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Blick auf eine legendäre MalerinSolch wilde Frau in Lichtenrade

Eine Ausstellung im Tempelhof Museum erinnert an die Malerin und Schriftstellerin Hermione von Preuschen.

Berliner Chic Anfang des 20. Jahrhunderts: Hermione von Preuschen neben Pfau. Bild: Tempelhof Archiv

„Majestätsbeleidigung“ hieß das Urteil der Königlichen Akademie der Künste – die heutige Akademie der Künste – zu Hermione von Preuschens wichtigstem Werk, das 1887 einen Skandal verursachte. Dargestellt auf dem Gemälde ist ein Skelett mit prächtigem Hermelinumhang, auf dem Totenkopf eine Krone, die Skeletthand gestützt auf einen Thron, der in sich zusammenfällt. Der Akademievorstand sah in dem Bild „Mors Imperator“ eine Anspielung auf den alternden Kaiser von Deutschland, Kaiser Wilhelm I. Das Bild wurde daraufhin nicht für die Berliner Kunstausstellung zugelassen.

Obwohl der Kaiser persönlich kein Problem mit dem Gemälde hatte, blieb der Vorstand bei seiner Entscheidung. Doch von Preuschen ließ sich nicht unterkriegen. Kurzerhand mietete sie sich Räumlichkeiten in der Markgrafenstraße, um das Bild dort auf eigene Faust auszustellen. Ihr Mut wurde belohnt: bereits in den ersten zwei Stunden kamen 500 Berliner, um sich „Mors Imperator“ anzuschauen.

Außergewöhnliches Leben

Die Ausstellung

„Hermione von Preuschen“:Galerie im Tempelhof Museum, Alt-Mariendorf 43, bis 3. November, Eintritt frei.

Eine Ausstellung in der Galerie im Tempelhof Museum widmet sich nun dem außergewöhnlichen Leben von Preuschens. Zwar ist ihr berühmtestes Bild nur in einer Reproduktion vor Ort zu sehen, doch trotzdem ist es als Wendepunkt ihrer Karriere ein Hauptthema der Präsentation. Sie, 1854 in Darmstadt als Tochter eines hohen Beamten geboren, wuchs privilegiert in einem althessischen Adelsgeschlecht auf und war in der glücklichen Lage, bereits als 15-Jährige privaten Malunterricht bei Künstlern wie dem Landschaftsmaler Christian Morgenstern oder dem Norweger Hans Fredrik Gude zu nehmen.

Als Frau blieb ihr ein Studium an der Universität verwehrt – das Recht dazu gab es für Frauen nämlich erst im Jahr nach von Preuschens Tod 1918, zeitgleich mit dem Wahlrecht, ab 1919. Ein Umstand, den von Preuschen schon damals kritisierte. Ihre kämpferische Rede über die schlechte Ausbildungssituation von Künstlerinnen auf dem „Internationalen Kongress für Frauenwerke und Frauenbestrebungen“ in Berlin 1896 machte sie auch zu einer Frauenrechtlerin in dieser Zeit: „Der talentvollen, hübschen Anfängerin schaut der Mann gutmütig duldsam von oben herab auf die Finger, wehe aber der Frau, die ernst genommen werden muss und die es wagt, ebenso Gutes oder gar Besseres zu leisten, als der Durchschnittsmann“, hieß es so in ihrer Rede.

Besonders durch Briefwechsel, die sie mit namhaften Intellektuellen führte, beispielsweise mit Theodor Storm, bekommen die Besucher der Ausstellung einen guten Einblick in das herrschende Geschlechterrollenverständnis in dieser Zeit. So schreibt Storm zum Beispiel in einer Passage eines Briefes an von Preuschen: „Geist- und kunstreich darf mir eine Frau nur sein, wenn mir, sowie ich ihre Schwelle betrete, überall der Geist der Ordnung und der Sauberkeit entgegenatmet.“ Ihre Brieffreundschaft blieb dadurch nicht immer konfliktfrei.

Die Ausstellung zeigt Hermione von Preuschen als Pionierin, sowohl als Malerin als auch als Schriftstellerin. Verschiedene Gemälde sowie umfangreiche Text- und Bildmaterialien werden der Öffentlichkeit hier zugänglich gemacht. Besonderen Wert legt die Ausstellung darauf, von Preuschen durch Zitate selbst zu Wort kommen zu lassen. Dies ermöglicht einen guten Einblick in ihr fortschrittliches und unabhängiges Denken.

Die Weltbürgerin von Preuschen, die ab 1908 in Lichtenrade lebte, sorgte in der Gegend für Abwechslung. Berühmte Persönlichkeiten lud sie in ihre Villa Tempio Hermione zu schillernden Partys ein. Zudem errichtete sie auf dem Nachbargrundstück einen Kunsttempel nach griechischem Vorbild, in dem sie ihre eigenen Werke, aber auch Mitbringsel ihrer Weltreisen ausstellte. „Solch wilde Frau in Lichtenrade?! Das bräuchten wir heute wieder!“ lautet ein erstaunter Kommentar im Gästebuch.

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2 Kommentare

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  • L
    leone

    Sorry, ich habe den Namen der Sopranistin unterschlagen: Es ist Barbara Ehwald.

  • L
    leone

    Groooßartig!

    Die Vernissage allein war ein Genuss. Es war eine Opernsängerin eingeladen, die Arien aus der Zeit der Künstlerin vorgetragen hat.

    Die Ausstellung ist der tollen Arbeit der Leiterin des Bereichs Tempelhof-Schöneberg Barbara Esch Marowski zu verdanken, die viel zu bescheiden ist, um sich irgendwie hervorzutun, daher sollte sie nicht unerwähnt bleiben.

    Nicht zu vergessen, der Kurator Dr. Matthias Kniep.