Bombendrohung nach Streit mit AfD: Aufruhr im Revuetheater
Der Intendant des Friedrichstadt-Palasts grenzt sich von der AfD ab – und erhält am Wochenende Hassmails und eine Bombendrohung.
Der Friedrichstadt-Palast hat zum ersten Mal in seiner Geschichte eine Bombendrohung erhalten. Kurz vor Beginn der Abendvorstellung am Samstag musste der Saal mit rund 1.700 Gästen evakuiert werden, sagte der Theatersprecher André Puchta am Sonntag der taz. Die Gäste seien aus dem Gebäude geleitet worden und hätten dann zunächst in einiger Entfernung gewartet. Zwanzig Minuten später habe die Polizei Entwarnung geben können. Das Ensemble habe sich daraufhin entschlossen, dennoch zu spielen, auch ein Großteil der Gäste sei in den Saal zurückgekehrt. Nach der Vorstellung habe das Publikum die Entscheidung der Schauspieler mit langanhaltendem Applaus und Standing Ovations belohnt, so Puchta.
Über den Urheber der Bombendrohung ist nichts genaueres bekannt. Ein Zusammenhang zu der seit einigen Tagen laufenden Auseinandersetzung zwischen dem Revuetheater und der AfD drängt sich allerdings auf. Berndt Schmidt, Intendant der Showbühne, hatte in der letzten Woche in einem Brief an seine Mitarbeiter erklärt, sein Haus wolle sich künftig deutlich von AfD-Wählern abgrenzen: „Ich will all deren Geld nicht“, schrieb Schmidt dort. Der Palast sei eine bedeutende Kulturinstitution im Osten und sehe sich deswegen nach der Bundestagswahl in der Verantwortung, sich gegenüber der AfD zu positionieren.
Seit dieser Aussage habe der Intendant mehr als 250 Hassmails empfangen, sagte Puchta am Sonntag, darunter mehrere Morddrohungen. Der AfD-Landesvorsitzende Georg Pazderski hatte in Reaktion auf die Worte Schmidts verlangt, dem Friedrichstadt-Palast die öffentlichen Fördergelder zu streichen. Die AfD hatte außerdem über ihre Facebookseite zehn Eintrittskarten für die Vorstellung am Samstagnachmittag an „bekennende AfD-Wähler“ verlost. Parteisprecher Ronald Gläser war dort ebenfalls anwesend und sagte laut Deutscher Presseagentur, er wolle zeigen, dass man sich „das Denken nicht von einem politisch korrekten Intendanten abnehmen“ lasse.“
Vor der Vorstellung am Samstagnachmittag hatte sich Schmidt selbst ans Publikum gerichtet. In der Rede, die der taz vorliegt, sagt Schmidt, es sei ihm um Ab- nicht aber um Ausgrenzung gegangen. „Als AfD-Wähler können Sie jederzeit in den Palast kommen, es ist Ihr gutes Recht, hier zu sein“, sagte der Intendant. Er betonte allerdings auch, es sei nicht hinzunehmen, dass „Teile der Partei und ihrer Wähler mit rassistischen, völkischen Gedanken den Hass auf alles schüren, was nicht deutsch ist oder nicht deutsch aussieht.“ Damit stelle er sich auch vor alle Mitarbeiter und Gäste, die aufgrund ihres migrantischen Aussehens mit Anfeindungen seitens der AfD zu rechnen hätten, so Schmidt. Das Publikum quittierte die Rede mit langem Applaus.
„Wir stehen weiterhin zu unser klaren Abgrenzung von rassistischem Gedankengut“, sagte Puchta am Sonntag der taz. Die Reaktionen des Ensembles und des Publikums nach der Bombendrohung am Samstagabend hätten gezeigt, dass man sich nicht einschüchtern lasse.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Donald Trump zu Ukraine
Trump bezeichnet Selenskyj als Diktator
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Berlinale-Rückblick
Verleugnung der Gegenwart
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?