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Brandenburgs InnenministerinKatrin Lange erklärt Rücktritt

Erst stuft der Verfassungsschutz die AfD als rechtsextremistisch ein, dann entlässt die Innenministerin dessen Chef. Jetzt tritt sie zurück.

Brandenburgs Innenministerin Katrin Lange tritt zurück Foto: Soeren Stache/dpa

Potsdam afp/taz | Brandenburgs Innenministerin Katrin Lange (SPD) tritt wegen der Debatte über die Entlassung des Chefs des Landesverfassungsschutzes zurück. Sie habe gegenüber Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) ihren Rücktritt erklärt, sagte Lange am Freitag in Potsdam. Sie wolle der „notwendigen Geschlossenheit“ in der Koalition nicht im Weg stehen.

Zuvor hatte es in Land und Partei Debatten über Langes Rolle bei der Entlassung gegeben. Vergangene Woche hatte sie öffentlich gemacht, dass der Verfassungsschutz in Brandenburg die AfD als gesichert rechtsextremistisch einstuft. Die Einstufung sei am 14. April erfolgt, die Ministerin sei aber erst am 5. Mai informiert worden. Das sei der Grund für die Entlassung des Verfassungsschutzchefs.

Er habe sie „über bedeutende Sachverhalte nicht ordnungsgemäß und viel zu spät unterrichtet“, sagte Lange nun. Durch den „zeitlichen Ablauf der Ereignisse“ habe sie ihre Fraktion vor den Kopf gestoßen. Der daraus entstandene Unmut sei berechtigt.

Was der Ministerpräsident dazu sagt

„Ich hätte mir gewünscht, dass es diese Entscheidung nicht geben muss“, sagte Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) zum Rücktritt. Lange erweise damit dem Land, der Landesregierung und der SPD „einen großen Dienst“.

Lange gehört innerhalb der märkischen SPD klar zum rechten Parteiflügel. Als Finanzministerin in der rot-schwarz-grünen Vorgängerregierung hatte sie mit Beharrlichkeit die Russland-Sanktionen kritisiert – und sich insbesondere auf die Grünen eingeschossen.

In der seit Dezember amtierenden neuen Regierung mit dem BSW war Lange dafür zuständig, eine harte Linie in der Innenpolitik durchzudrücken. Das heißt laut Koalitionsvertrag vor allem eines: deutlich mehr Abschiebungen. Im Landtag erhielt sie dafür häufiger Applaus von der AfD, die in Brandenburg die zweitstärkste Fraktion stellt.

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12 Kommentare

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  • Wenn so jemand zurücktritt, ist es wohl wirklich ein Dienst fürs Land. Kann nur besser werden.

    • @vieldenker:

      Stimmt. In so einer Position darf erwartet werden, daß die/der Amtsinhaber(in) reflektiert, was sie/er tut und nicht der erstbesten Regung nachgibt. Dann wäre auch Zeit gewesen, sich mit den Rechtsgrundlagen eines Landesamts im Verantwortungsbereich auseinanderzusetzen, anstatt jedermann zu verkünden, wofür in der Einarbeitung ins Amt auch nach fünf Monaten noch "keine Zeit" war. Dummerweise ist zu befürchten, daß vom Nachfolger keine der in empörter Panik getroffenen Entscheidungen revidiert werden wird.

  • Die Kandidatensuche bei den eigentlich 'westdeutschen' Altparteien ist schon schwierig genug, da ist die Unterscheidbarkeit der verschiedenen Parteigänger nach rechts oder links ein echtes Problem, insbesondere, wenn es dann noch darum geht, auch Kandidatinnen zu finden, um eine Scheinparität wahren zu können. Meine These: Die Männer, die bei dem Rechtsgesocks der AfD BewerberInnen einschüchtern, indem sie üble Nachreden und Hausbesuche durchführen, müssen sofort politisch kastriert und juristisch verfolgt werden. Es kann nicht sein, dass sich sonst niemand mehr findet, der hier antreten möchte aus Angst vor dem Mob. Evtl. sollte auch die 5%- Hürde bei diesen Wahlen aufgegeben werden, damit -bei dem prekären Ruf der Altparteien im Osten- auch unabhängige Wählergemeinschaften eine Chance haben.

    • @Dietmar Rauter:

      Zitat: "... damit -bei dem prekären Ruf der Altparteien im Osten- auch unabhängige Wählergemeinschaften eine Chance haben."

      Eher nicht. Denn in diese Splittergruppen glänzt man, so die Erfahrungen, nicht etwa mit eigenen Inhalten, sondern allenfalls mit dem Ego, selber ein Amt haben zu wollen. Auch wenn man damit den "Brüdern im Geiste" Wahlchancen klaut.

  • "Die Einstufung sei am 14. April erfolgt, die Ministerin sei aber erst am 5. Mai informiert worden."

    Das steht zwar im Konjunktiv, aber man könnte ja im Sinne der vollständigen Berichterstattung durchaus dazu sagen, dass Zweifel an dieser Darstellung bestehen.



    Nun ja. AfD und BSW sind ja bereits solidarisch mit Lange, dort findet sich bestimmt bei Bedarf ein Posten.

    • @nihilist:

      Der Konjunktiv ist die grammatikalisch korrekte Form, um etwas nicht selbst Erlebtes weiterzutragen. Der Leser darf sich gern selbst eine Meinung bilden. Etwa darüber, ob die Begründung einen derartigen Schlag mit dem Besestiel ins Meißner rechtfertigte oder doch eher dürftig blieb. Zumal nichts Substantielles hinzukam, sondern jede der folgenden Erklärungen die Sache nur noch prekärer machte.

    • @nihilist:

      Die SPD in Brandenburg ist als Einheitspartei aufgestellt und deckt vieles ab.

      Da muss sie nicht wechseln.

  • Rechter Flügel heißt hier wohl Spahn-Lager. Ranwanzen an die Rechtsextremisten als vermeintliche Strategie.



    Mit Verlaub, wer die Kassandra bestraft, die die Verfassungsfeinde klar benennen, setzt sich selbst ins Abseits - und hat in einer Landesregierung und in der SPD nichts verloren. Lange muss auch aus der SPD austreten. Das wäre ein letzter Gefallen.

    • @rakader:

      Damit Sie als neue Galeonsfigur bei der AfD eintritt?

      Wir sehen doch nun, wohin es führt, wenn man sich nicht mit Andersdenkenden auseinandersetzen will.

      Wie groß wollen Sie die AfD noch machen?

  • Wird jetzt trotzdem dieser Vorgang und das Verhalten von Lange aufgeklärt, also insbesondere ob die Aussagen von Lange korrekt waren? Ich befürchte, das mit ihrem Rücktritt der große Mantel des Schweigens darüber gelegt wird. Das würde das Vertrauen in die Politik nicht stärken. Aber, ich lass mich gerne überraschen.

    • @Black & White:

      Zitat: "Wird jetzt trotzdem dieser Vorgang und das Verhalten von Lange aufgeklärt, also insbesondere ob die Aussagen von Lange korrekt waren?"

      Wozu? Es ist doch alles gesagt: Die Frau hatte selbst nach dem von ihr veranstalteten Zirkus keine Zeit, die Begründung der Einstufung zu lesen und nicht mal gewußt, wer die Entscheidung zu treffen habe. Ein sich dem Wohl seiner Untergebenen verpflichteter Dienstherr klärt sowas, bevor er Tatsachen schafft und mit unausgegorenen Disziplinarentscheidungen an die Presse geht.

      Denn viel mehr als dieser Rausschmiß geht ja gar nicht. Die einzige noch mögliche Steigerung wäre die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis, wofür es eine strafrechtliche Verurteilung zu mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe oder ein Urteil des Verwaltungsgerichtes braucht.

    • @Black & White:

      So wird es sein - medial. Gleichwohl bin ich mir sicher, dass eine der Wissenschaften den Fall aufnehmen und untersuchen werden. Neuere Geschichte, Politik - man hat da so seine Wahlmöglichkeiten.