piwik no script img

Brennende AutosÜblicher Verdächtiger doch nicht so verdächtig

Polizei fasst mutmaßlichen und schon verurteilten Autozündler - und lässt ihn wieder frei.

Heiße Nächte in Berlin: Autobrand Bild: dpa

Zum zweiten Mal innerhalb einer Woche hat die Polizei einen mutmaßlichen Autozündler gefasst. Und diesmal ist der Geschnappte kein Unbekannter: Der 28-jährige Thomas K. wurde bereits im September vor Gericht verurteilt - wegen Autobrandstiftung. Der Tatverdacht diesmal ist aber vage. Am Mittwochabend wurde der Mann wieder auf freien Fuß gesetzt.

Laut Polizei hatten Anwohner in der Böckhstraße im Kreuzberger Graefekiez gegen 4 Uhr am Mittwochmorgen die Polizei alarmiert, nachdem sie Flammen an einem VW Golf und einer Kawaski erspäht hatten. Noch während der Löscharbeiten brannte in derselben Straße ein weiteres Krad. Als Polizisten das Tatort-Umfeld absuchten, stießen sie in der benachbarten Schönleinstraße auf einen 28-Jährigen und nahmen ihn fest.

Ermittlerkreise bestätigten, dass es sich dabei um Thomas K. handelt. Er wurde am Mittwoch vernommen und durfte am Abend wieder nach Hause gehen. Der Tatverdacht habe sich nicht erhärtet, sagte ein Polizeisprecher. Er ließ offen, wie die Beamten auf K. aufmerksam wurden.

K., aktiv in der linken Szene, war im März zu 22 Monaten Haft verurteilt worden, ausgesetzt auf drei Jahre Bewährung. Er hatte gestanden, im Juli und September 2010 betrunken jeweils einen VW vor seiner Kreuzberger Wohnung angezündet zu haben. Polizisten hatten den damals nicht vorbestraften Arbeitslosen schon länger im Verdacht und seinen Hauseingang mit Videokameras observiert. Bei der zweiten Brandstiftung wurde er auf frischer Tat festgenommen. Die Richterin ließ das Tatmotiv offen, die Staatsanwaltschaft sprach von einer Alkoholtat. Eine linke Unterstützergruppe hatte den Prozess begleitet und Freispruch für den "Genossen" gefordert. Thomas K. hatte im Prozess bekundet, künftig straffrei leben und mit seiner Verlobten eine Familie gründen zu wollen.

Nach einer Serie allnächtlicher Autobrände setzt die Polizei derzeit rund 500 Beamte als Brandstreifen ein, darunter auch Bundespolizisten. Bereits in der letzten Woche wurden zwei Brandstifter in Pankow gefasst. Das junge Pärchen gestand die Tat und sitzt in U-Haft. Ein politisches Motiv sieht die Polizei nicht. Nach der Verhaftung ließen die Autobrände nach. In der Nacht zu Mittwoch brannten aber ein BMW in Spandau und ein Simson-Motorroller in Marzahn. In Rudow konnten drei Autobrände von Passanten frühzeitig gelöscht werden. In diesem Jahr brannten bereits mehr als 540 Autos in Berlin. Die Polizei vermutet in der Hälfte der Fälle ein politisches Motiv. Zuletzt war im August ein 43-Jähriger für eine versuchte Autobrandstiftung zu einer Haftstrafe, 22 Monate auf Bewährung, verurteilt worden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

3 Kommentare

 / 
  • A
    A.P.

    Und deswegen darf das Auto angezündet werden und der 10 Jahre alte Clio einer allein erziehenden Mutter mit 2 Kindern der das Pech hatte hinter der sogenannten Bonzenkarre zu stehen fackelt mit ab.

    Ganz großes Kino.

  • SS
    stefan seither

    Für mich sind die Bonzenautofahrer die Verbrecher.

  • Y
    yberg

    hallo herr litschko in ihrem artikel vom 8.3.2011 in der "taz" haben sie das strafmaß richtig wiedergegeben,drittletzter absatz.

     

    es gibt keine dreijährigen haftstrafen,die zur bewährung ausgesetzt werden,ooch nicht in der hauptstadt.

     

     

    @yberg: vielen Dank für den Hinweis, Sie haben Recht. K. wurde zu 22 Monaten Haft verurteilt, die er aber nur antreten muss, wenn er in einer dreijährigen Bewährungszeit erneut straffällig wird. Wir haben das im Text geändert.

    Grüße aus der taz.