■ Bonn apart: FDP sucht den Kammerjäger
Klagen von Quasiprominenten sind ja zur Zeit in. Jessica Stich, die Frau von dem Stich, hat jüngst 15.000 Mark Schmerzensgeld für Fotos erstritten, die sie in ihrem Garten zeigen. Und Susanne Juhnke, die Frau von dem Juhnke, will klagen, weil die Bunte ihr ein lesbisches Verhältnis angedichtet hat.
Auch Politiker wollen gejagt und, wenn schon nicht nackt fotografiert, so doch wenigstens beleidigt und verleumdet werden. Denn das hebt den Stellenwert. Bei der FDP zum Beispiel wollen sich einige als Parasit bezeichnet fühlen, nur um gerichtlich durchsetzen zu lassen, daß sie keine Parasiten sind.
SPD-Fraktionschef Rudolf Scharping hatte nämlich gesagt: Wer die Bergleute, wie Teile der FDP, als Parasiten bezeichne, sei selbst ein Parasit. Die FDP tat daraufhin ganz schön wütend. Sie bestritt, daß in ihren Reihen eine solche Äußerung gefallen sei. Weil die FDP ja immer und zu jeder Zeit weiß, was alle Teile von ihr gerade tun.
Die FDP wollte also auf Unterlassung klagen. Da aber Teile von ihr nicht klagen können, weil sich kein Richter nur mit einem F oder einem D oder gar einem P als Kläger einverstanden erklären würde, mußte die FDP herausfinden, wer gemeint sein könnte.
Fraktionschef Hermann Otto Solms nahm als erster die Spur auf. So drängte er die SPD machtvoll zur Konkretisierung ihres Anwurfs: Das Wort Parasit sei „im Ältestenrat des Bundestages oder an dessen Rand und im Bundestagsrestaurant gefallen“. Im Ältestenrat nämlich, so recherchierten FDP-Strategen, seien nur drei FDP-Abgeordnete: Burkhard Hirsch, Jörg van Essen und Ina Albowitz (Spenden für die namentliche Erwähnung bitte aufs taz- Konto). Also, so die messerscharfe Schlußfolgerung, werde damit einem der drei FDPler die bewußte Äußerung unterstellt.
Doch nun hat Rudolf Scharping dem Trio einen Strich durch die Rechnung gemacht. Er ließ erklären, der Vorwurf beziehe sich nicht auf die Vertreter im Ältestenrat: Hirsch! Van Essen! Und Albowitz! Er halte den Vorwurf aber gegenüber anderen FDP-Politikern aufrecht. Seitdem ist die ganze FDP im Fieber. Jeder darf sich angesprochen fühlen. Markus Franz
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