Bodo Ramelow über den Castro-Brief: "Es ist nicht mein Sprachstil"
Derzeit wird alles gegen die Linken verwendet – dabei ist der Geburtstagsgruß an Kubas Staatschef Fidel Castro gar kein Skandal, meint Bodo Ramelow.
taz: Herr Ramelow, die beiden Vorsitzenden der Linkspartei haben Kubas Staatschef Fidel Castro zum 85. Geburtstag überschwänglich gratuliert. Ist das ein Skandal?
Bodo Ramelow: Nein. Es ist nur nicht mein Sprachstil. Man kann Fidel Castro zum Geburtstag gratulieren, aber das sozialistische Pathos, das an vergangene Zeiten erinnert, gefällt mir nicht.
Hätten Gesine Lötzsch und Klaus Ernst wissen müssen, dass das medial ausgeschlachtet wird?
Was wird derzeit gegen links nicht medial ausgeschlachtet? Merkel hofiert die chinesische KP auch, ohne die Menschenrechte zu thematisieren. Da wird mit zweierlei Maß gemessen.
Der Berliner Linken-Landeschef Klaus Lederer ist wütend. Immerhin steckt er mitten im Wahlkampf. Schaden die Parteichefs dem Wahlkampf in den Ländern?
Die Berliner Partei muss sich auf das konzentrieren, was sie im rot-roten Senat erreicht hat. Und das ist viel. Insgesamt stehen wir doch gar nicht so schlecht da. In Mecklenburg-Vorpommern sind die Umfragen positiv, in Thüringen liegen wir in Umfragen bei 25 Prozent …
… aber für Rot-Rot in Berlin sieht es derzeit mies aus.
Ich bin da noch optimistisch. Es wäre natürlich gut, wenn die gesamte Partei für das rot-rote Projekt stehen und kämpfen würde. Einige meinen leider, es wäre hilfreich, wenn Rot-Rot scheitern würde. Mit diesen innerparteilichen Strömungsstreitereien schaden wir uns selbst.
55, ist Fraktionschef der Linken in Thüringen. Zuvor war Ramelow stellvertretender Vorsitzender der Linken-Bundestagsfraktion.
In Deutschland herrscht eine teils antikapitalistische Stimmung. Die Systemfrage stellt längst nicht mehr nur die Linkspartei. Warum schlägt sie daraus kein Kapital?
Die systemkritischen Fragen werden immer lauter. Selbst Frank Schirrmacher wirft in der FAZ die Frage auf, ob wir nicht doch recht hatten mit einigen Dingen. Aber hier ist es doch so: Immer wenn die Angst umgeht, dass die Währung flöten geht, rutscht das politische Bewusstsein nach rechts.
Das hört sich zu einfach an. Noch mal: Weshalb profitiert die Linkspartei nicht von der Finanz- und Eurokrise?
Weil es keinen Automatismus gibt, dass überhaupt eine Partei davon profitiert. Die Parteien sind selbst in der Krise. Selbst die schwarz-gelbe Liebeshochzeit profitiert nicht, die SPD auch nicht. Nur die Grünen gehen ab. Aber ich warne: Genauso ist die FDP schon einmal abgegangen. Da ist viel Voodoo-Erwartung dabei. Die Leute setzen Hoffnungen in die Grünen, die diese nicht erfüllen können.
Sind Sie denn optimistisch, dass sich die Linkspartei bundesweit wieder erholt?
Wir sind doch relativ stabil. Nach einem Höhenflug sind wir bei den Mühen der Ebene angekommen, da liegen wir mit 8 Prozent im Bund derzeit recht gut. Im Westen müssen wir die zum Teil irrationalen innerparteilichen Auseinandersetzungen zugunsten von Politik beenden und im Osten mehr junge Mitglieder gewinnen. Insgesamt sehe ich uns weder im Glorienschein noch im absoluten Absturz.
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