Blockade in der Lux-Leaks-Affäre: Geblubber im Steuersumpf
In der Affäre um Steuerdumping in Europa hält Brüssel brisante Dokumente zurück. Die EU-Staaten und die EU-Kommission kooperieren nicht.
Brüssel taz | Die versprochene rückhaltlose Aufklärung der Lux-Leaks-Steueraffäre durch das Europaparlament wird massiv behindert. Erst verweigerten mehrere Großkonzerne jede Aussage vor dem Lux-Leaks-Sonderausschuss, nun stellen sich auch viele EU-Staaten und sogar die EU-Kommission quer. Sie halten 25 Dokumente zurück, die das Europaparlament angefordert hatte.
„Ungefähr die Hälfte der Mitgliedsstaaten, die die Kommission konsultiert hat, lehnen die Weitergabe dieser Dokumente ab“, schreibt der für Steuerfragen zuständige EU-Kommissar Pierre Moscovici an den Vorsitzenden des sogenannten Taxe-Ausschusses, Alain Lamassoure. Das Europaparlament könne die Vertraulichkeit nicht garantieren, heißt es in dem Brief, der der taz vorliegt. Wie dieser Verdacht begründet wird, sagt Moscovici nicht.
Die EU-Kommission weigert sich auch, den Abgeordneten Zugang zu internen Protokollen zu gewähren, bei denen es um die umstrittene Steuervermeidung in der EU geht. Auch dabei gehe es um vertrauliche Stellungnahmen der EU-Staaten, so Moscovici. Das widerspricht dem Versprechen von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, bei der Aufklärung der Lux-Leaks-Affäre zu helfen und für mehr Steuergerechtigkeit zu sorgen.
„Moscovici lässt die Hosen runter und macht klar, wo die Aufklärung des Steuersumpfes in der EU ihre Grenzen hat“, beschwert sich der Europaabgeordnete der Linken, Fabio De Masi. „Die Regierungen der Mitgliedsstaaten, ob Deutschland oder etablierte Steueroasen wie die Niederlande und Luxemburg, fürchten die Öffentlichkeit wie der Teufel das Weihwasser“, fügte er hinzu.
Letzte Hoffnung Sonderausschuss
Regierungen meiden die Öffentlichkeit
Im Zuge der Steueraffäre waren im vergangenen Jahr Dutzende „tax rulings“ in Luxemburg ans Tageslicht gekommen, mit denen zahlreichen Großkonzernen fragwürdige Steuererleichterungen versprochen wurden. Zu einem großen Teil waren sie in Junckers Amtszeit als Premierminister des Großherzogtums erlassen worden.
Viele Unternehmen wie Amazon, Coco-Cola, Facebook oder Google, die von den Steuererleichterungen profitierten, weigerten sich, vor dem Taxe-Ausschuss auszusagen. Ikea lud stattdessen zu einem PR-Event. Lediglich vier schickten Vertreter, darunter Airbus, BNP Paribas und Total.
Angesichts der Blockade hoffen die Abgeordneten nun auf den 17. September: Dann wollen Moscovici und Juncker vor dem Sonderausschuss aussagen.
Leser*innenkommentare
APOKALYPTIKER
Eine Frage , die einem politisch "unbedarften" Laien dabei gleich in den Sinn kommen kann , ist : Welches Interesse könnten bestimmte EU-Mitgliedstaaten daran haben , bei der Steuervermeidung der Konzerne wie Amazon , Coca-Cola , Facebook , Google & Konsorten stillzuhalten wenn nicht mitzuwirken , wo dies doch zu ihren , der EU-Länder , Lasten geht ?
Die erste Antwort , die einem einfallen könnte : Bestechung . Die wäre zweifellos auch der stärkste Grund für ihre jetzige "Zurückhaltung".
... und ein Herr Juncker an der Spitze der neuen EU-Kommission .