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Bündnis Sahra WagenknechtRegieren statt Sektieren

In Bremen und Mecklenburg-Vorpommern blieb das Beben nach dem Wagenknecht-Abgang aus. Im restlichen Norden haben einige Promis die Partei verlassen.

Landet bei manchen frisch ausgetretenen Mitgliedern nun wohl im Müll: Buttons der Linkspartei Foto: Westlight/Imago

Hamburg taz | Als am Montagvormittag um 10 Uhr in Berlin der Bruch der Linkspartei öffentlich besiegelt wurde, war wenige Minuten später klar, dass das noch junge „Bündnis Sahra Wagenknecht“ nun schon zum zweiten Mal aus dem niedersächsischen Oldenburg angeführt wird: „Ich bin die Vorsitzende dieses Vereins“, sagte die Bundestagsabgeordnete und aktuell noch amtierende Linken-Fraktionschefin Amira Mohammed Ali.

In der Bundespressekonferenz hatte sie erklärt, am Morgen aus der Partei ausgetreten zu sein und mit Wagenknecht eine neue politische Initiative angehen zu wollen.

An der Spitze dieses vorerst als Verein organisierten Projekts löst sie damit den ebenfalls aus Oldenburg stammenden Ratspolitiker Jonas Höpken ab, der dem Vereinsregister zufolge seit der Eintragung vor wenigen Wochen als sein Vorsitzender fungiert. Höpken war 2021 Linken-Kandidat für die Wahl zum Oldenburger Oberbürgermeister und hatte, seit vor einigen Tagen bekannt wurde, dass er bei Wagenknechts Neugründung hilft, Kritik und die Forderung nach einem Parteiaustritt auf sich gezogen.

Zwar war er bis Redaktionsschluss für Nachfragen nicht erreichbar, jedoch steht auch sein Name unter der Stellungnahme mehrerer Bundestagsabgeordneter, die die Partei verlassen haben und Wagenknecht folgen.

Abgang von Hamburgerin Nastić überrascht nicht

Dass dort auch der Name der Hamburger Bundestagsabgeordneten Żaklin Nastić auftaucht, überrascht hingegen kaum: Mit ihrem Landesverband liegt sie schon seit Längerem im Clinch. In den öffentlich ausgetragenen Schlammschlachten führte Nastić sogar schon strafrechtlich relevante Vorwürfe an, ihr Wahlkreisbüro hat sie seit einigen Monaten nicht mehr in den Parteiräumen.

Vor allem in der Außen- und Friedenspolitik gehörte Nastić, seit 2017 im Bundestag, innerhalb des Hamburger Landesverbands einer Minderheit an. Auch die Hamburger Bürgerschaftsfraktion steht weitgehend geschlossen inhaltlich nicht hinter der Bundestagsabgeordneten. Bitter ist für die Landespartei dennoch, dass das einzige Hamburger Linkenmandat in Berlin damit weg ist: Bei der Vorstellung erklärten die Abtrünnigen um Wagenknecht und Mohammed Ali, ihre Bundestagsmandate behalten zu wollen.

In beiden Landesverbänden dürfte es nun zu einer moderaten Austrittswelle kommen: Sowohl in Hamburg als in Niedersachsen hatten sich in den vergangenen Monaten schon Netzwerke gebildet, die sich ziemlich klar von der Partei distanzierten und offen über eine Alternative nachdachten. Hamburgs Landesgeschäftsführer Christoph Tiemann teilte am Nachmittag aber auf Nachfrage mit, dass bislang lediglich eine einstellige Zahl an Austrittserklärungen eingegangen sei.

Während es in Niedersachsen und Hamburg nun also prominente Linkenabtrünnige gibt, sieht es in Bremen und Mecklenburg-Vorpommern anders aus. Im Gegensatz zu jenen Landesverbänden, die entweder nicht einmal im Parlament vertreten sind oder in der Opposition sitzen, regiert die Linke hier mit. Zumindest am Montag zeigte sich, dass die Spaltung der Partei kurzfristig keine Folgen in den beiden Nordländern haben wird.

„Wir bleiben alle in der Linken“, gaben die Bremer Fraktionsmitglieder, die Se­na­to­r:in­nen und die Mitglieder des Landesvorstands in einer gemeinsamen Stellungnahme bekannt. „Die Linke hat im Land Bremen immer den Kurs einer sozialistischen Partei verfolgt, die konkrete Politik für universelle Gerechtigkeit macht, statt benachteiligte Gruppen gegeneinander auszuspielen“, heißt es in der Stellungnahme. „Diesen Kurs werden wir weiterverfolgen.“

Mecklenburg-Vorpommerns Landesvorsitzende tritt zurück

Und in Mecklenburg-Vorpommern ist mit Simone Oldenburg eine Linkenpolitikerin stellvertretende Ministerpräsidentin, die sich den Abtrünnigen offenbar nicht anschließt. In der Vergangenheit galt Oldenburg zwar nicht als entschiedene Gegnerin Wagenknechts und unterstützte zum Teil ihren innerparteilichen Kurs, gehörte aber auch nicht zu ihrem engeren Umfeld.

Bereits am Wochenende kritisierte der Landesvorstand in Mecklenburg-Vorpommern die sich abzeichnende Abspaltung. Zeitgleich zur Pressekonferenz von Wagenknecht am Montagmorgen gab allerdings die Landesvorsitzende der dortigen Linken ihren Rücktritt bekannt. Vanessa Müller war erst im Frühjahr 2022 Co-Vorsitzende geworden.

„Mit nur 21 Jahren wurde ich Landesvorsitzende dieser Partei und es war eine durchwachsene Reise seitdem“, teilte sie am Montag mit. Mit der Wagenknecht-Partei habe ihr Rücktritt nichts zu tun. Sie wolle auch Mitglied der Linken bleiben. „Aus persönlichen Gründen ist es mir nicht möglich, dieses Amt bis zum Ende meiner Legislaturperiode auszuführen.“

Wie sich der Zulauf zum Wagenknecht-Projekt im Norden entwickeln wird, dürfte sich frühestens im kommenden Jahr zeigen. Bis dahin wollen Wagenknecht und ihr Umfeld weiter innerhalb der Vereinsstruktur arbeiten, erst dann soll eine Partei samt Landesverbänden gegründet werden, um bei der Europawahl im kommenden Juni anzutreten.

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4 Kommentare

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  • Vielleicht ist es ja gar nicht so schlecht, wenn ehemalige AfDler sich von Höcke und Konsorten ab- und sich einer gemäßigteren Partei zuwenden...

    • @Birdy:

      Im Jahre 2023 schämt man sich nicht mehr dafür, die AfD zu wählen. Und daß die AfD-Wähler zuverlässig zwischen dem Original und den vielfältigen Plagiaten zu unterscheiden wissen, bedürfte nun auch keines weiteren Beweises.

  • BSW wird ein Auffangbecken für Gescheiterte unterschiedlicher Art. Das kann auch Erfolg haben (s. AFD), aber zu wünschen ist es ihnen nicht.



    Ich finde es wirklich bedauerlich, dass man Wagenknecht gewähren und sie das Ende ihrer Zeit in der Partei Die Linke selber bestimmen ließ. Ich bin aber sehr gespannt, ob es die Partei schafft sich neu zu (er)finden. Ohne den Anhang von Wagenknecht und mit der notwendigen Offenheit für Neue und Neues könnte progressive linke Politik ja durchaus möglich sein.

    • @NurFürDieKommentareHier:

      Frau Wagenknecht ist wohl nicht so naiv nicht zu wissen, daß sie in hinreichender Anzahl Leute anziehen wird, die sie nicht haben will. Zumindest hat sie das gesagt. Ob dieses Wissen dann auch seinen Niederschlag in der Praxis findet, wird man sehen.