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Borrells Drohung gegen IsraelHau drauf statt Diplomatie

Tanja Tricarico
Kommentar von Tanja Tricarico

Der EU-Außenbeauftragte will den Dialog mit Israel einfrieren. Ganz falsch: Es geht jetzt darum, Kontakte zu erhalten für eine Friedenslösung.

Wurde von seinen Kri­ti­ke­r:in­nen auch schon mal als „Dampfwalze“ bezeichnet: Josep Borrell Foto: Jean-Francois Badias/AP/dpa

N och-EU-Außenbeauftragter Josep Borrell schürt pünktlich zu seinem Abschied noch mal den brenzligsten Konflikt innerhalb der EU. Der Spanier will den politischen Dialog der europäischen Staaten mit Israel aussetzen – quasi als Druckmittel und Strafmaßnahme.

In kaum einer anderen außenpolitischen Causa sind die europäischen Staaten derart gespalten wie im Nahostkonflikt. Während Spanien oder Irland – auch aus historischen Gründen – auf der Seite der Palästinenser stehen und lieber von einer Befreiungsbewegung sprechen, stehen am anderen Ende der Meinungsskala Deutschland oder Österreich. Beide rechtfertigen das Selbstverteidigungsrecht Israels, auch wenn sich im anhaltenden Krieg im Gazastreifen und nun auch im Südlibanon mit Tausenden toten Zi­vi­lis­t:in­nen die Kritik an Israel deutlich verschärft hat.

Von Kri­ti­ke­r:in­nen wurde Borrell auch schon mal schnöde als „Dampfwalze“ bezeichnet. Als einer, der lieber vorprescht und Eigeninteressen verfolgt, anstatt auf Austausch, Gespräch und Friedensvermittlung – also den Werten einer wie auch immer gearteten europäischen Außenpolitik – zu setzen. Unvergessen sind seine etlichen Vorstöße, im Sinne der Palästinenser auf eine Waffenruhe zu drängen, ohne Absprache mit den anderen EU-Staaten.

Ist das letzte Aufbegehren vor dem Amtsende ein Fingerzeig in Richtung Kaja Kallas, die Borrells Nachfolge antreten soll? Die Estin verfolgt eine harte Anti-Putin-Agenda und wird auf die harte Probe gestellt werden, die EU-Staaten in der Ukraineunterstützung zum einen und mit einer gemeinsamen Agenda gegen den Aggressor Russland zu festigen.

Denn auch in diesem kriegerischen Konflikt droht die Solidarität zu bröckeln. Die hohe Kunst im europäischen Gebilde ist es, Interessen auszuloten und die Kontakte der Staaten zur Befriedung von Konflikten zu nutzen. Wenn die ranghöchste Diplomatie in Europa darauf nicht setzt, wird sie eine gemeinsame Linie nicht mehr finden.

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Tanja Tricarico
wochentaz
Schreibt seit 2016 für die taz. Themen: Außen- und Sicherheitspolitik, Entwicklungszusammenarbeit, früher auch Digitalisierung. Leitet derzeit das Politik-Team der wochentaz. Privat im Einsatz für www.geschichte-hat-zukunft.org
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4 Kommentare

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  • Liebe Tanja Tricarico. Der Satz "... – also den Werten einer wie auch immer gearteten europäischen Außenpolitik –" macht stutzig. Was sind denn diese "Werte"? das müsste man zunächst mal definieren. Dabei wird sich sehr schnell herausstellen, dass die ganz sicher nicht auf alle Beteiligten an diesem Konflikt in gleicher Weise, fair und unvoreingenommen angewandt werden. Hier wird ständig das Selbstverteidigungsrecht Israels betont und das ist völlig richtig. Doch es gilt auch für die Palästinenser, oh doch!!! Und wenn eine Seite Terror anwendet, dann darf die andere das nicht einfach so auch machen. Niemand sollte Terror anwenden - auch nicht die Israelis. Bislang hat die europäische Außenpolitik nur flaue Worte für den Terror der Israelis gefunden, bestenfalls mit Wattebällchen geworfen. Die Interessen der anderen Seite werden fast komplett ignoriert.

  • Das Assoziationsabkommen der EU mit Israel hat eine Menschenrechtsklausel und soweit mir bekannt ist streitet kein EU Land ab, das Israel teils schwere Menschenrechtsverletzungen in den besetzten Gebieten begeht und das nicht erst seit Ausbruch des Krieges letztes Jahr. Von den unzähligen Völkerrechtsbrüchen und Nichtbeachtung von Resolutionen des Sicherheitsrates ganz zu schweigen. Welche Konsequenzen gab es dafür für irgendeine israelische Regierung? Die Antwort: keine. Folgen hatte diese Null-Konsequenzen-Politik allerdings für die Palästinenser, deren Häuser zerstört wurden, deren Land und Ressourcen geraubt wurden und die Opfer der Menschenrechtsverletzungen wurden. Wir sind wo wir sind eben weil es nie wirkliche Konsequenzen gab, schlimmer noch wenn die Palästineser versuchten sich auf juristischen Weg Gerechtigkeit zu verschaffen wird dies sogar versucht zu verhindert (siehe Dtl. beim ICC) oder rechtl. Gutachten und Resolutionen ignoriert. Und jetzt redet die rechtsradikalste Regierung die Israel je hatte in Teilen von Annexion u. ethnischer Säuberung. Wenn wir tatsächlich für Menschenrechte u. Völkerrecht eintreten muss sich die Politik in Bezug auf Israel drastisch ändern.

  • Nein, es geht jetzt darum, die rechtsextreme Rdgierung Netanjahu zu isolieren, da diese mit ihrem Favoriten Trump noch gefährlicher wird.

    • @Rinaldo:

      "...Regierung Netanjahu zu isolieren, da diese mit ihrem Favoriten Trump noch gefährlicher wird."



      Glauben Sie dann ernsthaft, dass Trump sich einer solchen Isolierung anschließen wird? In diesem Fall wäre eine Isolierung sprich Kappen der Gespräche eher unkonstruktiv, oder?