Britisches Telefonstreich-Opfer: Nach Anruf tot
Eine britische Krankenschwester der schwangeren Herzogin Kate wird Opfer eines Radio-Telefonstreichs. Am Freitag wurde sie tot in ihrer Wohnung aufgefunden.
SYDNEY/LONDN dpa | Mit Bestürzung haben Politiker und die Öffentlichkeit auf den Tod der Londoner Krankenschwester reagiert, die auf einen Scherzanruf aus Australien hereingefallen war. Jacintha Saldanha hatte den Anruf einer Radiomoderatorin, die sich als Queen ausgab, zu der Station durchgestellt, auf der die schwangere Frau von Prinz William behandelt wurde.
Nachdem sich der Anruf als Scherz herausstellte, wurde erst das Krankenhaus kritisiert. Am Freitag wurde die Schwester tot in ihrer Wohnung gefunden. Die Ermittler schlossen Fremdverschulden aus. In Australien richtete sich der Zorn gegen den Sender 2DayFM und die Moderatoren.
Vor dem Krankenhaus in London legten Menschen am Samstag Blumen nieder. Die britischen Medien gingen angesichts der Umstände von einem Selbstmord der Schwester aus. Die Polizei machte noch keine Angaben zur Todesursache.
„Eine schreckliche Tragödie", teilte die australische Premierministerin Julia Gillard mit. „Wir sind in Gedanken bei Saldanhas Familie und ihren Freunden.“ Der für Telekommunikation zuständige Minister Stephen Conroy kündigte eine Untersuchung an, ob der Sender Lizenzauflagen verletzt habe.
Moderatoren suspendiert
Die Moderatorin Mel Grieg und ihr Kollege Michael Christian, der im Hintergrund Prinz Charles mimte, wurden „aus Respekt für die Familie“ der Schwester vom Dienst suspendiert. Rhys Holleran, Chef des Unternehmens Southern Cross Austereo (SCA), dem der Sender gehört, sprach von tiefer Trauer. „Wir sind aber sehr sicher, dass wir nichts Illegales getan haben“, sagte er Reportern.
Die Moderatoren hätten unmöglich voraussehen können, dass ihr Scherz so tragische Konsequenzen haben würde. Schockierte Hörer überschütteten die beiden Moderatoren mit zornigen Kommentaren. Sie schlossen deshalb ihre Twitter-Konten.
Der Sender ist nicht das erste Mal in der Kritik, wie britische Zeitungen berichten. So soll in einer Radioshow eine Mutter ihre 14-Jährige, die an einen Lügendetektor angeschlossen war, über Sex befragt haben. Das Kind sagte dann, sie sei mit zwölf vergewaltigt worden. In einer anderen Show sollen Eltern behinderter Kinder Spendengelder in Aussicht gestellt, aber nie gezahlt worden sein.
Reklamekunden kündigten am Samstag ihre Verträge mit dem Sender 2DayFM. „Die Australier sind eindeutig sauer und verärgert über die tragischen Konsequenzen des Scherzanrufs“, teilte die Supermarktkette Coles mit.
„Keine üblen Absichten“
Jeff Kennett, der in Australien prominente Chef der Organisation „beyondblue“, die über Depressionen informiert, nahm die Moderatoren dagegen in Schutz. „Sie haben sich nichts zu Schulden kommen lassen“ sagte er im Rundfunk. „Es war ein harmloser Scherz, sie hatten keine üblen Absichten.“ Die beiden brauchten jetzt Unterstützung und Hilfe statt Häme, meinte er.
Saldanha hatte am King Edward VII Hospital den Anruf der Moderatorin entgegen genommen. Diese fragte mit affektiertem britischen Akzent: „Kann ich mit meiner Enkelin sprechen, Kate?“ Saldanha dachte, die echte Queen sei am Telefon und stellte durch. Auf der Station gab eine zweite Krankenschwester dann bereitwillig Auskunft über den Zustand von Kate.
Die Herzogin von Cambridge (30) war wegen ihrer Schwangerschaftsübelkeit in der Klinik. Sie und Prinz William reagierten „tief traurig“ auf die Nachricht vom Tod der Schwester, wie der St. James's Palace mitteilte.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Studie Paritätischer Wohlfahrtsverband
Wohnst du noch oder verarmst du schon?
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Armut in Deutschland
Wohnen wird zum Luxus
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe
Ansage der Außenministerin an Verbündete
Bravo, Baerbock!