Bremer über Abschied von Schaaf: Das Baguette wenigstens bleibt
Viele Bremer tragen den Abgang von Werder-Trainer Thomas Schaaf mit Fassung. Auf einen neuen Coach ist man vorbereitet.
BREMEN taz | In der Fankneipe „Haifischbecken“ wird noch geputzt, als auf den Straßen des Bremer Steintorviertels die Nachricht des Tages die Runde macht: die vom Abgang Thomas Schaafs. In dem Viertel rund um das Weser-Stadion hat fast jeder eine Meinung zu Werder Bremens langjährigem Fußballtrainer.
„Er hat die Mannschaft nicht mehr erreicht“, sagt zum Beispiel Sachin. Sachin ist 16 und fast immer im Stadion. „Die Trennung ist eine richtige Entscheidung.“ Scholl wäre gut als Trainer, das sagt Sachin auch – obwohl der bei Bayern war.
Mehmet Scholl: Der Name fällt an diesem Mittwoch noch öfter. Ein Haus im teuren Stadtteil Oberneuland soll er schon gekauft haben. Dass das nur eine Kapitalanlage ist, wie Werders Aufsichtsratsvorsitzender Willi Lemke gesagt hat, glaubt in Bremen niemand. „Der Scholl hat schon Ahnung vom Fußball“, sagt Sachin, „smart“ und „fresh“ sei der.
Nomen, Verkäufer beim „Werder Imbiss“, sieht das anders. Er unterhält sich viel mit Fans, versogt sie mit Bratwurst oder „Werdersalat“ – das Stadion ist in Ruf-Weite. An der Wand hängt das Mannschaftsposter der aktuellen Saison. Schaaf steht da noch neben Manager Klaus Allofs, der schon im November nach Wolfsburg wechselte. „Als Werder Geld hatte, hat er gezeigt, dass er oben mitspielen kann“, sagt Nomen über Schaaf. Ein neuer Trainer müsse zu Werders Kultur passen.
Wer das wird, Werder-Geschäftsführer Thomas Eichin verrät es in der Pressekonferenz am Mittag nicht: Auf der Banderole hinter ihm steht „Lebenslang grün-weiß“, das Motto des Vereins. 40 Jahre lang war Schaaf beim Verein, erst als Spieler, später als Jugendtrainer. Von einer „Trennung in beiderseitigem Einvernehmen“ spricht Eichin, vollzogen bei einem „Gespräch“ nach dem „Kraftakt“ Klassenerhalt.
„Da kommt ein schwarzer Balken drüber“
Vor dem Stadion wuselt ein Pärchen mit einem Camcorder umher. Sie wollten eigentlich woanders hin. „Aber an einem Tag wie heute …“, sagt die Frau. Die zwei filmen den „Werder Fan Shop“, die Stadion-Arbeiter. Sogar die wartenden Reporter fragen sie, die in Grüppchen zusammenstehen, ob sie deren Gespräche mitschneiden dürfen – „Auf keinen Fall!“ Denn hier, so unter sich, erzählen sich die Profis die wirklich heißen Storys: Wer nun als Trainer komme. Und wie es weiter gehen müsse.
Das Pärchen krallt sich Thomas Hafke. Der Sozialarbeiter beim Fan-Projekt erzählt, wie es damals war, als Otto Rehhagel ging, wie sein Nachfolger stolze 14 Jahre Trainer bei Werder. Das sei krass gewesen, aber jetzt „kam es nicht so überraschend“, sagt Hafke.
Im „Ostkurvensaal“ hinter ihm malen gerade ein paar Ultras Transparente für das letzte Saison-Spiel gegen Nürnberg. Mit Thomas Schaaf oder gar Mehmet Scholl wird ihr Auftritt nichts zu tun haben, so viel immerhin verraten sie. „Er hätte schon 2009 zurücktreten müssen“, sagt einer. Die Jahre seit dem damaligen, letzten Pokalsieg nennt er eine „mittelschwere Katastrophe“.
Für andere ist Schaaf kaum wegzudenken. Auf der Karte eines Restaurants in Stadion-Nähe gibt es das Baguette „Thomass Scharf“, mit Pfeffersalami und Jalapeños. „Das wird nicht geändert“, ruft die Köchin von hinten. „Da kommt ein schwarzer Balken drüber“, sagt der Verkäufer. Zumindest werde das Gericht nicht mit dem nächsten Trainer umbenannt. „Dann machen wir ein neues, mit Fisch: das Baguette ’Mehmet Scholle‘.“
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