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Briefe Bin LadensFrustrierter Terrorchef

Der al-Qaida-Chef verbrachte die letzten Jahre isoliert und frustriert. Er kümmerte sich um Kleinigkeiten und dachte über neue große Anschläge nach. Nun aufgetauchte Briefe belegen dies.

Dass der freundlich wirkende Terrorist einsam lebte, war bekannt, dass er frustriert war und viel schrieb noch nicht. Bild: ap

WASHINGTON dpa | Der am 2. Mai 2011 getötete Terroristenführer Osama bin Laden war in den letzten Jahren seines Lebens zunehmend frustriert über seine Machtlosigkeit. Das geht nach Angaben von Militärexperten aus Dokumenten hervor, die bei der Erstürmung des Bin-Laden-Anwesens in der pakistanischen Stadt Abbottabad vor einem Jahr sichergestellt worden waren.

Demnach war Bin Laden alarmiert über „Fehler“ Verbündeter in Ländern wie dem Irak und Jemen und wütend darüber, dass er diese Gruppen nicht kontrollieren konnte.

Das Terrorismus-Zentrum der US-Militärakademie West Point machte am Donnerstag rund 175 der 6.000 Seiten an Papieren auf seiner Webseite publik. Begleitet wurde die Veröffentlichung von Experten-Analysen.

Demzufolge war Bin Laden erzürnt über „schlecht geplante Operationen“ der Verbündeten, die zum „unnötigen“ Tod tausender Muslime geführt hätten. Der al-Qaida-Chef habe sich gesorgt, dass das dem Ansehen seiner Organisation in der muslimischen Welt schaden könnte. Es habe ihn auch frustriert, dass sich die Gruppen nicht genügend darauf konzentriert hätten, die USA und deren westliche Partner anzugreifen.

Bin Laden wollte al-Qaida umbenennen

Insgesamt geben die Dokumente Einblick in die Gedankenwelt eines zunehmend isolierten Mannes, wie Terrorismusexperte Peter Bergen dem Sender CNN sagte. Er hatte nach eigenen Angaben bereits vor der Veröffentlichung Zugang zu mehreren Dokumenten erhalten. Bergen zufolge war Bin Laden so stark über die Zukunft der al-Qaida besorgt, dass er über eine Änderung des Namens der Organisation nachdachte. Er habe auch immer stärker amerikanische Drohnenangriffe auf terroristische Ziele in Pakistan gefürchtet.

Wie Bergen weiter sagte, zeigte Bin Laden auch zunehmend einen Hang dazu, sich um jede Kleinigkeit zu kümmern - ein Zeichen seines verzweifelten Versuches, die Kontrolle über die al-Qaida zu behalten und weiter „bedeutend“ zu sein. So habe er in einem Fall Verbündeten in Nordafrika geraten, Bäume zu pflanzen, damit sie sich im Fall von Drohnen- und anderen Angriffen darunter verbergen könnten.

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4 Kommentare

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  • EB
    Early Bird

    Dachte bin hier auf einer Seite gelandet die sich kein 'X für ein U' vor machen lässt!? Seit Ihr hier auch ein Teil der gleichgeschalteten Massenmedien!?

    Der Herr Osama Bin Laden ist seit 2001 tot. Alles andere war ein Aufrechterhaltung von einem Feindbild, was wohl 'niedere Politik' braucht um Menschen zu kontrollieren. Ein neues Feindbild haben wir ja schon der Herr Ahmadineschad! Da soll der nächste Krieg ja stattfinden!

  • K
    KFR

    interessant ! B.L. war besonders besorgt über die weltweite Inkompetenz, berechtigt Frau Clinton, Herr Obama, Frau Merkel ??

  • FK
    Fred Kirchheimer

    Was heißt denn eigentlich "nun aufgetauchte Briefe"? Diese Briefe lagen nicht auf irgend einem Speicher und wurden nun zufällig gefunden sondern sie wurden von einem amerikanischen Terrorkommando(*) bei Bin Ladens Ermordnung in Pakistan (ohne Zustimmung der dortigen Regierung) gestohlen, um sie jetzt - je nach Interessenslage - Stück für Stück zu veröffentlichen.

     

    Ist doch interessant, daß man genau ein Jahr brauchte um just zum "Jubiläum" "Dokumente" vorzulegen, die von keiner neutralen Stelle als echt verifiziert wurden. Macht nichts, denn die willfährigen Medien haben ja angebissen und tragen nun diese neue Wahrheiten ins Land.

     

    Obama läßt sich als Sieger über den Terrorismus feiern, obwohl es nichts zu feiern gibt. Die Hydra ist doch gerade dabei neue Köpfe zu erzeugen. Und solange die Amis ihr Verhalten nicht ändern, werden auch die Nachfolger Obamas weiter gegen den Terrorismus kämpfen müssen. Und sie werden es gerne tun, denn es gehört zur Strategie, die eigene Bevölkerung immer unter Angst zu halten, auf daß die nicht zu aufmümpfig wird wegen wesentlich dringenderer Probleme im Land auf die Straße gehen.

     

    Wie hat Shel Silverstein so schön gedichtet: It`s all designed to blow our minds!

     

    (*) So hätten es doch die Amis voll gespielter Abscheu genannt, wenn ein ähnlicher Übergriff z.B. von Nordkorea durchgeführt worden wäre.

  • J
    Julian

    Hey TAZ! Es gibt auch ein Jahr danach keine belastbaren Beweise für diese Heldenstory.

     

    Warum ist die Veröffentlichung von (nicht verifizierbaren) Briefen bin Ladens keine Gefahr für die nationale Sicherheit, das von Bildern seiner Festnahme und Bestattung dagegen schon? Letzteres hat nämlich jüngstens ein Gericht entschieden.

     

    Wenn man die Argumentation konsequent anwendet: Wäre es nicht besser für die nationale Sicherheit gewesen, bin Laden nicht völkerrechtswidrig zu töten? Wäre es nicht besser für die nationale Sicherheit gewesen, alle Truppen aus dem Nahen Osten abzuziehen statt zwei Länder zu überfallen?