Boni-Debatte in Europa: Von der Schweiz lernen
In Brüssel wird am Dienstag über Grenzen für Banker-Boni entschieden. Gleichzeitig wird in Deutschland die Diskussion über Managergehälter geführt.
BRÜSSEL/SIEGEN/BERLIN dpa | Die EU-Finanzminister wollen an diesem Dienstag in Brüssel den europäischen Kompromiss zu Grenzen für Banker-Boni endgültig billigen. „Die Elemente des Deals sind da. Die Boni waren die letzte offene Frage. Es ist ein guter Kompromiss gefunden", sagte der Sprecher von EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier am Montag in Brüssel. Besonders aus Großbritannien gab es bisher Widerspruch zu der Vereinbarung.
Die irische EU-Ratspräsidentschaft und das Europaparlament hatten sich in der vergangenen Woche in Hinterzimmerverhandlungen grundsätzlich auf den Kompromiss zu strengeren Bankenregeln und damit auch für die Boni geeinigt. Die Vorschriften begrenzen die Banker-Boni auf die Höhe des Grundgehalts, in Ausnahmefällen darf der Bonus doppelt so hoch ausfallen.
Außerdem verlangt das neue Gesetz von den Banken mehr und bessere Kapitalreserven zur Krisenvorsorge. Diese informelle Einigung muss noch von den EU-Kassenhütern und der Volksvertretung bestätigt werden. Die österreichische Ressortchefin Maria Fekter äußerte sich zuversichtlich. „Wir werden uns das Paket ansehen und dann die Lösung, die im Konsens mit dem Parlament gefunden wird, in Österreich umsetzen. Und ich hoffe, dass das noch vor dem Sommer geschieht“, sagte die Konservative.
Barniers Sprecher wies darauf hin, dass für die neuen Regeln eine sogenannte qualifizierte Mehrheit im Finanzministerrat nötig sei. Das heißt, dass einzelne Länder kein Veto gegen die Entscheidung einlegen können. Allerdings muss der politische Kompromiss dann noch in einen Gesetzestext umgesetzt werden. Bei dem Vorhaben geht es nur um den Bankensektor, nicht um eine generelle Begrenzung von Managergehältern, wie sie die Schweizer am Wochenende in einer Volksabstimmung gefordert hatten.
Diskussion in Deutschland
Nach der Schweizer Volksabstimmung geht jedoch die Debatte über Managergehältern in Deutschland über ähnliche Schritte weiter. „Auch wir haben Exzesse“, sagte SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil dem Fernsehsender Phoenix. „Deshalb müssen wir eine Debatte über die Angemessenheit von Managergehältern führen.“ Dabei müsse die Frage beantwortet werden, ob es „richtig sein kann, dass der eine mehr als 100 mal so viel verdient wie der andere“, fügte Heil hinzu.
Der Chef des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall, Rainer Dulger, warnte vor übereilten Schritten und einer generellen Begrenzung der Bezüge. „Für mich ist entscheidend, dass ein Bonus nur bei langfristigem Erfolg eines Unternehmens gezahlt werden sollte“, sagte Dulger der Bild-Zeitung. Über die Höhe von Gehältern und Prämien entschieden in den großen Konzernen ohnehin auch die Arbeitnehmervertreter mit. Dulger betonte, die Frage nach einer gesetzlichen Begrenzung stelle sich für die meisten Manager und Führungskräfte in Deutschland nicht: „Im Mittelstand sind so hohe Gehälter und Boni ohnehin die Ausnahme.“
Am Sonntag hatten sich mehr als zwei Drittel der Schweizer für die „Volksinitiative gegen die Abzockerei“ ausgesprochen. Sie will erreichen, dass künftig die Aktionäre von Unternehmen über die Gehälter an der Spitze entscheiden. Ein „Goldener Handschlag“ beim Weggang aus einem Konzern und Begrüßungsmillionen vor dem Beginn eines Arbeitsverhältnisses sollen verboten werden.
Der Unions-Finanzexperte Klaus-Peter Flosbach hat die Begrenzung von Banker-Boni als richtige Lehre aus der Finanzkrise bewertet. „Es kann nicht sein, dass Banker mit den Geldern der Kunden unverhältnismäßig hohe Risiken eingehen, dafür einen Bonus bekommen und der Steuerzahler am Ende die Rechnung hierfür präsentiert bekommt“, sagte der finanzpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Klaus-Peter Flosbach.
Deutschland habe bereits seit 2010 Regelungen für Vergütungssysteme. „Es ist gut, dass die EU jetzt nachzieht und entsprechende Regelungen EU-weit gelten werden.“ Brüssel hatte kürzlich neue Boni-Vorgaben für die Banken auf den Weg gebracht. Bis Ende 2013 will die EU-Kommission auch Vorschläge zur Begrenzung von Managergehältern vorlegen.
Steinbrück lobt die Schweiz
SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück hat den Schweizer Volksentscheid zur Begrenzung von Managergehältern gelobt. „Ich finde das positiv, das strahlt ja auch ab auf Deutschland. Wir führen die Debatte ja auch“, sagte er am Montag in Siegen am Rande einer Veranstaltung. Steinbrück warf allerdings die Frage auf, ob sich eine solche Begrenzung gesetzlich regeln lasse.
„Ich glaube, dass die Aktionäre das im wesentlichen übernehmen müssen und auf den Hauptversammlungen Einfluss nehmen müssen“, sagte er. Man müsse aufpassen, dass man nicht in die Vertragsfreiheit eingreife. „In Deutschland brauchen wir darüber aber kein Referendum oder eine Befragung, weil die meisten Menschen sofort damit einverstanden sind.“ Und auch die politischen Türen seien weit offen, „für eine Begrenzung der teilweise exzessiven Boni-Zahlungen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Krieg in der Ukraine
Russland droht mit „schärfsten Reaktionen“
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Diskussion um US-Raketen
Entscheidung mit kleiner Reichweite