Bolsonaros Coronapolitik ist übel: Brasiliens Staatsverbrecher
Über eine halbe Million Pandemietote: Die Bilanz des brasilianischen Präsidenten ist katastrophal. Aber nicht nur in der Hinsicht.

Tausend Seiten voller Verbrechen: Brasiliens Präsident Jair Bolsinaro unter Druck Foto: Eraldo Peres/ap
Die Liste der Verbrechen, die die parlamentarische Untersuchungskommission Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro in ihrem Bericht vorwirft, ist lang: Dokumentenfälschung, Veruntreuung von Staatsgeldern, Scharlatanerei, Anstiftung zu Verbrechen, Verbrechen gegen das Recht auf Gesundheit, Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
Seit April hat die Kommission Zeug*innen befragt, Material gesammelt und ausgewertet. Herausgekommen sind weit über tausend Seiten zusammen mit der Empfehlung, Bolsonaro vor Gericht zu stellen.
600.000 Menschen sind seit Ausbruch der Pandemie in Brasilien an Corona gestorben. Allein 95.000 Leben hätten nach Schätzungen des Epidemiologen Pedro Hallal gerettet werden können, hätte der Präsident rechtzeitig Impfstoffangebote angenommen oder gar selbst welchen bestellt. Unzählige weitere wären noch am Leben, hätte der Präsident die Pandemie nicht wiederholt öffentlich geleugnet und kleingeredet, Lügen über angebliche Heilmittel oder Unempfindlichkeit des Homo brasilianensis gegenüber Krankheiten verbreitet, hätte er Schutzmasken empfohlen oder selbst getragen, hätte er auf große Massenveranstaltungen verzichtet. Die Coronapolitik des Präsidenten ist so zynisch wie seine Reaktion auf den Bericht: „Wir tragen an rein gar nichts die Schuld und haben vom ersten Moment an alles richtig gemacht.“
Wahrheiten verdrehen, Gerüchte streuen, haltlose Lügen verbreiten – damit ist Bolsonaro bereits ins Amt gekommen. Dass der Bericht über sein Versagen in der Gesundheitspolitik zu einem Impeachment führen wird, darf man bezweifeln. Dafür gibt es zu viele, die ein Interesse an seinem Verbleib haben. Auch der Generalbundesanwalt, der Ermittlungen aufnehmen müsste, sollte die Kommission den Bericht annehmen, gehört dazu. Die Hoffnung, die nach dem großen medialen Interesse bleibt: dass die Brasilianer*innen bei den Präsidentschaftswahlen 2022 die Konsequenzen ziehen und Bolsonaro abwählen. Derzeit ist das nicht ganz unwahrscheinlich.
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Über eine halbe Million Pandemietote: Die Bilanz des brasilianischen Präsidenten ist katastrophal. Aber nicht nur in der Hinsicht.
Tausend Seiten voller Verbrechen: Brasiliens Präsident Jair Bolsinaro unter Druck Foto: Eraldo Peres/ap
Die Liste der Verbrechen, die die parlamentarische Untersuchungskommission Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro in ihrem Bericht vorwirft, ist lang: Dokumentenfälschung, Veruntreuung von Staatsgeldern, Scharlatanerei, Anstiftung zu Verbrechen, Verbrechen gegen das Recht auf Gesundheit, Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
Seit April hat die Kommission Zeug*innen befragt, Material gesammelt und ausgewertet. Herausgekommen sind weit über tausend Seiten zusammen mit der Empfehlung, Bolsonaro vor Gericht zu stellen.
600.000 Menschen sind seit Ausbruch der Pandemie in Brasilien an Corona gestorben. Allein 95.000 Leben hätten nach Schätzungen des Epidemiologen Pedro Hallal gerettet werden können, hätte der Präsident rechtzeitig Impfstoffangebote angenommen oder gar selbst welchen bestellt. Unzählige weitere wären noch am Leben, hätte der Präsident die Pandemie nicht wiederholt öffentlich geleugnet und kleingeredet, Lügen über angebliche Heilmittel oder Unempfindlichkeit des Homo brasilianensis gegenüber Krankheiten verbreitet, hätte er Schutzmasken empfohlen oder selbst getragen, hätte er auf große Massenveranstaltungen verzichtet. Die Coronapolitik des Präsidenten ist so zynisch wie seine Reaktion auf den Bericht: „Wir tragen an rein gar nichts die Schuld und haben vom ersten Moment an alles richtig gemacht.“
Wahrheiten verdrehen, Gerüchte streuen, haltlose Lügen verbreiten – damit ist Bolsonaro bereits ins Amt gekommen. Dass der Bericht über sein Versagen in der Gesundheitspolitik zu einem Impeachment führen wird, darf man bezweifeln. Dafür gibt es zu viele, die ein Interesse an seinem Verbleib haben. Auch der Generalbundesanwalt, der Ermittlungen aufnehmen müsste, sollte die Kommission den Bericht annehmen, gehört dazu. Die Hoffnung, die nach dem großen medialen Interesse bleibt: dass die Brasilianer*innen bei den Präsidentschaftswahlen 2022 die Konsequenzen ziehen und Bolsonaro abwählen. Derzeit ist das nicht ganz unwahrscheinlich.
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Schwerpunkt Coronavirus
Kommentar von
Sunny Riedel
Redakteurin taz1
Interessiert sich für Brasilien, Bayern, Balkan. Studium Lateinamerikanistik in Berlin und Buenos Aires, danach Ausbildung an der DJS.
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