Bremen fördert fairen Handel: Faire Hand, stabiles Rückgrat

Auf der Fairen Woche wird Bio verkauft und über Zertifikate informiert. Die Bremer Verwaltung ist beim Einkauf moralisch – und beim Außenhandel pragmatisch.

Bitte mit Siegel: Die Bremer Verwaltung setzt beim Einkauf auf Fair Trade, nur beim Außenhandel drückt die Stadt ein Auge zu. Bild: dpa

BREMEN taz |Gute Nachrichten für alle, die im Laufe der „Discounter-Bio“-Debatte auf der Suche nach moralisch korrekten Einkäufen verzweifelt sind: Die „Faire Woche Bremen“ hat begonnen. Und bei Veranstaltern wie den Weltläden oder dem „Bremer entwicklungspolitischen Netzwerk“ sind Welt und Zertifikat noch in Ordnung.

An den Marktständen ist neben diversen Produkten auch fachkundige Beratung im Angebot. Mit Erfolg: Die Bilanzen des Organisationsbündnisses aus 40 Gruppen, Einzelhändlern und Schulen verbuchen jährlich mehr BesucherInnen. Außerdem ein wachsendes Problembewusstsein beim Einkauf von Kaffee, Kleidung oder dem diesjährige Schwerpunkt-Produkt Blumen.

Anderswo steht die Aufklärungsarbeit aber noch ganz am Anfang: Durchweg faire Computer sind beispielsweise nirgendwo erhältlich – und werden, so sagen die Fachhändler, auch kaum angefragt.

In Bremen ist Konsumverhalten nicht nur Privatsache. Besonders schlägt es sich da nieder, wo die öffentliche Hand direkten Zugriff hat: bei sich selbst. 100 Millionen Euro legt die Bremer Verwaltung jährlich für Einkäufe von Behörden, Krankenhäusern oder Schulen auf den Tisch. Und entsprechend des rot-grünen Koalitionsvertrags tut sie das nach öko-fairen Kriterien.

Im vergangenen Jahr meldete Finanzsenatorin Karoline Linnert (Grüne) Erfolge: Ökostrom, schadstofffreie Schürzen für die Reinigungskräfte und chlorfrei gebleichtes Papier kauft die Stadt inzwischen zentral ein. Der Katalog von Immobilien Bremen führt 3.000 Artikel, die Schritt für Schritt auf Öko umgestellt wurden. Wo es ohne Kompromisse nicht geht, werden Verträge befristet, um die Lieferanten im Blick zu behalten.

Verlässliche Zertifikate, die über Arbeitsbedingungen der ProduzentInnen und ökologische Qualität gleichermaßen Auskunft geben, gibt es nicht in allen Bereichen. „Hier wird auf Eigenerklärungen zurückgegriffen, die im Auswahlprozess systematisch hinterfragt werden“, sagt Dagmar Bleiker, Sprecherin des Finanz-Ressorts. Bei Ausschreibungen werden Konzepte eingefordert, wie Bieter die Einhaltung der Standards gewährleisten wollen.

Die moralische Marktwirtschaftlerin gibt Bremen zumindest im Einkauf durchaus überzeugend mit der „Marktmacht der öffentlichen Hand“, so Linnert. Da aber, wo Bremen schmerzhaftere Hebel ansetzen könnte, sieht es anders aus: beim Export über die Häfen.

Die seien das „wirtschaftliche Rückgrat“ Bremens, wie Wirtschaftssenator Martin Günthner (SPD) kürzlich im taz-Interview sagte und es sein auch in Hinblick auf Rüstungsexporte „wichtig, dass sie Universalhäfen bleiben“. Häfen also, in deren Umschlag die Politik möglichst wenig eingreift und vorsichtshalber auch gar nicht so ganz genau nachguckt.

Dass der Senator Moral, Wirtschaft und Politik auseinanderzuhalten weiß, bewies er auch auf seiner China-Reise im Juni. Gemeinsam mit Wirtschaftsvertretern wurden dort Beziehungen intensiviert, während Menschenrechtsverletzungen keine Rolle spielten. (taz berichtete)

Da haben es die Privatleute auf der Fairen Woche dann doch wieder leichter mit dem Gewissen. Noch bis zum 26. September finden Kaffee-Probieraktionen, Diskussionen zu fairer Verköstigung in Schulen oder Lesungen mit Biofrühstück statt.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.