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Bremer G8-Häftlinge sind wieder frei gekommen

■ Italienische Justiz erklärte Haftgrundlage für rechtswidrig / Vier Deutsche sitzen immer noch in Haft

Die drei Bremer, die seit dem G8-Gipfel im Juli in Genua inhaftiert waren, sind freigelassen worden und am Sonntagabend in Bremen wieder angekommen. Italiens Justiz hat am Samstag die Freilassung von zehn der insgesamt elf deutschen Globalisierungsgegner veranlasst, die am Rande des G8-Gipfels in Polizeigewahrsam genommen worden waren. Ein weiterer Deutscher – ein 18-Jähriger aus Wuppertal – sei zwar ebenfalls aus der Haft entlassen worden aber stehe noch unter Hausarrest und dürfe das Land vorerst nicht verlassen. Über eine Freilassung vier weiterer Deutscher will das Gericht am Montag entscheiden.

Das zuständige Gericht erklärte die Anordnung jetzt für nichtig, die die Polizei zu den Festnahmen autorisiert hatte. Diese Anordnung war nur 48 Stunden vor dem Gipfel eigens für die Polizeimaßnahmen gegen die bereits erwarteten G8-Proteste erlassen worden.

Den Deutschen wurde von der italienischen Justiz vorgeworfen, Verbindungen zu der linksextremen anarchistischen Gruppe „Schwarzer Block“ zu haben. Diese wird für die schweren Ausschreitungen am Rande des Gipfels verantwortlich gemacht. Indiz für die Verbindungen zum „Schwarzen Block“ waren schwarze Kleidungsstücke, die in den Fahrzeugen gefunden worden waren, und Werkzeuge, die die Betroffenen allerdings als Camping- und Autowerkzeug bezeichneten. Keiner der inhaftierten Deutschen war in einem direkten zeitlichen oder räumlichen Zusammenhang mit den Protes-ten gegen die G8-Gipfel festgenommen worden.

Die drei Bremer befanden sich in einer Gruppe mit anderen Deutschen, die am Montag nach dem Gipfel am Rande von Genua in eine Polizeikontrolle gerieten und direkt in Gewahrsam genommen wurden. Bei den Zusammenstößen zwischen den italienischen Sicherheitskräften und Globalisierungsgegnern waren ein Demonstrant getötet und 200 Menschen verletzt worden. Insgesamt nahm die Polizei 300 Menschen fest. Inzwischen wurden Untersuchungen gegen Polizisten eingeleitet, denen Gewaltexzesse vorgeworfen werden.

Die liberale römische Tageszeitung La Repubblica schrieb am Samstag über die Verlegung der in Rom geplanten Gipfelkonferenz der Welternährungsorganisation (FAO), Italien leide „unter dem Genua-Syndrom“. Wörtlich heißt es in dem Kommentar: „ Nach den schmerzlichen Erlebnissen von Genua bemerkt jeder einen Reifeprozess, in Italien und außerhalb. (...) Aus Rom zu flüchten, während dieser Prozess im Gang ist, wäre so, als würde man diesen aufhalten.“ Die Bremer Grünen hatten am Samstag ihren für heute geplanten Besuch im Gefängnis von Genua abgesagt, als die Entscheidung in Rom bekannt wurde, teilte der Bürgerschaftsabgeordnete Matthias Güldner gestern mit. K.W.

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