Bürgerkrieg in Syrien: Rebellen verlassen offenbar Aleppo
Die iranische Regierung sagt Assad Unterstützung gegen Syriens „Feinde“ aus dem Ausland zu. Der frühere Anwalt des „Kalifen von Köln“ ist angeblich in Syrien getötet worden.
BEIRUT/ALEPPO rtr/dapd/afp | In Syrien haben Rebellen nach eigenen Angaben in einem heftig umkämpften Teil der Wirtschaftsmetropole Aleppo ihre Stellungen aufgegeben. „Wir sind auf dem Rückzug, weg von hier“, rief ein einzelner Kämpfer der Rebellen am Mittwoch Reuters-Journalisten entgegen, als diese im Bezirk Salaheddine ankamen. Ein über die ganze vergangene Woche hinweg von den Rebellen kontrollierter Checkpoint war nicht mehr zu sehen. Lediglich eine Fahne der Opposition markierte noch den ehemaligen Übergang.
Vertreter syrischer Sicherheitsbehörden sagten dem libanesischen TV-Sender Al-Manar, syrische Truppen kontrollierten nun den Bezirk Salaheddine.
Es waren Explosionen zu hören: Offenbar wurden Gebäude in der Nähe unter Beschuss genommen. Rund einen Kilometer von Salaheddine entfernt flogen Hubschrauber über eine Polizeiwache, die noch in der Hand von Rebellen war. Kämpfer rannten wild umher und riefen in Funkgeräte: „Die Armee ist eingedrungen, die Armee ist eingedrungen.“ Ein Kommandeur der Rebellen, der sich als Abu Ali ausgab, sagte, er habe Informationen erhalten, dass die Armee Salaheddine eingenommen habe.
Iranische Regierung unterstützt Assad
Bei einem Besuch in Damaskus hat der iranische Gesandte Said Dschalili dem syrischen Präsidenten Baschar Assad die Unterstützung Teherans gegen Syriens „Feinde“ aus dem Ausland zugesichert. Assad trat anlässlich des Besuchs erstmals seit einem tödlichen Bombenanschlag auf vier seiner engsten Vertrauten am 18. Juli im Staatsfernsehen auf. Dschalili, Sekretär des Obersten nationalen Sicherheitsrats des Irans, versprach Assad öffentlich zwar keine größere Militärhilfe. Dennoch verfolgte der Besuch nach Ansicht von Beobachtern das Ziel, Spekulationen zu zerstreuen, wonach Teheran Vorbereitungen für den Fall eines möglichen Sturzes von Assad treffe.
Mit Blick auf 48 Iraner, die am Samstag von syrischen Rebellen bei Damaskus gefangen genommen wurden, sagte Dschalili, Teheran werde alles tun, um ihre Freilassung zu erreichen. Das iranische Außenministerium erklärte, es mache die USA für das Schicksal der Gruppe verantwortlich. Die amtliche Nachrichtenagentur IRNA berichtete, das Außenministerium habe am Montagabend den Schweizer Botschafter einbestellt, um die Erwartung deutlich zu machen, dass Washington sich für eine Freilassung der Iraner einsetze. Die Schweiz vertritt die diplomatischen Interessen der USA in Teheran. Außenminister Ali Akbar Salehi bat UN-Generalsekretär Ban Ki Moon, sich für die Iraner zu verwenden.
Nach Angaben der Rebellen handelt es sich bei den Iranern um Mitglieder der Revolutionsgarden auf einer Spionagemission. Nach Darstellung Teherans sind die Iraner dagegen Pilger, die einen schiitischen Schrein besuchten. Nach Angaben der Rebellen wurden drei der Iraner am Montag bei einem Angriff von Regierungstruppen auf Damaskus getötet. Die Rebellen drohten, die anderen Iraner zu töten, sollte das Bombardement nicht aufhören. Die Angaben konnten von unabhängiger Seite nicht überprüft werden.
Türkei kritisiert Iran
Die Türkei kritisierte den Iran unterdessen für Anschuldigungen, Ankara sei für das Blutvergießen in Syrien verantwortlich und unterstütze die „Kriegstreiberei" der USA. Der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu verurteilte die Äußerungen aus dem Nachbarland am Dienstag als unbegründet und als „unangemessene Bedrohung". Wenig später traf sein iranischer Kollege Salehi in der türkischen Hauptstadt ein. Dort wollte er über die Entführung der 48 Iraner in Syrien sprechen.
Die halbamtliche iranische Nachrichtenagentur Fars hatte am Vortag den iranischen Militärchef Hasan Firusabadi mit entsprechenden Vorwürfen an die Türkei, Katar und Saudi-Arabien zitiert. Dem Bericht zufolge warnte er, die drei Länder würden nach einem Fall Assads zu Zielscheiben des Terrornetzwerks Al-Kaida werden.
Anwalt des „Kalifen von Köln“ angeblich getötet
Der frühere Anwalt des „Kalifen von Köln“ in der Türkei ist nach Medienberichten als islamistischer Kämpfer in Syrien getötet worden. Die Familie von Osman Karahan teilte nach einer Meldung der Zeitung "Vatan" vom Mittwoch mit, der Anwalt habe den "Existenzkampf der syrischen Muslime" unterstützen wollen und sei in Aleppo getötet worden. Sollten sich die Angaben bestätigen, wäre es der erste konkrete Beweis für die Teilnahme türkischer Islamisten an den Kämpfen in Syrien.
Karahan war in der Türkei unter anderem Mitglied des Anwaltsteams des als „Kalifen von Köln“ bekannten Islamisten Metin Kaplan, der 2000 wegen öffentlicher Aufforderung zu Straftaten zu vier Jahren Haft verurteilt und 2004 aus Deutschland in die Türkei abgeschoben wurde. Derzeit verbüßt er eine 17-jährige Haftstrafe.
Auch im Prozess gegen den syrischen Extremisten Louai Sakka, der als Drahtzieher der bisher schlimmsten islamistischen Anschläge in der Türkei zu lebenslanger Haft verurteilt wurde, trat Karahan als Verteidiger auf. Sakka, ein mutmaßliches Mitglied des Terrornetzwerks al-Qaida, leitete demnach die Vorbereitungen für insgesamt vier Bombenanschläge auf Synagogen und britische Einrichtungen in Istanbul, bei denen im November 2003 rund 60 Menschen starben.
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