Blackfacing in Serien: Denken vorm Löschen
Netflix und Hulu entfernen eine Folge der Sitcom „Community“. Dabei war es diesmal kein dummdreister Rassismus, sondern einigermaßen kritisch.
E s gibt eine heiß geliebte britische Sketchserie aus den 2000ern namens „Little Britain“, die ist ziemlich genial und außerdem unerträglich rassistisch und queerfeindlich. Darsteller Matt Lucas und David Walliams schlüpften reihum in stereotype Kostüme von Minderheiten, und das war meist schon der ganze Spaß. Das tat man damals so, equal opportunity offender hieß das Prinzip. Gerechtes Beleidigen – wenn man alle gleichmäßig demütigt, ist es okay. Die Trickserie „South Park“ etwa arbeitet auch so.
Heute denkt man darüber oft anders. Nicht alle Gruppen haben dieselben Bedingungen, was das Karikiertwerden angeht, das macht „gerechtes Beleidigen“ zu einem absurden Projekt. Das eklatanteste Beispiel dafür ist Blackfacing – das Schwärzen nicht Schwarzer Gesichter zur Belustigung eines nicht Schwarzen Publikums.
Die Praxis hat in den USA und in Europa eine grausame Tradition, die sich zurückverfolgen lässt bis zur Kolonialisierung und Ausbeutung Schwarzer Menschen. Ist also schlecht gleichzusetzen mit einer harmlos-neckischen Verkleidung. Das finden mittlerweile auch die Komiker Lucas und Walliams und haben sich entschuldigt, dass sie in „Little Britain“ im „Kostüm“ einer Schwarzen Frauenfigur aufgetreten sind. Und zwar jahrelang. Der Streaminganbieter Netflix hat die Show im Juni aus dem Programm genommen: nicht mehr zeitgemäß.
Etwas anderes ist, was Netflix und auch die Konkurrenz von Hulu jetzt getan haben: eine Folge der Sitcom „Community“ entfernt, weil der Charakter Chang (Ken Jeong) dort in Blackface auftritt. Chang erscheint zu einem Fantasie-Rollenspiel mit schwarzer Schminke und weißer Perücke und behauptet, er sei ein „Dunkelelf“. Der Unterschied zu „Little Britain“ ist aber: Changs Auftritt wird sofort herausgefordert, die Figur Shirley (Yvette Nicole Brown) nennt Changs Auftritt wortwörtlich ein „Hassverbrechen“. Blackfacing wird hier aufgeführt, um es zu problematisieren. Das ist etwas anderes als „Little Britains“ Blackface als Running Gag.
Ebenfalls auf Netflix ist der viel gelobte antirassistische Film „Dear White People“ zu sehen, in dem sich eine komplette Sequenz auf einer „Blackface-Party“ abspielt. Schwer zu ertragen in jedem Fall, aber niemand käme hoffentlich auf die Idee, dass sie entfernt werden muss. Die Auseinandersetzung mit Blackface in Kulturprodukten ist unerlässlich und darf unbarmherzig sein. Aber es ist wichtig zu unterscheiden zwischen der Darstellung von Blackface an sich und der Frage, wozu.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Elon Musk torpediert Haushaltseinigung
Schützt die Demokratien vor den Superreichen!
Kretschmer als MP von Linkes Gnaden
Neuwahlen hätten der Demokratie weniger geschadet
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient
Fragestunde mit Wladimir Putin
Ein Krieg aus Langeweile?