Buch über den Wu-Tang-Clan: Kung-Fu und Zahlenmystik

Eva Ries war Managerin des HipHop-Kollektivs Wu-Tang Clan. In ihrem Buch „Wu-Tang is forever“ erzählt sie die Erfolgsgeschichte der Supergroup.

Ein Sänger im Rampenlicht

RZA bei einem Life-Konzert der Band Wu tang Clan in Oslo im Mai 2019 Foto: Per-Otto Oppi/Gonzales Photo/imago

Das Buch „Wu-Tang is forever: Im engsten Kreis der größten Band der Welt“ erzählt die Geschichte einer jungen deutschen Werbefotografin, die durch ein Stipendium und Praktika in die US-amerikanische Musikindustrie gelangte und schließlich zur Managerin des Wu-Tang Clans wurde. Über 20 Jahre lang war Eva Ries für den Erfolg der Band mitverantwortlich, begleitete sie auf Tour und war an Albumproduktionen beteiligt.

Neben der Erfolgsgeschichte des Wu-Tang Clans beschreibt sie auch ihren eigenen Aufstieg innerhalb der Clanhierarchie und versucht die Frage zu beantworten, wie eine weiße Mannheimerin sich den Respekt der New Yorker Rapper verschaffen konnte. Ihre Antwort darauf: indem sie ihnen die Stirn bot, sich nicht anbiederte, aber auch ihre Realität kennenlernte.

Sie beschreibt den Kulturschock, den sie in den Vororten New Yorks erlebte, ebenso wie den der Band bei ihrer ersten Europatour, auf der Ries sie begleitete. Beide Seiten hätten, so das Fazit, viel voneinander gelernt.

„Wu-Tang is forever“ ist kein Buch über Musik, sondern eins über eine Band – geschrieben aus der Perspektive der Musikindustrie. Es geht viel um Verkaufszahlen und kommerziellen Erfolg, aber auch um die Menschen dahinter. Ries beschreibt detailliert die einzelnen Mitglieder des Wu-Tang Clans und ihre oft komplizierten Beziehungen untereinander.

Einblicke in die Banddynamik

Dabei werden Konfliktlinien innerhalb der Band deutlich, aber auch zwischen den Künstlern und ihrem Umfeld. Dieser Einblick in die Dynamik des Clans macht deutlich, vor welchen Herausforderungen eine Supergroup wie der Wu-Tang Clan steht, die aus neun herausragenden Solokünstlern zusammengesetzt ist.

Zusammengehalten wird der Clan von seinem Gründer RZA dank einer Mischung aus immer wieder neu ausgehandelten Verträgen und geschickter Diplomatie. Dass einige der Künstler untereinander verwandt sind, war dabei nicht immer hilfreich.

Ebenso spannend ist die Einführung in die ästhetischen und inhaltlichen Einflüsse des Wu-Tang Clans. Ries beschreibt die Begeisterung für Kung-Fu und Mafiafilme, die sich in Texten, Musikvideos und Albencovern wiederfinden.

Sie verfolgt außerdem ideologische Einflüsse, die die Philosophie des Clans stark geprägt haben. Dazu gehört fernöstliche Mythologie ebenso wie die Five Percent Nation, der viele Mitglieder des Wu-Tang Clans angehören. Die religiös-politische Bewegung ging Mitte der 60er Jahre aus der Nation of Islam hervor und hat viele New Yorker HipHop-Künstler beeinflusst. Der Wu-Tang Clan greift in etlichen Songs die Lehren der Five Percenter auf und nutzt deren Begriffe und Zahlenmystik.

Nah am Voyeurismus

Ries erzählt Anekdoten aus 20 Jahren Wu-Tang Clan und zeichnet dabei das Bild einer unangepassten Band. Kapitellang geht es um Ausraster und zerstörte Backstagebereiche, um geklaute Champagnerflaschen und kurzfristig geplatzte Interviews.

Obwohl sie als Tourmanagerin oft genug die Konsequenzen zu spüren bekam, bringt sie viel Verständnis für die Mitglieder des Wu-Tang Clans auf. Die Künstler seien in den benachteiligten Bezirken New Yorks aufgewachsen, Gewalt und Kriminalität gehörten zu ihrem Alltag, Street Smartness sei oft die einzige Lösung.

Diese Erzählung von den unkontrollierbaren Rappern, die sie entgegen allen Erwartungen in ihren inneren Kreis aufnahmen, droht dabei leider immer wieder ins Voyeuristische abzugleiten. In einem Kapitel beschreibt Ries einen Videodreh des deutschen Musiksenders Viva, bei dem die Polizei nach einer Schießerei Mitglieder des Clans verhaften wollte. Die Kameraleute seien erschrocken gewesen, aber auch begeistert über ihr Filmmaterial. So liest sich auch „Wu-Tang is forever“.

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