Bosnien und Herzegowina will in die EU: Die Hoffnung der Bevölkerung
Verhandlungen beginnen vielleicht in einem Jahr. Die Bevölkerung verspricht sich mehr Rechtssicherheit und weniger Korruption.
Noch vor wenigen Tagen gab es einen Hickhack über die Verabschiedung des Gesuchs. Vertreter der Zivilgesellschaft fürchteten schon, das Gesuch könnte in letzter Minute noch von der serbischen Teilrepublik blockiert werden. Schon vor acht Jahren wäre Bosnien und Herzegowina dieser Schritt offengestanden. Doch vor allem die nationalistischen Parteien blockierten den Fortgang der Verhandlungen.
Viele der Führer der 14 politischen Parteien, die zumeist in Korruptionsskandale verwickelt sind und nur durch Klientelsysteme ihre Stellung im Staate behaupten können, fürchten die Durchsetzung eines Rechtsstaates mit europäischen Standards. Die jetzige Einigung hängt auch mit der deutsch-britischen Initiative von 2014 zusammen, mit der ein neuer Anlauf genommen wurde, die Blockaden zu überwinden.
Die bis dahin geltende Forderung der EU, eine Verfassungsreform durchzuführen, wurde zugunsten eines Wirtschaftsplans zurück gestellt. Im Februar 2015 beschloss das bosnische Parlament eine Reformagenda, um die Wirtschaft anzukurbeln. Im Juni trat dann die Stabilisierungs- und Assoziierungsvereinbarung zwischen der EU und Bosnien und Herzegowina in Kraft.
Nun hoffen die Bosnier, dass die EU das Gesuch annimmt und die Verhandlungen über die Aufnahme des Landes 2017 beginnen können. Diese werden langwierig sein, denn im Zuge dieser Verhandlungen müssen dann doch Verfassungsänderungen vorgenommen, Verwaltungsstrukturen modernisiert und das Rechtssystem reformiert werden.
Die Bevölkerungsmehrheit hofft trotz aller Enttäuschungen über die bisher unentschlossene Haltung der EU gegenüber den Machtstrukturen im Land auf eine Besserung der Lage. Die kürzliche Verhaftung des Medienmoguls und Führers der „Fortschrittspartei“ Fahrudin Radoncic durch die von der EU mitfinanzierte Staatspolizei hat diese Hoffnungen genährt. Verhandelt wird schon mit den Nachbarstaaten Serbien, Montenegro und Mazedonien. Auch Kosovo möchte EU-Mitglied werden.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach der Bundestagswahl
Jetzt kommt es auf den Kanzler an
Wahlsieg der Union
Kann Merz auch Antifa?
Der Jahrestag der Ukraine-Invasion
Warum Russland verlieren wird
Sieger des rassistischen Wahlkampfes
Rechte Parolen wirken – für die AfD
Alles zur Bundestagswahl
Oma gegen rechts hat Opa gegen links noch nicht gratuliert
Wahlniederlage von Olaf Scholz
Kein sozialdemokratisches Wunder