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Brutalstlangsame Aufklärung

Die angekündigte Veröffentlichung des CDU-Spendenberichts verspätet sich. Nach Ansicht von SPD-Fraktionschef Klaus Wowereit lässt die Verzögerung Raum für Spekulationen über weitere Spendenfunde beim Koalitionspartner zu

In der CDU-Spendenaffäre gaben Verzögerungen bei der parteiinternen Aufklärung gestern Anlass zu neuen Spekulationen. Ein für Anfang dieser Woche angekündigter Bericht des Rechtsanwalts Peter Heers, der vom Parteivorsitzenden Eberhard Diepgen beauftragt worden war, lag bis zum gestern noch nicht vor. „Wir rechnen jeden Tag damit“, sagte CDU-Landesgeschäftsführer Matthias Wambach. Heers wolle sich aber „von nichts und niemandem drängen“ lassen. Der Verbleib der Gegenstände, die vom Guthaben des Schwarzkontos gekauft wurden, müsse detailliert geprüft werden. Das Geld stammte aus einer Parteispende zweier Bauunternehmer an CDU-Fraktionschef Klaus Landowsky, denen dessen Bank Berlin Hyp gleichzeitig einen Millionenkredit gewährt hatte.

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Klaus Wowereit sagte, die verzögerte Veröffentlichung des Berichts lasse „Vermutungen offen, dass etwas Neues gefunden wurden ist“. Die CDU müsse jetzt sorgfältig prüfen, ob es neben der umstrittenen Spende an Landowsky „ähnliche Vorgänge gibt“. Durch seine bisherige Beratertätigkeit für die CDU sei Heers „natürlich parteiisch“, fügte Wowereit hinzu. „Eine neutrale Überprüfung kann durch ihn nicht gegeben sein.“

Seit gestern steht auch fest, dass sich im Abgeordnetenhaus ein Untersuchungsausschuss mit der Landowsky-Affäre beschäftigen wird. Nach den Grünen beschloss gestern auch die PDS-Fraktion, den Antrag auf Einrichtung eines solchen Ausschusses zu unterstützen. Neben den Spendenpraktiken der CDU sollen dort auch die strittigen Geschäfte der landeseigenen Bankgesellschaft durchleuchtet werden, bei der Landowsky noch bis Mai für den verlustreichen Immobilienbereich zuständig ist.

Mittlerweile prüft die Ratingagentur Moody‘s, deren Bewertungen weltweit als Maßstab für Anlageentscheidungen gelten, ob die Finanzstärke des Instituts niedriger einzustufen sei als bisher. Die Probleme bei der von Landowsky geleiteten Konzerntochter Berlin Hyp hätten die Überprüfung ausgelöst, hieß es. Nach den Oppositionsparteien macht sich nun auch die SPD Sorgen über die Folgen der Schieflage für den Landeshaushalt. Ein möglicher Ausfall von Dividendenzahlungen sei „dramatisch“, sagte die Haushaltsexpertin Hella Dunger-Löper: „Es bricht an allen Ecken und Enden weg.“ Auch den geplanten Verkauf von Anteilen könne sich das Land nach dem rapiden Kursverfall „abschminken“, so Fraktionschef Wowereit.

Das Koalitionsklima zwischen CDU und SPD sei durch die Affäre „insgesamt belastet“, fügte Wowereit hinzu. Angebliche Focus-Enthüllungen über Finanzsenator Peter Kurth (CDU), gegen die der Senator gestern eine einstweilige Verfügung erwirkte, zeigten, „in welcher inneren Verfassung sich die CDU befindet“. Auf die Frage nach seinem persönlichen Verhältnis zum CDU-Kollegen antwortete Wowereit vorsichtig, Landowsky habe „als Betroffener ein subjektives Empfinden, das sich mit den objektiven Umständen nicht ganz in Deckung bringen lässt“. RALPH BOLLMANN

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