Bürgerkrieg in Syrien: Vize-Ölminister läuft über
Der stellvertretende Ölminister des syrischen Regimes hat sich offenbar den Aufständischen angeschlossen. Das US-Verteidigungsministerium prüft Interventionsmöglichkeiten.
ISTANBUL/BEIRUT dapd/dpa | In Syrien wenden sich offenbar immer mehr Funktionäre von Präsident Baschar al-Assad ab. Bei YouTube tauchte in der Nacht zum Donnerstag ein Video auf, in dem sich ein Syrer als Vize-Ölminister Abdo Hossam al-Din identifiziert und seine Unterstützung für den Aufstand gegen das Regime erklärt. Ob es sich bei dem Mann tatsächlich um den syrischen Vize-Minister handelt, war zunächst nicht zu klären.
Der Mann, der in Anzug und Krawatte auf einem Sofa sitzt, sagt, er wolle seine 30-jährige Karriere im Staatsdienst nicht damit beenden, dass er die Verbrechen dieses Regimes billige. Er wisse, dass sein Haus nun vermutlich angezündet werde. Seine Familie müsse mit Verfolgung rechnen, und man werde Lügen über ihn verbreiten. Trotzdem habe er nicht länger schweigen können.
Angesichts der anhaltenden Gewalt in Syrien prüft das Pentagon auf Anweisung von US-Präsident Barack Obama militärische Optionen in dem arabischen Land. Dazu könne die Durchsetzung einer Flugverbotszone zählen, sagte Generalstabschef Martin Dempsey am Mittwoch vor dem Verteidigungsausschuss des US-Senats.
Allerdings halte Obama Wirtschaftssanktionen und diplomatischen Druck noch immer für die geeignetsten Mittel, um den syrischen Präsidenten Baschar Assad zum Rücktritt zu zwingen.
Empfohlener externer Inhalt
Der Preis eines Militäreinsatzes
Das US-Verteidigungsministerium habe einen Untersuchungsbericht über Einsatz, Feind, Gelände und Truppenstärke angefertigt, sagte Dempsey in Washington. Sollte die Entscheidung für ein militärisches Eingreifen in Syrien fallen, seien die US-Streitkräfte bereit.
Allerdings warnten Dempsey und US-Verteidigungsminister Leon Panetta vor einer leichtfertigen Intervention. „Unilaterale Schritte zu unternehmen, würde keinen Sinn ergeben“, sagte Panetta vor dem Senatsausschuss. So müsse man sich über einen Militäreinsatz und dessen Preis im Klaren sein.
Zuvor hatten einige Senatoren militärische Schritte gegen die Regierung in Damaskus gefordert. Der republikanische Senator John McCain rief Präsident Obama dazu auf, die Gewalt gegen die Opposition in Syrien mit Luftangriffen zu stoppen.
Dempsey und Panetta beschrieben die syrische Flugabwehr als hoch entwickelt und warnten vor der großen Menge chemischer und biologischer Waffen im Land. Die Situation sei keinesfalls mit der Lage in Libyen im vergangenen Jahr vergleichbar.
Die syrischen Streitkräfte seien wesentlich besser ausgerüstet. Eine Offensive aus der Luft würde den Einsatz zahlreicher Kampfflugzeuge über einen langen Zeitraum erfordern, sagte Dempsey. Da sich der Großteil der Flugabwehrsysteme in dicht besiedelten Gebieten befinde, seien zudem zahlreiche Tote zu befürchten, sagte Panetta.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Neue israelische Angriffe auf Damaskus
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Russlands Nachschub im Ukraine-Krieg
Zu viele Vaterlandshelden