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Blackberry kauft Merkelfon-FirmaIn deutscher Hand

Blackberry kauft die Firma, die das „Kanzlerin-Handy“ mitentwickelte. Doch Merkel will Kontrolle. Dafür wurde ein Anti-Spionagevertrag mit Blackberry abgeschlossen.

In Merkels Hand. Bild: dpa

BERLIN rtr | Die Bundesregierung hat grünes Licht dafür gegeben, dass der Smartphone-Hersteller Blackberry die Düsseldorfer IT-Sicherheitsfirma Secusmart übernehmen kann. „Die Bundesregierung hat den Erwerb von Secusmart durch Blackberry gründlich geprüft und freigegeben“, sagte eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums am Freitag. Bedingung war offenbar, dass Blackberry der Bundesregierung umfassende Kontrollrechte zusichert, weil Secusmart den Bund mit Hochsicherheitstechnik für die Kommunikation ausrüstet und unter anderem auch das „Kanzlerinnen-Handy“ mitentwickelt hatte.

Es sei eine Art Anti-Spionagevertrag geschlossen worden, hatten zuvor die Fernsehsender NDR und WDR gemeinsam mit der Süddeutschen Zeitung berichtet. In dem Kontrakt heiße es, der kanadische Konzern gestatte dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), den Quellcode des Blackberry-Betriebssystems einzusehen und zu kontrollieren.

Sicherheitsrelevante Schwachstellen müsse das Unternehmen der Bundesregierung umgehend melden. Außerdem versichere Blackberry, keine vertraulichen Informationen an ausländische Geheimdienste weiterzugeben. Dies ist relevant, weil Kanada einen sehr engen Austausch mit den US-Geheimdiensten pflegt. Das Unternehmen habe zugesichert, dass es keine rechtlichen Verpflichtungen habe, Informationen an ausländische Dienste zu liefern.

In der Bundesregierung hatte es erhebliche Bedenken gegen den Verkauf an Blackberry gegeben, weil das Düsseldorfer Unternehmen die Bundesregierung mit abhörsichereren Handys beliefert. Nach den Berichten über die Ausspähaktionen des US-Geheimdienstes NSA auch in Deutschland hatte die Bundesregierung im Sommer 2013 entschieden, sich auch in der Sicherheitstechnologie unabhängiger zu machen.

2500 Geräte in den Ministerien

Der Verkauf von Secusmart war deshalb in deutschen Sicherheitskreisen als Rückschlag bewertet worden. Secusmart hat zusammen mit dem BSI Verschlüsselungstechnik für in der Bundesregierung eingesetzte Mobilfunkgeräte entwickelt. Das Unternehmen hatte allerdings stets argumentiert, dass das BSI den eigentlichen Verschlüsselungschip liefere und die Regierung deshalb keine Sicherheitslücke befürchten müsse.

Das Bundeswirtschaftsministerium wollte die Details der Vereinbarung nicht bestätigen. „Zur Wahrung wesentlicher Sicherheitsinteressen Deutschlands wurde zugleich ein öffentlich-rechtlicher Vertrag zwischen Deutschland (BMWi) und der Konzernmutter Blackberry geschlossen“, bestätigte die Sprecherin lediglich. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums sagte laut Bericht der drei Medien, nachteilige Auswirkungen aus dem Verkauf auf die mobile Kommunikation der Bundesverwaltung könnten mittlerweile ausgeschlossen werden. Secusmart hat etwa 2500 Geräte in Ministerien und Behörden im Einsatz.

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4 Kommentare

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  • BlackBerry ist die einzige ernsthafte Referenzgröße in dieser Branche.

    Wer gleich wieder aber aber aber schreit, hat wohl im Grunde genommen die Schnauze voll von Apple, Android und Co., aber von BlackBerry bzw. BB10 nicht den geringsten Schimmer..

    Daher Ball flach halten und weiter Angry Birds spielen oder Latte Macchiato schlürfen.

    Das No-Spy-Abkommen dient im Übrigen einer absoluten Worst-Case-Szenario Rückversicherung beider Beteiligten an diesem Vertrag. Und wer das nun wiederum nicht versteht, tut mir leid, denn er hat das Rechtssystem und die Mechanismen unserer demokratischen Marktwirtschaft bislang nicht verstanden.

  • Man fragt sich ja schon wer hier den größeren Kappenbrand hat.... die Bundesregierung oder das Wahlvolk....

  • "Außerdem versichere Blackberry, keine vertraulichen Informationen an ausländische Geheimdienste weiterzugeben."

     

    Was sind in diesem Fall ausländische Geheimdienste? Alle außer Kanada? Aber der kanadische Geheimdienst darf die Daten haben und ins mit NSA & Co. geteilte Xkeyscore-System einpflegen?

  • Ist die Naivität echt? Wenn ja, beruht sie dann auf echter Dummheit? Wenn nein, sind dann die Risiken den Entscheidungsträgern einfach nur wurscht? Und falls es keine Dummheit ist - ist das "wesentliche Sicherheitsinteresse[] Deutschlands" am Ende bloß ein zweckdienliches Geschwätz, mit dem das phobiebegeisterte Wahlvolk dazu gebracht werden soll, diversen Sicherheitsdiensten und anderen Selbstbedienungsmachthabern einen 1-A-Freifahrtschein auszustellen?