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Brisante EU-AnalyseIsrael verletzt laut EU-Prüfung Grundsätze für enge Kooperation

Hält sich Israel noch an die Grundprinzipien für eine Zusammenarbeit mit der EU? Ein Prüfbericht kommt wegen Gaza zu einem eindeutigen Ergebnis.

Die Chefin der Außenpolitik der Europäischen Union, Kaja Kallas, im Gebäude des Europäischen Rates in Brüssel 20.5.2025 Foto: Virginia Mayo/AP/dpa

Brüssel dpa | Israel verstößt mit seinem Vorgehen im Gazastreifen gegen festgelegte Grundsätze für eine enge Zusammenarbeit mit der EU. Zu diesem Ergebnis kommt ein interner Prüfbericht der EU-Außenbeauftragten Kaja Kallas, der jetzt an die Mitgliedstaaten übermittelt wurde, wie die Deutschen Presse-Agentur in Brüssel von Diplomaten erfuhr.

Für die Regierungen der Länder und die EU stellt sich nun die Frage, ob und wie sie auf die Analyse reagieren. Die Optionen reichen vom Aussetzen des derzeitigen Partnerschaftsabkommens bis hin zu wirtschaftlichen Sanktionen. So könnten etwa Zollerleichterungen aufgehoben und Israels Zugang zum EU-Forschungsförderungsprogramm Horizon blockiert werden.

Analyse wurde von Außenminister angefordert

Der jetzt unter der Führung der EU-Außenbeauftragten Kaja Kallas erarbeitete Bericht ist das Ergebnis eines Auftrags des EU-Außenministerrates. Er hatte im Mai mit großer Mehrheit beschlossen zu überprüfen, ob Israel sich noch an die Grundprinzipien des sogenannten Assoziierungsabkommens hält. Zu diesen gehört, dass die Beziehungen zwischen den Vertragsparteien auch auf der Achtung der Menschenrechte beruhen.

Israels Vorgehen im Gazastreifen wird in dem Bericht nun als Verstoß gegen das Grundprinzip gewertet. Hintergrund ist insbesondere, dass das Land seit Monaten kaum noch Lieferungen von Hilfsgütern in den Gazastreifen lässt, in dem rund zwei Millionen Palästinenser leben. Israel begründet sein Vorgehen damit, dass die islamistische Hamas von den Hilfsgüter-Lieferungen profitiere.

Von der Leyen wirft Israel Rechtsverstöße und Gewalt vor

Das Ergebnis des Berichts hat sich bereits seit einigen Wochen abgezeichnet. EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen hatte so bereits Ende Mai gesagt, dass die Eskalation und der unverhältnismäßige Einsatz von Gewalt gegen Zivilisten im Gazastreifen unter humanitärem und internationalem Recht nicht zu rechtfertigen seien. Die Ausweitung der israelischen Militäreinsätze im Gazastreifen, bei denen zivile Infrastrukturen ins Visier genommen würden, sei abscheulich.

Als Beispiel nannte sie etwa die Zerstörung eines Schulgebäudes, das als Zufluchtsort für vertriebene palästinensische Familien diente. Dabei starben auch Kinder. Israel sprach von einem Angriff auf eine Kommandozentrale der islamistischen Hamas.

Intensive Diskussionen über das Partnerschaftsabkommen mit Israel hatte es in der EU bereits im vergangenen Jahr gegeben. Sie waren vor allem von Spanien und Irland ausgegangen.

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8 Kommentare

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  • Der EU geht menschenrechtlich mal etwas zu weit ? Sind ja mal ganz neue Töne aus Brüssel... Stört die EU sonst ja auch nicht, beim großen, jährlichen Ertrinken im Mittelmeer sieht sie ja auch keinen Handlungsbedarf, streichen wir jetzt allen Mitgliedsstaaten Fördergelder die sich an Frontex beteiligen ?

    Aber es war zu erwarten, das Verhalten der israelischen Regierung zeugt jetzt eher weniger von politischer oder diplomatischer Kompetenz geglänzt und die internationale Isolierung, die in Teilen durch Kampangen forciert wurde , gut in die Hände gespielt.

    Unabhängig davon wie ich zu manchen Vorwürfen stehe, die Lage in Bezug auf die Verteilung humanitäterer Güter und gewissen militärischen Aktionen ist nicht zu rechtfertigen und gehört behoben.

  • Dass die EU ebenso wie die UN nicht auf der Seite der jüdisch/israelischen Kriegspartei stehen, hat sich bereits ca. 14 Tage nach dem 07.10.23 abgezeichnet; somit ist dieser Bericht für mich keine Überraschung. Soll die EU tun, was sie meint tun zu müssen. Ich persönlich hoffe darauf, dass sich Deutschland nicht an Maßnahmen irgendwelcher Art beteiligt und bin sehr froh darüber, dass zumindest die USA Israel gegenwärtig unterstützen und ggf. die Existenz Israels mit absichern helfen.

    Da sich andere islamische Länder nach dem 07.10.23 nicht in bedeutendem Maße gegen Israel und seine (auch jüdischen) Bürger:innen gewandt haben und bisher auch den Iran nicht gegen Israel und seine (auch jüdischen) Bürger:innen nennenswert unterstützen, halte ich es für möglich, dass Israel vielleicht doch mehr "Freunde" in der Region hat, als es auf den ersten Blick scheint. Mich stimmt das optimistisch, angesichts der Gegnerschaft der EU.

    • @*Sabine*:

      Bei Ihren Kommentaren bin ich wirklich immer ratlos. Man merkt richtig, wie Ihre Meinung von Fakten völlig unbeeindruckt bleibt. Ihre Kälte gegenüber dem offensichtlichen Leid in Gaza ist darüber hinaus erschreckend. Vor allem aber finde ich Ihr Fazit verkehrt: Dass die EU in Gegnerschaft und nicht auf Seiten Israels stünde. Ich sehe es so: Die Regierung Netanyahu sowie ihre extremen Anhänger stürzen mit ihrem Treiben den Staat Israel ins Verderben. Ich halte es nicht für ausgeschlossen, dass die diversen Kriege, das Agieren in Gaza und v.a. der jetzt vom Zaun gebrochene Krieg gegen den Iran -im schlimmsten Falle- das Ende des Staats Israel einleiten könnte. Daher ist es in meinen Augen genau umgekehrt: alles was dabei hilft die Regierung Netanyahu unter Druck zu setzen und ihrem vorzeitigen Ende zuträglich ist, ist weitaus solidarischer und pro-israelisch, als es jede Waffen- und Kriegsbrüderschaft mit solchen Leuten je sein könnte. Um es noch platter zu formulieren: Die Regierung Netanyahu gefährdet den Staat Israel mit seiner Politik mehr als es Hamas, Hisbollah oder der Iran überhaupt könnten. Es ist fürchterlich das mit anzusehen!

    • @*Sabine*:

      So lange dem Gerede über eine Aussetzung des Partnerschaftsabkommens sowie Sanktionen gegen Israel keine Taten folgen, IST davon auszugehen, dass die EU an der Seite der „jüdisch/israelischen Kriegspartei“ steht - sie steht es übrigens auch dann weiter, wenn tatsächlich Sanktionen verhängt werden, denn diese werden wegen der völkerrechtlich zu ahnenden israelischen Kriegsverbrechen und aus KEINEM anderem Motiv ausgesprochen.



      Dies als einen besonders israelfeindlichen Akt hinzustellen, daran haben die israelischen Rechten und deren Lobbyisten hierzulande natürlich ein großes Interesse - eine Sichtweise, die man sich nicht zueigen machen muss.



      Im übrigen möchte ich an dieser Stelle auch mal Ihre sich in Ihren Posts sich ständig wiederholende Formulierung „israelische/jüdische Seite“ monieren - eine nicht statthafte Ineinssetzung der gesamten jüdischen Conmunity mit der völkerrechtswidrigen Politik der derzeitigen rechtsextremistischen Regierung Israels.

    • @*Sabine*:

      Wenn es nur darum geht auf welcher Seite man steht, kann offenbar leicht der moralische oder gar menschenrechtliche Kompass verloren gehen. Die EU fügt sich gerade in die Notwendigkeit einen Genozid zu unterbinden. Wer jetzt noch meint Netanjahu sei ein Guter, ist auf beiden Augen blind

  • Die europäischen Länder liessen der israelischen Regierung und Armee mehr als genug Zeit, um ihre Vorgehensweise im Gaza-Krieg anzupassen, zumindest aber die völlig unverhältnismässige Blockade der Hilfsgüter aufzuheben, aber nichts dergleichen geschah. Ein Aussetzen des Partnerschaftsabkommens und ein temporäres Embargo für Rüstungsexporte sollten folgen.

    Darüber hinaus plädiere ich für weitreichende Sanktionen, i.e. ein Verbot der Geschäftstätigkeit und ein Einfrieren aller Vermögenswerte rechtsextremer Politikerinnen und Politiker, sowie sämtlicher Unternehmen, die sich am illegalen Siedlungsbau im Westjordanland beteiligen.

    Dieses Gemetzel ist nicht zu rechtfertigen.

    • @Claudio M.:

      Schließe mich an.

    • @Claudio M.:

      Stimme all dem zu. Zudem sollte aber auch noch, unter Beachtung des IGH-Gutachtens zur Besatzung vom letzten Jahr eine rechtliche Einordnung erfolgen, eventuell auch durch den Europäischen Gerichtshof, um genau zu klären welcher Handel denn überhaupt völkerrechtskonform ist. Das Gutachten hat ja eindeutig auch Konsequenzen für Drittländer genannt, wie eben Handel und Waffenlieferungen, wenn sie in irgendeiner Weise dazu dienen den völkerrechtswidrigen Status der Besatzung zu unterstützen oder aufrechtzuerhalten. Die EU führt ja z.B. israelische Produkte aus den besetzten Gebieten ein (somit aus völkerrechtswidrigen Siedlungen), die zwar gesondert gekennzeichnet werden müssen, aber dennoch importiert werden. Da ja der IGH darauf hinwies, dass Israel sich illegal Ressourcen der Palästinenser aneignet, die Siedlungen und die Besatzung illegal sind, sollte hier Rechtssicherheit geschaffen werden. Allerdings befürchte ich, dass von all dem gar nicht passieren wird, denn Sanktionenmaßnahmen fallen wenn ich mich nicht irre unter die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU und müssen einstimmig entschieden werden...