Buch über NSA-Spionage: Was die DDR schon wusste
Ein früherer Stasi-Analytiker schreibt, dass die Methoden der NSA schon vor Jahrzehnten bekannt waren. Und zwar in Ostberlin.
Der Kalte Krieg tobt weiter, mittlerweile zwischen Buchdeckeln. Wer wusste wann was über die Machenschaften des US-Geheimdienstes? Die Aufklärung der DDR kam der NSA schon vor Jahrzehnten auf die Schliche, behauptet das Buch „Imperium ohne Rätsel“ mit dem Untertitel „Was bereits die DDR-Aufklärung über die NSA wusste“ (Edition Ost). Verfasser ist Klaus Eichner, Exchefanalytiker der DDR-Aufklärung mit Spezialisierung auf die Geheimdienste der USA.
Eigentlich sollte 2013 im gleichen Verlag ein Buch des US-Amerikaners Jeffrey M. Carney erscheinen, Unteroffizier der Fernmeldeaufklärung der Air Force in Westberlin und Topstasiagent. 1983 passierte er die Grenze, er wollte in der DDR leben. Doch die Stasi schickte ihn zurück, als IM „Kid“. Später flüchtete er nach Ostberlin und wurde als Jens Karney eingebürgert.
1991 entführte ihn der US-Geheimdienst OSI, er wurde zu 38 Jahren Haft verurteilt, von denen er 12 absaß. Als Carney sein Buch beendet hatte, wollte er es der Prüfstelle der Luftwaffe vorlegen. Der Verlag beendete die Zusammenarbeit und Carney publizierte sein Kalte-Kriegs-Tagebuch im Selbstverlag und mit geschwärzten Stellen.
Carney gehört in Eichners Buch zu den „DDR-Aufklärern gegen die NSA“, ebenso der Geheimdienstexperte Julius Mader, der 1959 „detaillierte Angaben über das weltweite System der Funkabhörmaßnahmen unter Leitung der NSA“ publizierte und viele Informationen von der Stasi bekam, für die er Offizier im besonderen Einsatz war. „Der DDR-Autor“, so Eichner, „verwies vor mehr als einem halben Jahrhundert darauf, dass die elektronische Aufklärung der NSA sich auch gegen Partner der USA und neutrale Staaten richtete.“
Bei Carney sieht Eichner „die Ingredienzien“, die nun beim NSA-Skandal sichtbar werden: „So wird dort seit Jahrzehnten gearbeitet.“ Die Überwachung durch die NSA sei aber „nicht der Kern des Problems“, sondern „der imperiale Drang der Großmacht USA, ihren globalen Herrschaftsanspruch mit Hilfe der NSA im elektronischen Krieg gegen Feind wie Freund durchzusetzen“. Dieser Überzeugung sei die DDR „aus politischen Gründen“ gewesen – und „weil ihre Aufklärer die Beweise brachten“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Russischer Angriff auf die Ukraine
Tausend Tage Krieg
Kanzlerkandidat-Debatte
In der SPD ist die Hölle los
Verfassungsklage von ARD und ZDF
Karlsruhe muss die unbeliebte Entscheidung treffen
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört