„Bürgerwehr“ in Freital: Applaus für Ermittlungen
Nach einem taz-Bericht: Politiker begrüßen die Terrorermittlungen der Bundesanwaltschaft gegen eine Freitaler Neonazi-Gruppe.
Wenige Tage zuvor hatte Rumbergs sächsische Kleinstadt mal wieder bundesweit Schlagzeilen geschrieben. Diese Woche hatte die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe, Deutschlands oberste Ermittlungsbehörde, das Verfahren gegen eine Freitaler „Bürgerwehr“ offiziell an sich gezogen – unter dem Verdacht einer rechtsterroristischen Vereinigung.
Nach dem Auffliegen des Nationalsozialistischen Untergrunds 2011 hatte die Behörde dies bis dahin erst in einem einzigen Fall getan. Clemens Binniger, Vorsitzender des NSU-Untersuchungsausschusses im Bundestag, sprach deshalb von einem „klaren Signal“, dass die derzeitig rechtsextremen Gefahren ernstgenommen würden.
Die taz hatte in ihrer vergangenen Wochenendausgabe rekonstruiert, wie mutmaßlich Mitglieder der „Bürgerwehr“ 2015 über Monate Straftaten begingen – und die Sicherheitsbehörden dies lange nicht verhinderten. So gab es in Freital Brandanschläge auf Flüchtlingsunterkünfte, das Auto eines Linken-Stadtrats explodierte, Flüchtlingsaktivisten wurden mit einem Baseballschläger attackiert. Auch Freitals Bürgermeister Rumberg sorgte für Unverständnis. Er hatte lange behauptet, es sei ein „Klischee“, dass es in seiner Stadt eine „nennenswerte Neonazi-Szene“ gebe.
Überfälliger Schritt
Nun ermittelt die Bundesanwaltschaft gegen fünf Männer und eine Frau, 18 bis 40 Jahre alt, wegen eines rechtsextremen Terrorverdachts. Rädelsführer soll der 27-jährige Busfahrer Timo S. sein. Die taz hatte nachgezeichnet, wie S. seit Jahren bundesweit in der rechtsextremen Szene unterwegs ist – während die Ermittlungsbehörden ihn als unbeschriebenes Blatt bezeichneten.
Nach taz-Informationen soll Timo S. zuletzt zu den Vorwürfen ausgesagt haben. Möglicherweise war dies ausschlaggebend für die Übernahme durch die Bundesanwaltschaft. Die Behörde führte Freital schon länger als Prüffall. Eine Sprecherin wollte sich zu Einzelheiten aufgrund des laufenden Verfahrens nicht äußern.
Wegen der langen Zurückhaltung der Sicherheitsbehörden gibt es auch Kritik. „Die Übernahme durch die Bundesanwaltschaft ist ein längst überfälliger Schritt“, sagte die Grünen-Innenexpertin Irene Mihalic. Auch vier Jahre nach dem NSU würden rechte Straftaten „viel zu schnell“ als lokale Phänomene von Einzeltätern abgetan. „Durch einen so verengten Blick wird die Wahrnehmung solcher Anschläge auf gefährliche Weise verzerrt“, so Mihalic.
Die Linken-Innenpolitikerin Petra Pau beklagte, dass die Bundesanwaltschaft „erst aufgrund von massivem öffentlichen Druck“ eingeschritten sei. „Das ist ein Armutszeugnis, genauso wie die Tatsache, dass die Bundesanwaltschaft in vielen anderne Fällen organisierter Neonazigewalt einfach zuschaut und sich für unzuständig erklärt.“
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