Buch über Extremismus der AfD: Völkischer Vormarsch
In „Angriff auf Deutschland“ warnen Michael Kraske und Dirk Laabs vor der AfD. Sie zeigen, wie extremistisch die Partei inzwischen ist.
Was tun mit der AfD? Spätestens seit den Wahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg ist klar, dass die Partei die deutsche Innenpolitik nicht nur dadurch beeinflusst, dass die bürgerliche Konkurrenz ihre Themen und ihre populistischen Verkürzungen komplexer Probleme aufgreift und übernimmt – und damit einmal mehr die Binsenweisheit ignoriert, dass die Leute am Ende lieber das Original wählen. Die AfD zwingt darüber hinaus die demokratischen Parteien zu völlig neuen Koalitionen und kann mit ihrer Sperrminorität inzwischen auch selbst Einfluss auf politische Entscheidungen nehmen.
Das war bereits vor den Wahlen absehbar, wie man in „Angriff auf Deutschland. Die schleichende Machtergreifung der AfD“ von Michael Kraske und Dirk Laabs nachlesen kann, das Ende August erschien. Es beginnt mit einer Szene vom Februar 2020, als die Dresdener Pegida-Bewegung ihr Jubiläum feierte. Es war der 200. „Spaziergang“, den die „Patrioten gegen die Islamisierung des Abendlands“ unternahmen. Als Stargast erklomm Björn Höcke, ehemaliger Gymnasiallehrer aus Hessen, Kopf der AfD in Thüringen und Stichwortgeber und Führer des völkischen Flügels der Partei, die Bühne.
Höcke erklärte Deutschland zum „Irrenhaus“ und drohte, nach der Machtübernahme seiner Partei werde man die „sogenannte“ Zivilgesellschaft „trockenlegen müssen“. Dann raunte er im Geiste des rechtsextremen Ethnopluralismus von einer angeblichen „Transformation“, die gerade stattfände, dem „großen Umbau“, dessen Ziel die „Überwindung der Völker“ und „der Kulturen“ sei.
Kraske und Laabs zitieren im Folgenden über viele Seiten Äußerungen von AfD-Funktionären, die noch weitaus radikaler sind. Das rechtsextremistische Gedankengut, das in Teilen der Partei gepflegt wird, ist bereits häufig dokumentiert worden, unter anderem in den Berichten der Verfassungsschutzämter. Die beiden Journalisten legen überzeugend dar, dass das nicht bedauerliche Ausrutscher und Einzelfälle sind, sondern inzwischen wesentlich das Denken innerhalb dieser einstmaligen Partei der Eurokritiker widerspiegeln.
Michael Kraske/Dirk Laabs: „Angriff auf Deutschland. Die schleichende Machtergreifung der AfD“. C. H. Beck Verlag, München 2024, 350 Seiten, 18 Euro
Bereits im Jahr 2017 verhöhnte Höcke das Berliner Holocaustmahnmal als „Denkmal der Schande“ (was allerdings nicht besonders originell war, Spiegel-Herausgeber Rudolf Augstein hatte es schon vor Jahrzehnten als ein gegen Deutschland gerichtetes „Schandmal“ bezeichnet).
Streben nach Hegemonie
Es waren Publizistinnen und Politiker der bürgerlichen Mitte, die seit der Wiedervereinigung den Rechtsextremisten vor allem im Osten der Republik nicht nur das Feld überlassen, sondern deren Streben nach Hegemonie aktiv unterstützt haben, indem sie zivilgesellschaftlichen Widerstand dagegen mit Verweis auf das Hufeisenmodell der Extremismustheorie immer wieder als Linksextremismus diffamierten.
Davon berichtet „Angriff auf Deutschland“ nicht, was man als Manko sehen könnte – die sogenannte „Mitte“ entlassen die Autoren dennoch nicht aus der Verantwortung. Sie skandalisieren den Umstand, dass auch heute zivilgesellschaftliche Organisationen in ihrer Finanzierung bedroht sind, „die manches Mal auf fast verlorenem Posten gegen die Radikalisierung ganzer Landstriche“ ankämpften.
Gleichzeitig würden „mit Millionen von Steuergeldern deutsche Rechtsextremisten und ihre Struktur“ durch die AfD in den Parlamenten unterstützt und bezahlt. Denn die Liste der AfD-Abgeordneten, die – zum Teil vorbestrafte – Rechtsextremisten als Mitarbeiter beschäftigen, ist lang, wie Kraske und Laabs anhand vieler Beispiele zeigen.
Pegida, Neonazis, Rechtsextremisten und Reichsbürger
Die Repräsentanten der Partei setzten bei Auftritten in der bürgerlichen Öffentlichkeit alles daran, um sich als harmlose demokratische Alternative darzustellen, wobei sie von naiven Talkshow-Hosts unterstützt würden, während sie über soziale Medien, auf Demonstrationen und Parteiveranstaltungen weitaus radikaler sprächen und auf der Straße mit Pegida, Neonazis, Rechtsextremisten und Reichsbürgern paktierten, ergänzen die Autoren.
Sie zeichnen das Bild einer Partei, die in vielerlei Hinsicht problematisch ist: Manche AfD-Leute begehen Straftaten und planen aktiv den Umsturz, andere unterstützen den hybriden Krieg Russlands, der sich auch gegen Deutschland richtet, und viele haben eine völkische Idee von Deutschtum, die der Verfassung widerspricht.
Was also tun mit der AfD? Kraske und Laabs plädieren dafür, ein Verbotsverfahren gegen die Partei in Gang zu setzen. Sie zitieren Verfassungsrechtler, die es für möglich halten, dass das Bundesverfassungsgericht im Zuge dessen nur einzelne Landesverbände verbieten könnte, die als „gesichert rechtsextrem“ gelten. Der Jurist Hendrik Cremer ist sich dagegen sicher, dass die AfD mittlerweile eine rechtsextreme Partei ist, „die das Ziel verfolgt, die freiheitlich demokratische Grundordnung zu beseitigen“.
Der Verfassungsrechtler Christoph Möllers wiederum räumt ein, dass ein Verbotsverfahren demokratietheoretisch zwar besonders anfechtbar sei, plädiert aber dafür, es dennoch als ernsthafte Option zu behandeln, da „starke Anhaltspunkte für die Verfassungsfeindlichkeit der Partei“ vorlägen. Er fordert eine breite gesellschaftliche Debatte über die Sinnhaftigkeit eines Verbots, weil eine rein juristische Strategie nicht gelingen werde.
Flankierend fordern die beiden Autoren mehr Wissensvermittlung über das demokratische System und mehr demokratische Beteiligung von Schüler*innen sowie die Solidarität mit Betroffenen rassistischer Gewalt. Dabei nehmen sie vor allem Polizei und Justiz in den Blick, die klare Signale oft vermissen ließen. So manches Opfer müsse sich rechtfertigen, während Gerichte rechtsextreme Täter oft mit milden Urteilen entließen.
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