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Bürgerschaftsdebatte zum HochschuletatSchaukampfplatz Wissenschaft

Kürzungen beim Hochschuletat: Der SPD-Senat bricht Wahlversprechen, sagt die Opposition. Die erste Kraftprobe in der Bürgerschaft endet mit einem Unentschieden.

Sorgen um den Wissenschaftsstandort: Wird die Hochschullandschaft zerschlagen? Bild: dpa

HAMBURG taz | Es war der erste Versuch der Opposition, die alleinregierende SPD beim Bruch eines Wahlversprechens zu erwischen: "Sparhammer", "Aderlass", "Abstellgleis" - so lauteten in der Akuellen Stunde der Bürgerschaft am Mittwoch die Etiketten. Die Kraftprobe endete mit einem Unentschieden.

"Unsere Handlungsspielräume sind begrenzt", sagte Wissenschaftssenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD), nachdem die schwarz-grüne Vorgängerregierung "eine desolate Haushaltslage hinterlassen" habe. Kürzungen bei den Hochschulen seien zum Teil bereits im Herbst 2010 beschlossen worden. Wegen "Luftbuchungen" und fragwürdiger Veranschlagungen müssten nun alle Ressorts deutlich sparen.

Für die Wissenschaftsbehörde, so Stapelfeldt, bedeute dies globale Minderausgaben in Höhe von knapp 13 Millionen Euro. Das sei "die Folge von Schlaglöchern im Etat, die Sie zu verantworten haben", ging sie CDU und GAL an. Und bot gleich darauf allen Fraktionen "konstruktive Gespräche über den Wissenschaftsstandort Hamburg" an.

Dieses Angebot schlug niemand aus, gleichwohl zeigte sich CDU-Fraktionschef Dietrich Wersich "fassungslos über den hilflosen Auftritt" Stapelfeldts. Wenn die SPD noch stärker bei den Hochschulen sparen wolle, als Schwarz-Grün das beabsichtigt hatten, "zeigt das, dass Sie aus unseren Fehlern nichts gelernt haben", so Wersich. Schwarz-Grün habe 2010 mit beabsichtigten Kürzungen im Kulturetat mächtig Ärger bekommen: "Das ist ein altbekanntes Drehbuch", nach dem nun die SPD verfahre.

GAL-Fraktionschef Jens Kerstan warf der SPD "eine armselige Argumentation" vor. Gerade Stapelfeldt habe als langjährige Hochschulexpertin in den Ausschussberatungen detaillierte Einblicke in die Planungen gehabt.

Vorige Woche hatte bereits die Hochschulkonferenz Hamburg kritisiert, dass seit November 2009 das Budget der Hamburger Hochschulen um 32 Millionen Euro gesenkt worden sei. "Das wirft den Verdacht auf, dass der Wissenschaftsbereich die Erhöhung der anderen Ressorts finanzieren soll", so Uni-Präsident Dieter Lenzen. Er erwarte, dass vor einem Jahr gemachte Zusagen eingehalten werden. Ansonsten erwäge er, Einrichtungen wie den Botanischen Garten oder das Zoologische Museum zu schließen.

Auch HAW-Präsident Prof. Michael Stawicki hatte die Pläne kritisiert. Für seine Hochschule mit ihren rund 14.000 Studierenden und rund 100 Studiengängen bedeuteten Kürzungen in Höhe von rund 5,6 Millionen Euro den Verlust von mehr als 60 der rund 400 Professorenstellen oder bis zu 1.000 Studienplätzen. "Da könnte ich mich nur noch fragen, mache ich den Flugzeugbau zu oder die Logistik oder die Ernährungswissenschaften."

Die SPD habe im Wahlkampf die Kürzungen von Schwarz-Grün zu Recht kritisiert, befand Linksfraktionschefin Dora Heyenn - "und jetzt verschärfen sie diese noch". Das habe nichts zu tun mit dem "guten Regieren", das Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) angekündigt hatte, so Heyenn: "Das kommt einer Zerschlagung der Hochschullandschaft gleich."

Als Gegenmittel empfahlen CDU und FDP die Beibehaltung von Studiengebühren. Diese abzuschaffen, würde "die Finanzlage der Hochschulen weiter verschärfen", sagte Thilo Kleibauer (CDU). Von einer "schweren Gefährdung des Wissenschaftsstandorts" sprach gar FDP-Fraktionschefin Katja Suding, die die Gebühren ein "vernünftiges Element der Hochschulfinanzierung" nannte.

Unsinn, zumindest aus Sicht des Haushaltspolitikers der Linken, Joachim Bischoff: "Die Universitäten sind strukturell unterfinanziert", sagte der, "und Studiengebühren gehören abgeschafft."

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3 Kommentare

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  • W
    Weißnix

    Ich bin der gleichen Meinung und finde man müsste diese Partei in SHPD= Soziale Härte Partei Deutschlands umbenennen. EIN SKANDAL, dass die Kürzungen so wenig in den Medien anklingen. Das ist ein Armutszeugnis für die Bildungslandschaft in Deutschland. UND es ist ein Skandal, dass die Bundespolitik sich einen Kehricht um solche Kürzungen scherrt. Wo ist die ausberufene "Bildungsrepublik" von Schwarz-Gelb...aber nein, demnächst wird wieder nach Steuersenkungen geschrien und in drei bis vier Jahren von der Wirtschaft dann kritisiert, dass wir zu wenig Fachkräfte haben und zu wenige akademisch ausgebildete junge Leute...Dann wird wieder Geld in die Green Card gesteckt etc. dass wäre an sich ja gut aber nicht wenn wir dem Ausland deren Akademiker "klauen", die sie doch selbst auch gebrauchen könnten...DIE POLITIK scheint halt nichts als leere Wahlversprechen machen zu können...Man müsste endlich eine Prozentklausel in die Verfassung rein schreiben, das 50% der Wahlversprechen umgesetzt werden müssen,...damit endlich dieses geblabba der Politiker aufhört...Nichts gelernt somit das Fazit. Danke Olaf Scholz, der dies uns Studenten so klar vor Augen führt.

  • S
    Student_aus_HH

    Man sollte aber denken, daß die Hamburger Hochschullandschaft nicht nur aus der "Haupt-Uni" besteht. Diese ist mit 38.000 Studierenden zwar die mit Abstand größte Universität des Landes, aber beherbergt insgesamt die Hälfte aller Studierenden in der Hansestadt.

     

    Über die Lehrbedingungen an HAW, TUHH oder HCU habe ich bisher nur beneidenswerte Erfahrungen hören und sammeln können. Daher stellt sich auch die grundlegende Frage, ob Hamburg, deren Hochschule in den letzten Jahrzehnten unaufhaltsam wuchs und auch finanziell stets größer wurde, noch weiter unzählige exotische Studiengänge anbieten sollte, wenn es für Juristen, VWLer und Soziologen ziemliche marode -- im wahrsten Sinne des Wortes -- aussieht.

     

    Sollte Hamburg die Anlaufstelle für 10.000 weitere Studierenden sein -- oder könnte Hamburg auch mit 70.000 "Studis" ganz gut dastehen? Man sollte bedenken, daß Hamburg nun mal auch viele andere Posten zu bedienen hat, durch die die restlichen Bundesländer profitieren.

     

    Pro Kopf hat ein Hamburger 10x so viel wie ein Bayer (insgesamt als Land ebenfalls mehr) in den Länderfinanzausgleich geschoben, obwohl aus Berlin jährlich Milliarden für Infrastrukturprojekte, Militärstützpunkte, Rüstungs- und Bundesaufträge, Subventionen in Richtung Süden fließen. Gleichzeitig überlegt man in Berlin, ob eine S4 oder Elbvertiefung im Vergleich zu einer neuen Donauschneise, Autobahn oder Bahnstrecke ebenfalls von "nationaler Bedeutung" sei.

     

    Und auch der Hafen, den viele "Auswärtige" als Gelddruckmaschine ansehen, frisst jährlich mehr Geld, als er einbringt. Aber er ist ein großer Arbeitgeber -- soll der Senat diese durch Einfrieren der Unterstützung auf die Straße setzen, wo sie dann durch Bundesmittel Geld erhalten?

     

    Bei allem Föderalismus und Solidarität: Auch die Freie und Hansestadt an der Elbe kann nicht sämtliche Aufgaben gleichzeitig erfüllen. Im Umkreis von 150km gibt's zig Universitäten und Fachhochschulen, deren Städte sich auf ihr Feld konzentrieren können und die nicht all diese Posten zu bedienen haben, die den Haushalt Hamburgs bedrücken.

     

    Gegen 30- bis 40.000 Studierende, die auf hohem Niveau eine sehr gute Lehre erhalten (wie es für viele hamburgische Studierende bereits der Fall ist), ist nichts einzuwenden -- im Gegenteil. Das Geld kommt ja doppelt und dreifach zurück. Aber neben billigen Waren und wenigen Arbeitslosen nun auch noch jeden Abiturienten Deutschlands ein möglichst exklusives, exotisches Fach anbieten und die Zahl an Studierenden, die dann größtenteils das Land wieder verlassen, noch weiter erhöhen; darunter leiden letztendlich alle. In Berlin läßt es sich doch auch gut studieren.

  • HN
    HANS NIX

    Wenn es ein echtes dunkles Loch der SPD-Regierung (mit einer UNterbrechung 1947-2001) gibt, dann wohl, wie die Partei die Universität von 1980 bis 2001 kaputt gemacht hat. Dass sie dort wieder ansetzen, kann niemanden überraschen: Es ist eben die lokale Agenda 2010 der Partei und ihres Olaf Scholz. Der spart, wo es seiner Meinung nach geht und da er nichts von Bildung, Wissenschaft und dem Wissenschaftsstandort hält, spart er eben bei der Uni.

    Der Uni-Präsident kann diesen Protest eh nicht länger aufrecht erhalten. Noch zwei Wochen und er muss zurücktreten. Sonst wären seine Texte ja leere Drohungen.

    Schade, dass zuwenige Hamburger durch den Schnee zur Wahlurne gefunden haben. Andererseits sieht jetzt wirklich jeder, was die SPD ist, was sie will, wie sie es macht. Die Studiengebühren streicht sie, dafür spart sie dann eine kaputte Uni wieder kaputter. Genau wie seit Ende der 1970er Jahre. Die Kinder dieser SPD-Politiker gehen wahrscheinlich in andere Bundesländer oder auf Privatuniversitäten.