Britische Sendeanstalt BBC: Zu groß, zu teuer, zu vielseitig
Großbritannien ringt um seine öffentlich-rechtlichen Programme - um Inhalte und Finanzierung. Bei letzterem könnte Deutschland Modell stehen.
Als die Tories vor zwei Monaten in Großbritannien zur Regierungspartei wurden, war es klar, dass mit ihnen Austerität eingeführt werden würde. Nicht nur soziale Zuschüsse wurden schon bald weiter gekürzt, auch am öffentlichen Sender BBC wird herumschnipselt.
Bereits im Oktober 2010 beschloss man das Ende der staatlichen Finanzierung des BBC Worldservice. Nun wird der Worldservice größtenteils von den Rundfunkgebühreneinnahmen in Höhe von 3,7 Milliarden Pfund (gut 6 Milliarden Euro) gedeckt. 200 Euro müssen Personen mit einem Fernseher pro Jahr dafür zahlen. Rentner sind von der Gebühr befreit. Für sie hat bisher der Staat gezahlt. Doch das ändert sich nun.
Ab sofort muss die BBC sich um die Seniorenbegünstigung selbst kümmern. Damit spart der Staat neben dem Verwaltungsaufwand 845 Millionen Euro – Geld, das im Budget der BBC fehlen wird. Phil Harding, ehemaliger Chefberater der BBC, warnt gegenüber der taz, dass die Anstalt damit einem Regierungsamt gleichkäme und ihre redaktionelle Freiheit gefährde.
Dabei scheint die Seniorenabgabe nur der Anfang einer massiven Umstrukturierung zu sein. Anfang Juli verkündete der für Medien zuständige Minister, John Whittingdale, dass die BBC kräftig sparen müsse. Bis 2021 soll ihr Jahresetat um rund eine Milliarde Pfund gekürzt werden. In einer E-Mail an die 20.000 Mitarbeiter schrieb BBC-Direktor Tony Hall, dass 1.000 Stellen gestrichen werden sollen – mindestens.
Neue Diskussion im Parlament
Laut Sunday Times will die Regierung am kommenden Donnerstag dem Parlament ein Diskussionspapier zur BBC-Reform vorlegen. Schon im Februar erarbeitete ein öffentlicher Regierungsausschuss einen ähnlichen Bericht.
Das neue Papier wiederholt laut Sunday Times die meisten Punkte des Ausschusses, beispielsweise die Forderung, das BBC-Verwaltungsgremium abzuschaffen, welches prüft, ob die Anstalt dem allgemeinen Interessen folge. Die personengebundene Rundfunkgebühr könnte durch eine Haushaltsabgabe nach deutschem Modell ersetzen werden. Außerdem müsse die Gebühr „entkriminalisiert“ werden, denn bis heute stehen auf das illegitime BBC-schauen Freiheitsstrafen, die eine Mehrheit von Frauen aus ärmlichen Verhältnissen trifft.
Auch auf das Programm gehen die Autoren ein: Die Inhalte der BBC seien zu weit gefächert. Minister John Whittingdale findet, die BBC solle weniger die populären internationalen Sendungen nachahmen, sondern sich auf bestimmte Projekte wie neue Dramasendungen konzentrieren.
Die BBC verfügt über zehn nationale und 40 regionale Radiosender sowie zehn nationale Fernsehsender mit zusätzlichem Regionalangebot und dem Angebot des Worldservice. Zur weiteren Diskussion hat Whittingdale nun acht Experten ernannt, von denen fünf aus dem kommerziellen, unabhängigen und mit der BBC konkurrierendem Mediensektor kommen. Laut Phil Harding sei die BBC jedoch weder Angelegenheit von Politikern noch vom BBC-Direktor, sondern gehöre der Öffentlichkeit, und die müsse das Wort über die Zukunft der BBC haben.
Unabhängig von der Regierung fordert derzeit auch eine Rechtsprüferin aus Westengland das Ende der Rundfunkgebühr. 165.000 Unterschriften hat sie gesammelt. Ausschlaggebender Punkt für ihre Aktion war die Entlassung von Jeremy Clarkson. Der Showmaster der beliebten Auto- und Motorsportsendung „Top Gear“, der oft unverschämte und rassistische Bemerkungen von sich gab, soll zuletzt seinen Produzenten geschlagen haben. Dennoch forderten eine Million Zuschauer seine Wiedereinstellung. Viele sahen in Clarksons Kündigung den Beweis, dass die BBC nicht auf die zahlende Fangemeinde hört.
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