Biobauern haben kein BSE-Fleisch

Verbände empört: Seit 1994 Verkaufsverbot für aus Großbritannien importierte Rinder und deren Nachkommen. Mutter des verendeten Galloway in Niederlanden verarbeitet  ■ Aus Hannover Jürgen Voges

Die Empörung der Biobauern war gestern groß darüber, daß sie mit den BSE-Galloway-Rindern in einen Topf geworfen werden. Schließlich seien alle bisherigen Fälle von BSE bei Bauern oder Hobbyzüchtern gewesen, die nicht nach kontrolliert ökologischen Methoden arbeiten, hieß es von Seiten der Bioverbände.

Auch das Fleisch von Nachkommen aus Großbritannien importierter Rinder kann nicht auf die Theke des Biofleischers gelangen. „Daß BSE von der Mutterkuh auf das Kalb übertragen werden kann, ist uns schon immer bewußt gewesen“, erklärte gestern Ulli Schumacher, Fachressortleiter Landbau bei Bioland, dem größten bundesdeutschen Vermarkter von Biofleisch und -würsten. Deswegen sei es in Biolandläden und auch in allen bundesdeutschen Biofleischereien seit 1994 verboten, Produkte von Rindern britischer Abstammung zu verkaufen. Dieses Verbot gelte für das Fleisch aller Tiere, deren Vorfahren in den letzten 15 Jahren in die Bundesrepublik importiert worden seien.

Man könne das Verkaufsverbot allerdings nicht auf alle Tiere britischer Rassen ausdehnen, da verschiedene letztlich auf britische Züchtungen zurückgehende Rinderrassen schon seit vielen Jahrzehnten in Deutschland gehalten würden, meinte Schumacher.

Ähnlich äußerte sich gestern gegenüber der taz auch die Vorsitzende von Biopark in Mecklenburg. Die Bauern dieser Organisation halten 32.000 von 42.000 in Deutschland gehaltene Biorinder, die ausschließlich zu Fleischmastzwecken gehalten werden. „Die Rinder der Rasse Galloway, die hier vor allem zur Landschaftspflege eingesetzt werden, konnten die Bauern noch nie über unsere Organisation, sondern nur im Direktverkauf ab Hof vermarkten“, sagte gestern Heide-Dörte Matthes auf Anfrage.

Die Biopark-Chefin räumte allerdings ein, daß im 1994 bei Biopark auch jener Bauer kurzzeitig Mitglied war, auf dessen Mecklenburger Hof die jüngst an BSE verstorbene Kuh geboren wurde. Der betroffene Landwirt sei bei Biopark eingetreten, da er seinen Hof auf ökologischen Landbau habe umstellen wollen. Der Bauer sei allerdings bereits einige Zeit später erkrankt und habe seinen Betrieb nicht fortführen können.

Auch der Landwirt Hans-Jürgen Mikus, auf dessen Hof nahe dem ostwestfälischen Höxter schließlich die Galloway-Kuh an BSE verstarb, hat inzwischen klargestellt, daß er noch kein Biobauer war. Der 30jährige Mikus hatte zwar zusammen mit einem Partner den Einstieg in den Biolandbau geplant, hatte aber noch keinen Aufnahmeantrag bei einem der Biolandbauverbände gestellt. Sein Hof konnte also noch nicht als Betrieb in Umstellung gelten und unterlag auch noch keiner Kontrolle durch eine Vermarktungsorganisation.

Mit seinen zehn Galloway-Rindern, die inzwischen eingeschläfert wurden, wollte Mikus sozusagen individuell „die artgerechte Haltung auf ungedüngten Wiesen erproben“. Nachdem der BSE-Fall auf seinem Hof publik wurde, hat Mikus eine Reihe von Drohanrufen von anderen Landwirten erhalten, bei denen sich die Ressentiments des Normalbauern gegen junge alternative Landwirte genauso entluden, wie die Angst um die eigene bäuerliche Existenz.

Dem vermuteten Muttertier des an BSE verendeten Tieres Cindy ist inzwischen alles wurscht: Es wurde 1996 in den Niederlanden geschlachtet, zu Fleisch verarbeitet und verkauft.

Nach Ansicht des Mediziners Armin Giese könnte der Rinderwahnsinn auch ohne erkennbaren Grund bei Tieren auftreten. „Das ist theoretisch denkbar“, sagte gestern der Creutzfeldt-Jakob-Spezialist der Universität Göttingen. Theorien, nach denen Chemikalien oder Strahlen BSE-Fälle auslösen könnten, hält er dagegen für „wilde Spekulationen“. Giese betonte, beim Rinderwahnsinn gebe es eine Spanne zwischen Infektion und Ausbruch der Krankheit von zwei bis fünfzehn Jahren.