Bürgermeisterposten in Brandenburg: Bloß nicht noch einen AfDler wählen!
Nach der bundesweiten Empörung, weil sie ein AfD-Mitglied zum Bürgermeister gewählt hatten, verweigern die Stadtverordnten in Lebus die Arbeit.
Eine Wahlkabine ist im Kulturhaus von Lebus (Märkisch-Oderland) schon aufgebaut. Doch zur Bürgermeisterwahl selbst kommt es am Donnerstagabend gar nicht. Joachim Naumann (CDU) eröffnet die Sondersitzung der Stadtverordnetenversammlung zwar wie geplant um halb sieben, aber die meisten Stühle an seinem Tisch sind leer: Nur vier der 13 Stadtverordneten sind gekommen, das Gremium ist damit nicht beschlussfähig.
Vor zwei Wochen hatten die Stadtverordneten das AfD-Mitglied Detlev Frye zum stellvertretenden Bürgermeister gewählt – was bundesweit Schlagzeilen machte. Hinterher stellte sich heraus, dass die Wahl ungültig war: Die Stadtverordneten hätten die Bürger vorher über Wahl und Kandidaten informieren müssen. Die für Donnerstag angesetzte Wahl war nötig geworden, nachdem Ende Oktober sowohl die ehrenamtliche Bürgermeisterin und ihre Stellvertreterin aus persönlichen Gründen zurückgetreten waren.
Naumann findet deutliche Worte für das Verhalten der Verordneten am Donnerstagabend: Das sei „mehr als peinlich“. Er habe nicht die Absicht, die Wahl zum Bürgermeister erneut auf die Tagesordnung zu setzen. Damit bleibt Naumann bis zur regulären Wahl voraussichtlich im Februar kommissarischer Leiter von Lebus.
Manfred Kürzer, fraktionsloser Stadtverordneter, begrüßt das. „Das ist mein Wunschergebnis. Denn so, wie die Wirkung eines AfD-Mitglieds in der Öffentlichkeit war, ist das die bessere Lösung“, sagte er. „Dann können sich jetzt auch andere bewerben.“ Doch auch der AfDler Frye, der sich wieder zur Wahl stellen wollte, war zufrieden mit dem Ausgang. Das sei überraschend, aber eine gute Lösung. Er sei sehr zufrieden mit Naumann und sicher, dass er die Aufgabe gut machen werde.
Unzufrieden waren dagegen die Bürger. Rund 30 Lebuser waren ins Kulturhaus gekommen. Einige fühlten sich von den Stadtverordneten im Stich gelassen und äußerten sich empört – ganz unabhängig davon, ob sie selbst Frye als Bürgermeister unterstützten oder lieber verhindern wollten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Stellenabbau bei Thyssenkrupp
Kommen jetzt die stahlharten Zeiten?
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Iran als Bedrohung Israels
„Iran könnte ein Arsenal an Atomwaffen bauen“