Britischer Außenminister tritt zurück: Lust auf „andere Dinge“

Umfassende Kabinettsumbildung in Großbritannien: Auch Außenminister William Hague ist nun zurückgetreten. Ein überzeugter Europaskeptiker könnte ihm nachfolgen.

War vier Jahre Außenminister: der 53-Jährige William Hague. Bild: dpa

LONDON afp | Der britische Außenminister William Hague hat überraschend seinen Rücktritt erklärt. „Heute Abend trete ich von meinem Amt des Außenministers zurück, um Vorsitzender des Unterhauses zu werden“, teilte Hague am Montagabend im Kurznachrichtendienst Twitter mit.

Laut dem Büro von Premierminister David Cameron stellten mehrere weitere Minister ihre Ämter zur Verfügung. Die Rücktritte leiten zehn Monate vor der Parlamentswahl eine ohnehin von Cameron angestrebte Kabinettsumbildung ein.

Hague wird als Vorsitzender im Unterhaus weiter der Regierung angehören, da das Amt den Rang eines Ministers hat. Der „Leader of the House of Commons„ vertritt die Interessen der Regierung im Unterhaus des britischen Parlaments.

Der 53-Jährige will den Posten aber nur bis zum Ende der Legislaturperiode behalten: Er kündigte an, dass er bei der Parlamentswahl im Mai nicht noch einmal als Abgeordneter kandidieren wolle. Nach 26 Jahren als Abgeordneter werde es für ihn Zeit, sich anderen Dingen zu widmen, twitterte er. Cameron erklärte, Hague sei einer der „Stars“ der konservativen Partei, ein „enger Vertrauter, besonnener Berater und großer Freund“.

Europaskeptischer Nachfolger

Hague war vier Jahre lang Außenminister. Während dieser Zeit haben sich die Beziehungen zwischen London und Brüssel deutlich abgekühlt. Laut einem Bericht des Rundfunksenders BBC soll nun ein noch größerer Europakritiker Chefdiplomat werden: der derzeitige Verteidigungsminister Philip Hammond. Dieser hatte bereits angekündigt, er werde in dem von Cameron geplanten Referendum für einen Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union stimmen, wenn London keine besseren Bedingungen für Großbritannien in der EU aushandeln könne.

Unter dem Druck des europakritischen Parteiflügels der Tories hatte der Premierminister versprochen, im Falle eines Wahlsieges seiner Partei ein Referendum über den Verbleib Großbritanniens in der EU abzuhalten. Das Referendum soll 2017 stattfinden. Bis dahin will Cameron die Stellung des Königreichs in der EU von Grund auf neu verhandeln.

Zuletzt hatte er innerhalb der EU auf verlorenem Posten gestanden: Mit seinem entschiedenen Kampf gegen die Nominierung des Luxemburgers Jean-Claude-Juncker als EU-Kommissionspräsident war er am Ende weitgehend isoliert unter den 28 Staats- und Regierungschefs.

Kabinettssitzung abgesagt

Vor Hague war am Montag war bereits der Minister ohne Geschäftsbereich, Kenneth Clarke, zurückgetreten. Der 74-Jährige, der für seine klaren Worte bekannt ist, gehört zum EU-freundlichen Flügel der Tories. Er hatte seit 1972 verschiedene Ministerposten inne gehabt.

Wie Camerons Büro am Montagabend mitteilte, nahm der Premier außerdem die Rücktritte des Universitätsministers David Willetts, des Ministers für Energie und Klimawandel, Greg Barker, des Nordirland-Ministers Andrew Robathan und des Ministers für Wales, David Jones, an. Die für Dienstag geplante Kabinettsitzung wurde abgesagt, um dem Premier Zeit für die Bildung einer neuen Regierung zu geben.

Barker war 2010 in die Regierung berufen worden, um Camerons Versprechen der „grünsten Regierung aller Zeiten“ zu erfüllen. Es wird erwartet, dass das neue Kabinett konservativer, jünger und weiblicher wird. Die Zeitung Daily Mail nannte die Kabinettsumbildung ein „Blutbad“, im Independent war von einem „Abschlachten von Männern in Anzug“ die Rede.

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