Biodiesel und Klimaziele: Kein Ausweg
Die Industrie hofft, dass viel mehr Biosprit benötigt wird als bisher geplant. Aber EU, Bundesregierung und Umweltverbände wollen das nicht.
Klimaschutz im Verkehr könnte so einfach sein: nachwachsende Rohstoffe statt Mineralöl. Mit diesem Versprechen wirbt jedes Jahr zur Grünen Woche die Industrie der Biotreibstoffe beim Kongress „Fuels of the Future“. Die Beimischung von Biodiesel oder Ethanol zu konventionellem Diesel und Benzin, die bisher bei etwa 5 Prozent liegt, müsse drastisch erhöht werden, forderte am Montag Artur Auernhammer, Vorsitzender des Bundesverband Bioenergie (BBE).
Wenn die Bundesregierung ihre eigenen Klimaziele für den Verkehr ernst nehme, „sollte der Anteil von erneuerbaren Energien im Verkehrssektor von 10 Prozent in 2020 auf 20 Prozent in 2030 erhöht werden“. Dadurch und durch eine schärfere „Treibhausgasminderungsquote“ für Treibstoffe solle der Tank zum Umweltschützer werden – bisher erspare die Bio-Beimischung der Atmosphäre jedes Jahr etwa 8 Millionen Tonnen CO2.
Politik und Umweltverbände sind da skeptisch. Denn schon vor einem Jahrzehnt sollte der „grüne“ Treibstoff das Klimaproblem im Verkehr lösen. Dann wurde klar, dass das Palmöl dafür in den Herkunftsländern so viel Wald zerstörte, dass es vom Retter zum Ökokiller wurde. Nicht umsonst demonstrierten dieser Tage europaweit Umweltschützer gegen den Import von Palmöl und die Vernichtung der Regenwälder etwa in Indonesien. Die EU fordert in ihrer neuen Direktive zu nachwachsenden Rohstoffen (RED II) sogar, den Anteil der „ersten Generation“ von Biotreibstoffen aus Soja, Raps oder Palmöl drastisch zu reduzieren und die „zweite Generation“ zu fördern: Treibstoffe aus Abfall wie Stroh, alten Fetten oder Nussschalen. „Das ist ein Trauerspiel“, heißt es aus der Industrie, „eine Halbierung unseres Marktes.“
Auch die Bundesregierung ist nicht überzeugt. Sie verweist auf ihre Hilfe für die Forschung an der „zweiten Generation“. Und die Klimakommission im Verkehrsministerium sieht die Bio-Fuels nicht als Problemlöser. Gerade mal 2,8 Millionen Tonnen könnten mehr alternative Brennstoffe einsparen, heißt es.
Völlig unklar ist auch, woher die zusätzlichen Rohstoffe für die grünen Kraftstoffe kommen sollten. Nach den Plänen der Industrie müsste sich der Einsatz der Biomasse in Deutschland bis 2030 vervierfachen – das aber würde hier oder im Ausland Ackerflächen belegen, die bislang für Ernährung oder Vierfutter benötigt werden. Und jede Ausdehnung der Produktion könnte dazu führen, dass dann in Ländern wie Indonesien oder Brasilien weiter Wald gerodet wird. „Ohne grundlegende Änderungen bei der Verkehrs- und Agrarpolitik wird es nicht gehen“, sagt WWF-Expertin Jenny Walther-Thoß.
Über Regeln für solche „indirekten Landnutzungsänderungen“ brütet gerade die EU-Kommission. Sie findet bislang keine Regeln, welche Biotreibstoffe in Zukunft als umweltschädlich gelten und mit einem Importverbot belegt werden sollen. Damit scheiden die Bio-Fuels als Klimaretter auf der Straße erst mal aus.
Und Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) muss andere Wege suchen, den CO2-Ausstoß aus der Mobilität bis 2030 um mindestens 40 Prozent zu reduzieren – ohne die Hilfe von BBE-Chef Auernhammer, einem CSU-Parteifreund und Kollegen aus Scheuers Bundestagsfraktion.
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