäre es für die SPD schwer, sich in Niedersachsen als weltoffene Regierung für Flüchtlinge und für die Integration zu präsentieren, man kann fast darauf wetten, dass die SPD jetzt ihre 'Probleme' mit mehr Abschiebungen und mehr Innenpolitik zu lösen versucht, dabei sollte sie im Sozialen noch viel mehr tun.

  • Die AfD hat Probleme wenn CDU und SPD in Opposition zueinander stehen. Sollte jetzt eine GroKo gebildet werden, feiert die AfD gleich nochmal.

     

    Die SED hat immer noch nicht begriffen, daß Opposition immer gegen die Regierung geht und nie niemals nicht nirgends gegen eine andere Oppositionspartei.

    • @Werner S:

      "Die SED hat immer noch nicht begriffen, daß Opposition immer gegen die Regierung geht und nie niemals nicht nirgends gegen eine andere Oppositionspartei."

      ------------------------------------

      Diese Einsicht ist allerdings auch bei der niedersächsischen SPD-Spitze und dem Herrn Weil noch nicht angekommen.

       

      Seine ABSAGE an die LINKE vor der Wahl hat ihm nun einen möglichen Koalitionspartner gekostet.

       

      Die FDP will nicht mit Weil und dessen SPD....bleibt also nur die UNION.

      Wenn Ihnen also eine GroKO auf Landesebene vertrauenswürdiger und glaubwürdiger erscheint, als die jetzt leider weggefallene Möglichkeit eines Rot-Rot-Grünen Bündnisses, gehören Sie wohl tatsächlich zu den Wahlgewinnern.

       

      MfG

      biggerB

      • @biggerB:

        Das ist doch DEHMlich. Der Dieter wurde in Niedersachsen einfach nicht für wählbar gehalten.

        • @Rudolf Fissner:

          Schön wär's.

           

          Bei der Bundestagswahl vor zwei Wochen, bei der Dehm als Sptzenkandidat der Linken kandidierte, bekam DIE LINKE über 200000 Stimmen mehr (7,9 % in Niedersachsen) wie bei der Landtagswahl.

  • Wer in der Opposition auf Bundesebene ist, muss auf Landesebene Wahlen gewinnen. Wir haben die Gewaltenteilung im Deutschland und Gesetze müssen demzufolge auch den Bundesrat passieren. Somit regiert man da doch irgendwie indirekt mit ...

     

    Nicht zu vergessen: es gab enttäuschte Wähler der SPD nach der Bundestagswahl, die anders stimmen würden und Neuwahlen forderten.

     

    Warum und weswegen?

     

    Die SPD entschied sich kurz nach der Bundestagswahl dazu, in die Opposition zu gehen.

     

    Es gibt bei vielen Parteien thematisch Überschneidungen. Und es gibt z.B. linke Wähler, die die Partei die Linke zwar bevorzugen, aber für die SPD stimmen, um die SPD zu stärken und eine Partei in Regierung zu unterstützen, die an der Gesetzgebung direkt mitwirkt...

     

    Jamaika ist viel „konservativer“ als die Großkoalition. Somit sollte die SPD auf Bundesebene noch mehr nach links rücken. Das reicht aber nicht. Gerade von der SPD erwartet man mehr. Die kann Kontrollklagen/Verfassungsklagen auf den Weg bringen.

     

    Die Ministerien werden bald neu besetzt werden. Die SPD muss einsehen, dass die Agenda 2010 einer anderen Partei mehr nutzt als der SPD, obwohl sie diese auf den Weg brachte. In der Opposition ändern sich die Wählerzielgruppen und zwar aus Sicht der Wähler. Und die Mitte der Gesellschaft hat sich verschoben, nach Einkommen gemessen. Und wie die Web.de das richtig feststellte, verlieren die Großparteien CDU und SPD kontinuierlich die Zustimmung. Die Politik der Mitte ist reaktionär.

    https://web.de/magazine/politik/wahlen/bundestagswahl/niedergang-volksparteien-union-spd-kuenftig-schwerer-32551156

     

    Die Bedürfnisse der Wähler werden immer individueller. Und wir haben die Menschenwürde jedes Einzelnen, also muss man die Politik für jeden Einzelnen Menschen in etwa gleich gut machen...

    • @Stefan Mustermann:

      "Wir haben die Gewaltenteilung im Deutschland und Gesetze müssen demzufolge auch den Bundesrat passieren. Somit regiert man da doch irgendwie indirekt mit ..."

      -----------------------------------------------------

      Das stimmt leider nur sehr bedingt!

      https://de.wikipedia.org/wiki/Zustimmungsbed%C3%BCrftiges_Gesetz

  • Als Antwort auf einen Glückwunsch-Tweet von Schulz an Weil hat Heiko Maas geantwortet: "Vielleicht sollte er Parteivorsitzender werden?"

     

    Werden schon Messer gewetzt?

    • @agerwiese:

      Nö. Allenfalls -

       

      "Eifel-Else - im Keller brennt Licht - öh!

      Hab´s ausgemacht."

      Mehr kriegen solch slimkurzbehoste ewige -Obersekundaner doch nie auffe Reihe - wa!

      Messerwetzen? Mach Bosse.

      Eher bricht der sich doch die Finger im

      Hosenstall ab - gell!