piwik no script img

Blockupy-Protest in Frankfurt Zentralbank befiehlt Heimarbeit

Blockupy will am Mittwoch die EZB in Frankfurt lahmlegen. Auch militante Gruppen mobilisieren. Die Stadt fürchtet Gewalt, die EZB macht sich klein.

Polizisten sicherten bereits im November das Gelände der Europäischen Zentralbank. : dpa

BERLIN taz | Mit einem gewaltigen Polizeiaufgebot und großflächigen Absperrungen bereitet sich die Stadt Frankfurt auf Proteste in der kommenden Woche vor. Das kapitalismuskritische Blockupy-Bündnis ruft dazu auf, am Mittwoch mit Tausenden Menschen den Betrieb der Europäischen Zentralbank (EZB) lahmzulegen.

Die Bank, die in Frankfurt ihren Hauptsitz hat und unter anderem die Sparauflagen von europäischen Pleitestaaten wie Griechenland beaufsichtigt, will an dem Tag den Neubau ihrer Zentrale einweihen. Sie reagierte bereits: Ein Großteil der Mitarbeiter soll am Mittwoch von zu Hause aus arbeiten. Die angekündigten Feierlichkeiten fallen ausnehmend klein aus: drei Reden, ein bisschen Sekt, keine Staatsgäste.

Das Blockupy-Bündnis hatte sich vor drei Jahren in Frankfurt gegründet, nachdem dort die Occupy-Bewegung monatelang den Platz vor der Europäischen Zentralbank besetzt hielt und für große mediale Aufmerksamkeit sorgte. Bei zahlreichen Demonstrationen kam es seitdem immer wieder auch zu Auseinandersetzungen mit der Polizei. Nicht immer ausgelöst durch die Demonstranten.

Berüchtigt war der legendäre Polizeikessel, mit dem die Beamten im Juni 2013 über Stunden hinweg einen großen Teil einer Demonstration aufhielt und einkesselte und dabei auch sehr rabiat vorgingen. Unter anderem attackierten Polizisten Journalisten wiederholt.

Das löste eine öffentliche Debatte aus, der Landtag setzte einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss ein. Seitdem geht die Polizei, auch unter ihrem neuen Polizeipräsidenten Gerhard Bereswill, etwas zurückhaltender gegen die Blockupy-Proteste vor.

Bei einem der letzten Proteste Ende 2014 ließ sie vemummte Demonstranten weitgehend gewähren, als diese aus der Menge heraus die Zäune der EZB überstiegen und das Gebäude mit Farbbeuteln bewarfen. Für die kommende Woche kündigte die Polizei an, friedliche Demonstrationen zu ermöglichen, aber gegen sogenannte Störer hart durchgreifen zu wollen.

Zilviler Ungehorsam angekündigt

Das Blockupy-Bündnis kündigt an, mit massenhaftem zivilem Ungehorsam Blockaden organisieren zu wollen. Dabei setzt man eher auf Straßentheater als auf Straßenschlachten. Aus dem Bündnis, das unter anderem von postautonomen linken Gruppen, Attac, Politikern der Linkspartei und hessischen Gewerkschaftern getragen wird, gibt es keine direkten Aufrufe zu militanten Aktionen.

Parallel zum Blockupy-Bündnis mobilisiert allerdings auch die militante Szene nach Frankfurt. Im Internet kursieren etwa //www.youtube.com/watch?v=2_arF7W-aIs:Videos unter dem Stichwort „Destroika“, die im militanten Gestus mit Bildern von brennenden Barrikaden zu autonomen Aktionen aufrufen. Auch aus dem europäischen Ausland werden Demonstranten erwartet. In Italien mobilisieren unter anderem Parteigruppen, Metallarbeiter und soziale Zentren.

In der linken Szene gilt der 18. März seit Monaten als der zentrale Protesttermin des Jahres 2015. Im Gegensatz etwa zu den Protesten gegen den G-7-Gipfel, der im Juni im bayerischen Ort Elmau stattfinden soll, sind bislang wesentlich mehr Gruppen an der Vorbereitung des Blockupy-Protests beteiligt.

Viele von ihnen feiern den Tag als große symbolische Chance, nach dem Wahlerfolg der Syriza-Partei in Griechenland eine Antwort auf die von ihnen kritisierte Sparpolitik zu geben, mit der die Europäische Union insbesondere europäische Pleitestaaten dazu drängt, ihre Sozialausgaben zurückzufahren und große Teile der öffentlichen Infrastruktur zu privatisieren.

In einem gemeinsamen Aufruf warben auch linke Intellektuelle wie Toni Negri oder Naomi Klein für die Beteiligung am Mittwoch. Darin heißt es, der Umbruch, den die griechischen Wahlen eingeleitet hätten, müsse ein europäischer Umbruch werden.

Die Blockaden am Mittwoch sollen bereits in den frühen Morgenstunden beginnen. Erste Auseinandersetzungen mit der Polizei sind ab Dienstag zu erwarten. Dann werden in zahlreichen deutschen Städten Busse abfahren, die die Aktivisten pünktlich nach Frankfurt bringen sollen.

Polizeibehörden hatten in den vergangenen Wochen bereits Busunternehmen dazu aufgefordert, die Passagierlisten auszuhändigen. Ebenfalls am Dienstag wird ein Sonderzug mit rund 900 Aktivisten aus Berlin nach Frankfurt starten.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

3 Kommentare

 / 
  • "Die angekündigten Feierlichkeiten fallen ausnehmend klein aus: drei Reden, ein bisschen Sekt, keine Staatsgäste."

     

    Das freut mich wirklich sehr. Eine solche Wirkung allein der Blockupy-Ankündigung hätte ich nicht erwartet.

     

    Dann steht ja der Fortsetzung der Zentralbank-Arbeit von einem bescheidenen Carwash-Center-Büro aus nichts mehr im Wege.

  • Blockupy kann man nur voll und ganz unterstützen.

     

    "Das kapitalismuskritische Blockupy-Bündnis ruft dazu auf, am Mittwoch mit Tausenden Menschen den Betrieb der Europäischen Zentralbank (EZB) lahmzulegen"

     

    Super Sache, ich wünsche Blockupy viel Erfolg!!!

    • @fornax [alias flex/alias flux]:

      Das meinen sicherlich auch die Rechte und die EU-Gegner, die die EZB ebenfalls lahmgelegt haben wollen, damit keine Hilfspakete mehr nach Griechenland fließen.