Blockiertes Rettungsschiff vor Italien: Sea-Watch schaltet Straßburg ein
Ein Schiff der Hilfsorganisation harrt seit Tagen vor der sizilianischen Küste aus. Nun wendet sich Sea-Watch an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.
ROM dpa | Die deutsche Hilfsorganisation Sea-Watch hat wegen ihres blockierten Rettungsschiffes mit Migranten an Bord den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eingeschaltet. „Wir haben im Namen der Crew und eines Geretteten (…) ein Eilverfahren gestartet“, erklärte Sprecher Ruben Neugebauer am Montagabend.
Die „Sea-Watch 3“ hatte vor rund zehn Tagen 47 Migranten vor Libyen geborgen und harrt nun vor der sizilianischen Küste der Dinge. Italien verweigert dem Schiff, anzulegen.
„Wir können nicht länger hinnehmen, dass die europäischen Staaten gemeinschaftlich das Seerecht brechen und wir können nicht akzeptieren, dass Seenotrettung von EU-Verhandlungen abhängig gemacht wird“, so Neugebauer zur Deutschen Presse-Agentur. Nähere Details zu dem Verfahren beim Gerichtshof sollten am Dienstag bekanntgegeben werden.
Die italienische Regierung erklärte wiederum, die Gerichtsbarkeit liege bei Holland, da das Schiff unter niederländischer Flagge fahre. Man biete einen „humanitären Korridor“ an, um die Migranten in die Niederlande zu bringen, hieß es in einer Mitteilung. Die „Sea-Watch 3“ habe nach der Aufnahme der Migranten nicht Tunesien als „sicheren Hafen“ angesteuert, sondern habe eine „hunderte Meilen lange Fahrt gewagt“ in Richtung Italien und so die Menschen an Bord in Gefahr gebracht. „Es bleibt eine abschließende Frage: War das Ziel der Sea-Watch, die Migranten zu retten und ihnen im ersten sicheren Hafen (Tunesien) schnell Schutz zu bieten oder einen internationalen Fall zu schaffen, um die Aufmerksamkeit der Massenmedien auf sich zu ziehen?“, hieß es weiter.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) wurde 1959 in Straßburg von den Mitgliedstaaten des Europarats errichtet, um die Einhaltung der Europäischen Menschenrechtskonvention sicherzustellen.
Die EU-Staaten können sich seit Jahren nicht auf eine Verteilung von Bootsflüchtlingen einigen. Seit Italien Rettungsschiffen die Einfahrt verwehrt, wurden mehrere Boote teils wochenlang auf dem Meer blockiert.
Leser*innenkommentare
Peter Meisel
Was ist das für eine "Werte-Gemeinschaft ohne gültige Verfassung"?
„Wir können nicht länger hinnehmen, dass die europäischen Staaten gemeinschaftlich das Seerecht brechen und wir können nicht akzeptieren, dass Seenotrettung von EU-Verhandlungen abhängig gemacht wird“
Laut Vertrag von Lissabon als Ersatz und "work in process" kann jeder mit 1 Mio $ in Lissabon eine Wohnung kaufen und erhält die "Europäische Staatsbürgerschaft via Portugal?
90857 (Profil gelöscht)
Gast
Mal unterstellt / zitiert:
"Die italienische Regierung erklärte wiederum, die Gerichtsbarkeit liege bei Holland, da das Schiff unter niederländischer Flagge fahre. Man biete einen „humanitären Korridor“ an, um die Migranten in die Niederlande zu bringen, hieß es in einer Mitteilung."
Die Niederlande scheren sich offensichtlich ebenfalls einen Dreck um die Flüchtlinge; Deutschland unter CDU/CSU/SPD-Regierung sowieso.
Und vielleicht habe ich die Berichte nebst Geografie aus den ersten Tagen dieser erneuten Sea-Watch Odyssee nicht mehr richtig in Erinnerung;
aber das Schiff bewegte sich nach derFlüchtlingsrettung wohl auch in den Gewässern Maltas, oder? Warum wurde/wird das auch dort durchgesetzte Verbot der Anlandung von Flüchtlingen nicht mindestens ebenso skandalisiert bzw. thematisiert wie das Gebaren von Italien?
86970 (Profil gelöscht)
Gast
@90857 (Profil gelöscht) nein, Sie verwechseln da 2 Aktionen:
Um den Jahreswechsel herum kreuzten 2 Schiffe vor Malta: die PENCK von Sea-Eye und die SEA WATCH 3 von Sea-Watch. Nach ca. 2 Wochen wurden die Geretteten damals von verschiedenen EU-Staaten aufgenommen. Auch von Deutschland und den Niederlanden. Die Niederlande hatten da schon angekündigt: "de laatste keer", also das letzte Mal.
Die Migranten, die jetzt auf der SEA WATCH 3 sind, wurden vor ca. 1 Woche in etwa 30 Seemeilen Entfernung nördlich der libyschen Küste aufgenommen. Danach kreuzte das Schiff noch mehrere Tage weiter vor der libyschen Küste, um nach weiteren Migranten zu suchen (allerdings vergeblich, die LADY SHAM war schneller). Erst als das Wetter sich erneut verschlechterte, nahm die SEA WATCH 3 Kurs zunächst auf Lampedusa, dann auf Sizilien, wo sie jetzt noch liegen. Um Malta fuhr man herum, eingedenk der Erfahrungen vor ca. 3 Wochen. Und natürlich wäre der Weg nach Tunesien weitaus kürzer gewesen.
Da die Position der Italiener allgemein bekannt ist, kann man das schon als bewusste Provokation ansehen. Ich denke, da wollen jetzt beide Seiten ein Exempel statuieren.
90857 (Profil gelöscht)
Gast
@86970 (Profil gelöscht) "Da die Position der Italiener allgemein bekannt ist",
diejenige der Niederländer sowieso und die der Spanier immer deutlicher wird:
www.heise.de/tp/fe...boote-4288656.html
so sollte es irgendwann mal Zeit werden, gerade hierzulande die exekutiv Verantwortlichen zu nennen und deutlich zu kritisieren;
auch via der Beteiligung von Grünen und Linken in den verschiedenen Landesregierungen.
Statt gebetsmühlenartig auf einen Fetisch, die böse, böse AfD zu verweisen, welche weder im Bund, noch in irgendeinem Bundesland für das verantwortlich ist, was im Mittelmeer und anderswo als EU-weite Abschottung exekutiv umgesetzt wird.
Mareike
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90857 (Profil gelöscht)
Gast
@Mareike Ich habe in der Anfangszeit zweimal für Sea-Watch gespendet, war sogar bei der beinahe handverlesenen Zahl Unterstützer zur Taufe von Sea-Watch 2 in Hamburg dabei:
termiten.net/node/393
Nachdem das Projekt dann immer größer wurde, relativ schnell die Sea-Watch 3 und sogar noch ein Flugzeug eingesetzt wurden, so kamen mir erste Zweifel, ob das noch von "meinen" wenigen Euros finanziert werden kann.
Weiter möchte ich öffentlich darüber garnicht spekulieren, fände es aber hilfreich, wenn der hinter Sea-Watch befindliche Verein seine Bilanzen, seine Einnahmen- und Ausgaben im Detail offenlegen würde.
Mikki
@Mareike Kommentar entfernt. Bitte verzichten Sie auf Pauschalisierungen. Danke, die Moderation
86970 (Profil gelöscht)
Gast
@Mikki hm, nach Wettermodell ECMWF werden von Mittwoch bis Donnerstag leichte Winde aus Südwest bis Süd vorherrschen. Also ablandiger Wind an der libyschen Küste. Vom Strand aus sieht das Meer für Landratten dann völlig friedlich aus. Wenn man 10 Seemeilen weit draußen ist, ändert sich das deutlich, aber das dürfte den Schleppern wurscht sein.
Nebenbei: Sie sprechen da einen der umstrittensten Punkte an: gibt es einen Zusammenhang zwischen der Präsenz von NGO-Schiffen und dem Starten der Flüchtlings-Boote?? Die NGO's behaupten: NEIN. Wenn man hingegen Alarm-Phone auf Twitter verfolgt, stellt man fest: solange keine NGO-Boote vor der libyschen Küste kreuzen, kommen auch bei Alarm-Phone keine Anrufe an (im Momtent gibt es da nur Fälle aus Marokko und Algerien). Kann man jetzt drüber philosopieren, was das bedeuten mag.