Brandenburger Landespolitik: Darling muss doch kein Depp sein
Für den künftigen Innenminister René Wilke gibt es schier nur Lob wegen seiner pragmatischen Politik als Oberbürgermeister von Frankfurt (Oder).

Zwei Wochen lang hatte eine Debatte um die Hochstufung der AfD durch den Verfassungsschutz des Landes, den Rauswurf von dessen Chef durch Innenministerin Lange und schließlich deren eigenen Rücktritt die Brandenburger Landespolitik beschäftigt. SPD-Fraktionschef Björn Lüttmann war sichtlich bemüht, diese Phase mit Wilkes Vorstellung nun als abgeschlossen betrachten – „und jetzt wieder zur Sacharbeit zurückkehren zu können“.
Formell fehlt zum Abschluss dieser Phase allerdings noch etwas: Erst Donnerstag soll Wilke in der Landtagssitzung seinen Amtseid leisten und damit auch offiziell Innenminister sein – wie Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) von 2010 bis 2013.
Der habe alle überrascht, hieß es gleich in mehreren Kommentaren zur Auswahl des zuletzt angeschlagen wirkenden Regierungschefs. Denn Wilke fehlt nicht bloß das Parteibuch der SPD, in der Vorgängerin Lange Vizechefin war und als mögliche Woidke-Nachfolgerin galt.
Parteiaustritt bei der Linken 2024
Wilke gehörte zudem bis 2024 der Linkspartei an, saß für sie bis 2018 vier Jahre im Landtag und arbeitete zuvor für mehrere ihrer Abgeordneten. Seinen Parteiaustritt im Sommer 2024 begründete er mit zunehmender Entfremdung zu ihren Positionen, etwa bei ihrer Haltung zum Krieg in der Ukraine.
Mit nur 33 Jahren wurde er 2018 Frankfurter Oberbürgermeister, im Mai 2026 steht dort die nächste OB-Wahl an. Dass er dafür nicht mehr zur Verfügung steht, ist unter den positiven Reaktionen die einzig bedauernde.
Die seit der Landtagswahl im September 2024 außerparlamentarisch agierenden Grünen sehen bei ihm „Pragmatismus, Verantwortungsbewusstsein und eine überparteilichen Handschrift“. Für die Linkspartei, gleichfalls nicht mehr im Landtag vertreten, kommentierte ihr Landesvorsitzender Sebastian Walter: „René Wilke ist ein kompetenter und überzeugender Interessenvertreter der Brandenburger Kommunen.“
Die AfD, bei der Wahl nur knapp hinter der SPD, nannte ihn pragmatisch, genau wie die CDU. So nimmt ihn auch das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) wahr, Koalitionspartner der SPD in der Landesregierung, und findet das gut – „auch wir betrachten uns als Pragmatiker“.
SPD-Fraktion will Verfassungsschutzchef nicht zurückholen
Dass seine Vorgängerin Katrin Lange nicht mehr im Amt ist, bedeutet offenbar nicht, dass sein Nachfolger den Rauswurf von Verfassungsschutzchef Jörg Müller rückgängig machen soll. „Nein, das möchte ich nicht“, sagte SPD-Fraktionschef Lüttmann am Dienstag auf eine Journalistenfrage. Man habe klar gemacht dass man einen neuen Chef und einen Neuanfang brauche.
Die BSW-Fraktion mochte sich nicht festlegen: Man werde sich nicht anmaßen, sich in eine Entscheidung des Ministeriums einzumischen. Grüne und Linkspartei hatten zuvor gefordert, Müller wieder als Chef des Verfassungsschutzes einzusetzen. Der ist in Brandenburg wie in Berlin und acht weiteren Bundesländern kein eigenständiges Landesamt, sondern eine Abteilung im Innenministerium oder der entsprechenden Senatsverwaltung.
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