Bootsunglück in Mosambik: Viele Menschen ertrunken
In Mosambik sterben bei einem schweren Bootsunglück vor der Küste mindestens 97 Menschen. Sie wollten vom Festland auf eine Insel fliehen.
Rund 130 Menschen waren auf dem kleinen hölzernen Fischkutter, der am Sonntagabend im Fischerhafen Lunga in See stach. Sie wollten Berichten zufolge weg, weil dort eine staatliche Cholerabekämpfungskampagne beginnen sollte. Das plötzliche Eintreffen von Ärzten habe die lokale Bevölkerung davon überzeugt, dass sie dort in Lebensgefahr seien, berichteten Journalisten vor Ort. Viel zu viele Menschen drängten sich in ein einziges kleines Boot zur Fahrt aufs vermeintlich rettende Meer.
Die mosambikanische Provinz Nampula, Schauplatz des Geschehens, ist das Zentrum einer Cholera-Epidemie, die in Mosambik seit Oktober 32 Tote gefordert hat. Das ist eine moderate Bilanz verglichen mit Nachbarländern.
Doch im Norden Mosambiks ist die humanitäre Lage besonders prekär wegen des seit 2017 andauernden Krieges gegen islamistische Rebellen, die zum globalen „Islamischen Staat“ gezählt werden. Nach UN-Angaben sind aktuell über 700.000 Menschen in Mosambik wegen des Krieges auf der Flucht, vor allem aus der am schwersten betroffenen nördlichsten Provinz Cabo Delgado in die Nachbarprovinz Nampula.
Großes Misstrauen gegenüber dem Staat
Da auch Mosambiks Armee schwere Menschenrechtsverletzungen begeht, sind insbesondere muslimische Kriegsvertriebene äußerst misstrauisch gegenüber jeder staatlichen Autorität; Mosambiks Hauptstadt Maputo liegt 1.400 Kilometer weiter südlich.
Das Ziel des Fischerbootes aus Lunga war den Berichten zufolge die Insel Moçambique, rund 20 Kilometer weiter nördlich, aber nur wenige Kilometer vom Festland entfernt und mit diesem eigentlich sogar über eine Brücke verbunden.
Die Insel Moçambique, Teil des Weltkulturerbes, war bis 1898 Hauptstadt von Portugiesisch-Ostafrika, dem sie seinen heutigen Namen gab. Jahrhundertelang war sie eine wichtige Station auf der Schifffahrtsroute zwischen Asien und Europa rund um den afrikanischen Kontinent, bevor diese durch den Bau des Suezkanals ins Rote Meer verlegt wurde.
Staatliche Gesundheitskampagnen in entlegenen Gebieten Mosambiks dienten während der 1975 beendeten portugiesischen Gewaltherrschaft immer auch der Ausweitung staatlicher Kontrolle. Auch nach der Unabhängigkeit wurde berichtet, dass Cholera-Impfteams der Regierung im Norden des Landes angegriffen wurden, weil man ihnen vorwarf, die Seuche mitzubringen. Inseln vor der Küste waren regelmäßig Zufluchtsorte, um sich vor dem Staat in Sicherheit zu bringen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“