Bremer SPD geht gegen Obdachlose vor: Verbot von Treffen an Haltestellen
Bremens Innensenator will Obdachlose und Drogenszene vom Bahnhof fernhalten. Die Linke kritisiert das als Vertreibung.
Der Gesetzentwurf verbietet die Nutzung der Bahnsteige und Haltestellen „entgegen ihrer Bestimmung für öffentliche Verkehrszwecke“, insbesondere „zum Lagern, zum Genuss von Alkohol oder anderen berauschenden Mitteln“. Das Gesetz würde zwar für alle Haltestellen in Bremen gelten, aber es geht vornehmlich um den Hauptbahnhof. Dort würden Fahrgäste die überdachten Haltestellen mit ihren Bänken faktisch kaum noch nutzen, heißt es im Weser Kurier.
„Das wird es mit uns nicht geben“, twitterte Sofia Leonidakis, Fraktionsvorsitzende der Linken. Das wiederum kritisiert die CDU vehement. Die Linke wolle den Bahnhofvorplatz zum Ort für „dauerhafte Sauftreffs“ erklären, heißt es in einer Pressemitteilung des innenpolitischen Sprechers Marco Lübke. Trinkende und Drogenabhängige belagerten ganztägig die Sitzbänke, so könne es nicht weitergehen. Der Polizei seien durch das Ortsgesetz die Hände gebunden, der Vorstoß der Innenbehörde sei vollkommen richtig, so Lübke. Menschen auf der „schiefen Bahn“ werde nicht geholfen, wenn man sie nicht damit konfrontiert, dass ihr Verhalten zum Problem für Mitmenschen wird.
Katharina Kähler vom Verein für Innere Mission betont, dass es um eine sehr heterogene Gruppe von Menschen in schwierigen Lebenslagen geht, unter denen auch Menschen mit Drogenkrankheit oder Betroffene von Wohnungs- und Obdachlosigkeit sind. Sie wünscht sich mehr langfristig betreute und finanzierte Aufenthaltsorte. Mit dem bisherigen Szenetreff am Hauptbahnhof habe die Innere Mission bereits gute Erfahrungen gemacht.
Bei dieser Forderung zieht auch der Innensenator mit. Der Gesetzentwurf sei Teil eines Gesamtpakets, dazu gehörten auch ein Ausbau der Hilfsangebote und akzeptierten Treffpunkte, sagt Pressereferentin Gerdts-Schiffler. Die Bremer SPD hat zudem erst kürzlich Voraussetzungen für einen „Hauptbahnhof für alle“ erarbeitet, darunter kostenlose Toiletten und betreute Aufenthaltsorte.
Leonidakis betont, dass Willensbekundungen allein nicht ausreichen werden und erwartet konkrete Ansätze, die von allen Seiten, auch in der Szene, akzeptiert werden. Das sei Voraussetzung, dem Gesetzesvorschlag des Innensenators zuzustimmen, sagt sie. Thomas Pörschke wiederum, Obdachlosensprecher der Grünen, kann sowohl den Innensenator als auch die Linke gut verstehen. Er wünscht sich, dass der Konflikt nicht eskaliert.
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